Gröbenzell:Gutes in schweren Zeiten

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Penelope Spencer hat in England mit Sir Eliot Gardiner gearbeitet und Konzerte auf der ganzen Welt gespielt. Mittlerweile arbeitet sie als freischaffende Künstlerin in Gröbenzell. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Barockgeigerin Penelope Spencer hat viele Auftritte verloren, aber auch Alternativen gefunden

Von Florian J. Haamann, Gröbenzell

Penelope Spencer blättert durch ihren Terminkalender, "one, two", Pause, "nine. Zehn. Zehn Auftritte alleine im Dezember sind abgesagt", sagt die gebürtige Neuseeländerin. Die Weihnachtszeit gehört mit ihren großen Oratorien und Messen für die Gröbenzeller Barockgeigern normalerweise zu den auftrittsstärksten Zeiten des Jahres. Heuer war früh klar, dass es ganz anders sein wird. In den großen Klagechor wollte Spencer dennoch nicht einstimmen. So etwas ist nicht ihre Art, das spürt man im Gespräch mit ihr nach wenigen Sätzen. "Sobald ich erfahren hatte, dass die normalen Konzerte ausfallen, habe ich viele Mails geschrieben an die Kirchenmusiker in München und Umgebung. Und seit sechs Wochen spiele ich jedes Wochenende ein- bis zweimal in Gottesdiensten. Ich habe also Glück gehabt", sagt sie und schiebt dann doch noch nach, "davor habe ich mich aber proaktiv um diese Auftritte bemüht".

Gerade in diesen Zeiten, in denen es gerade im Kulturbereich so etwas wie "normal" nicht mehr gibt, sei es für Künstler besonders wichtig, flexibel zu denken. An den Umständen, dem notwendigen Kampf gegen Corona, könne man nichts ändern. Aber man könne versuche das Positive und Gute in der aktuellen Situation zu finden. Deswegen spricht Spencer auch lieber von einer "interessanten Zeit". "Weil sie uns Musikern die Chance gibt, anders zu denken und neue Wege zu finden. Es werden neue Dinge ausprobiert, und das ist etwas Gutes."

Sie selbst beispielsweise hat den Kirchenmusikern angeboten, gemeinsam mit einer Viola da Gamba und einem Organisten die Rosenkranzsonate von Heinrich Ignatz Franz von Bibern aufzuführen. Gerne könne auch ein Kirchenmusiker den Orgelpart übernehmen. Daneben hat sie angefangen, ihren Youtube-Kanal auszubauen. "Ich habe gemerkt, dass wir viel mehr Besucher haben in den letzten Monaten. Und an den Kommentaren merke ich, dass es auch viele junge Leute sind, die vielleicht zum ersten Mal Barockmusik hören und die davon begeistert sind. Das ist natürlich auch für mich sehr schön, meine Musik mit ihnen zu teilen", erzählt Spencer.

Spencer hat 1998 ihr Studium der Barockvioline an den Konservatorien in Utrecht und Den Haag abgeschlossen. Schon in dieser Zeit war sie in einem Barockorchester aktiv und Mitglied der niederländischen Bach-Vereinigung. Von dort ging es dann 2000 nach England, wo sie sich den "English Baroque Soloists" unter Sir Eliot Gardiner angeschlossen hat. Mit dem Ensemble. 2007 wurde sie dann Konzertmeisterin beim New London Consort, spielte weltweit Konzerte und gründete eine eigene Reihe. 2017 hat es sie dann mit ihrem Mann und den beiden Kindern nach München gezogen, seitdem arbeitet sie als freischaffende Musikerin.

In Bayern fühle sie sich als Barockmusikern besonders wohl. "Es gibt hier so ein unglaublich reiches Erbe, so viele schöne Barockkirchen und zu Weihnachten dann normalerweise die vielen Oratorien. Das passt alles so wunderbar zusammen. Ich komme aus Neuseeland und vielleicht erfahre ich das deswegen noch einmal anders", sagt Spencer.

Auch für das kommende Jahr sind Spencer bereits einige Konzerte gerade in der Passionszeit abgesagt worden. Gleichzeitig kämen bereits aber auch wieder die ersten Anfragen rein, etwa als Konzertmeisterin bei einer Johannespassion an Karfreitag oder für ein Onlineseminar bei einer Streicherakademie im Januar. "Das sieht natürlich noch ein bisschen dünn aus, und die Veranstalter betonen, dass sie noch nicht wissen, ob alles stattfinden kann, aber sie probieren es", erzählt die Gröbenzellerin. Für sie ist das genau das richtige Zeichen, denn gerade in diesen Zeiten könne Musik die Seelen der Menschen heilen.

© SZ vom 24.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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