"Der Tango ist ein Tanz zwischen zwei Menschen, die sich über die Begegnung freuen und innerhalb von zwei Minuten eine eigene Sprache erzeugen", sagt Alfredo Foulkes. Foulkes ist Argentinier. Mit 23 Jahren hat er sein Land wegen der Militärdiktatur verlassen. Geblieben ist ihm aus seiner Heimat aber bis heute die Liebe für den Tango Argentino. Foulkes ist der Vorsitzende des Gesundheitszentrums Gröbenzell. In Kooperation mit der Caritas bietet er dort schon seit langem Fitnesstraining für Menschen mit Behinderung an. Aus diesen Trainingsstunden heraus ist vor drei Jahren die Idee für sein Inklusions-Projekt "Tutti in Tango" entstanden. Menschen mit und ohne Behinderung tanzen dabei gemeinsam. In Workshops erlernen sie die Grundlagen des Tanzens, das Gelernte wird schließlich bei dem großen Inklusions-Tangofest, das am Sonntag bereits zum dritten Mal stattfindet, gezeigt.
Die Arbeit mit Menschen mit Handicap liegt Foulkes besonders am Herzen. Nicht nur, weil sie seiner Erfahrung nach oft ein ganz besonders feines Gespür für die Musik haben, sondern auch weil Foulkes der Meinung ist, es sollte selbstverständlich sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung Gemeinsames unternehmen. "In Argentinien gibt es fast in jeden Dorf einen Menschen mit Behinderung. Jeder kennt ihn und er wird von der Gemeinschaft mitgenommen und auch beschützt", sagt er. Es ist ein teils lockererer Umgang, findet Foulkes, betont aber auf der anderen Seite, dass es in Deutschland hingegen viel mehr gezielte Förder- und Teilhabeprojekte gebe. Eines davon ist nun "Tutti in Tango".
Zum den vier Workshop-Tagen im ersten Jahr hatten sich sofort 30 Teilnehmer angemeldet, rund 13 erfahrene Tango-Tänzer haben die Menschen mit Handicap beim Erlernen der Schritte unterstützt. Dieses Jahr haben 37 Anfänger und 20 Erfahrene teilgenommen. Obwohl es dieses Mal nur zwei Workshop-Tage zur Vorbereitung auf das Fest am Sonntag gegeben hat, sei alles erstaunlich gut gelaufen, meint Foulkes: "Viele von ihnen sind schon ganz cool reingekommen. Sie sind jetzt schon Tänzer, keine Anfänger mehr."
Natürlich sei es innerhalb des Inklusions-Projekts nicht so, dass alle Teilnehmer nach den Workshops den Tango perfekt beherrschten. Das ist aber auch nicht Foulkes Anspruch: "Man muss sich fragen, wo der Sinn des Tanzens liegt. Sind es die komplizierten Schritte?", fragt er. Ist es der Sinn des Tanzes, dass sich die Beine des Paares kunstvoll umschlingen, dass sie in rasanter Geschwindigkeit über das Parkett fegen? "Oder ist es das Miteinander", schiebt Foulkes hinterher. Beides sei möglich, aber "es wäre eine andere Arbeit".
Das Miteinander, das Zwischenmenschliche steht für Foulkes im Vordergrund. Immerhin, fügt er hinzu: "Der Tango ist ursprüngliche unter armen Leuten entstanden, die Sehnsucht nach dem Kontakt mit anderen hatten." Für ihn sei das Faszinierende am Tango, dass zwei Menschen für kurze Zeit dazu bereit sind, sich hinzugeben - der Musik und dem Partner. "Es wird nicht nur mit Schritten getanzt. Der Tango bedeutet viel mehr."
Das Wichtigste am Tango sei in Argentinien die Musik, erklärt er noch. Man hört sie überall, etwa als Tango electrónico im Taxi oder in der klassischen Variante in Bars. "Man wächst mit der Musik auf. Nicht jeder tanzt, aber alle haben großen Respekt davor." Die Musik wird auch am Sonntag eine wichtige Rolle spielen, denn sie kommt nicht vom Band, sondern wird vom Orchester "Improvis Tango", bestehend aus ehemaligen Bluesstrings-Musikern, unter der Leitung von Frank Wunderer gespielt.
Das Inklusions-Tangofest findet am Sonntag, 23. Oktober, von 19 bis 21 Uhr im Saal im Freizeitzentrum Gröbenzell statt.