Gröbenzell:Gepflasterte Hindernisse

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In der Gemeinde befassen sich Bürger und Gemeinde mit den Problemen von Behinderten im Alltag. Dabei wird deutlich, dass kurzfristig nur wenig verändert werden kann und auf große Lösungen gewartet werden muss

Von Erich C. Setzwein, Gröbenzell

Einmal sind es herausstehende Gehwegplatten, die einem gehbehinderten Menschen das Leben unnötig schwer machen, ein anderes Mal viel zu hohe Bordsteine, die zu regelrechten Manövern beim Aussteigen aus einem Auto führen. In Gröbenzell, das hat sich bei einer Veranstaltung der Gemeinde mit dem Titel "Barrierefreies Gröbenzell" gezeigt, ist vieles noch nicht so wie es sein sollte für Behinderte und Nichtbehinderte - nämlich barrierefrei. Dabei sind schon vor zehn Jahren die Grundlagen gelegt worden, als der Arbeitskreis Senioren in Gröbenzell (ASiG) eine Broschüre über alle damals sowohl bekannten Probleme als auch guten Lösungen veröffentlichte.

Das Bild, das Bürgermeister Martin Schäfer und der Vorsitzende der Arbeitskreise ASiG und Lob (Leben ohne Barrieren), Harald Hengesbach, vor etwa 30 Gästen in der Alten Schule zeichneten, war eines mit vielen Wünschen und Visionen. Kurzfristig, das machte Martin Schäfer deutlich, sei wenig zu realisieren, außer vielleicht kleinere bauliche Veränderungen, wie dem Beseitigen so mancher Stolperschwellen. Zwei Mal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, sei es dem Bauhof möglich, das ein oder andere Ärgernis zu beheben.

Alle anderen Probleme werden in einem größeren Zusammenhang gesehen. So sind den Betroffenen, die entweder nicht mehr gut zu Fuß unterwegs sind oder aber auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gerade im Zentrum, also der Kirchen- und der Bahnhofstraße viele bauliche Mängel auf Gehwegen und an den für Behinderte reservierten Autoparkplätzen aufgefallen, die jemand, der kein Handicap hat, kaum bemerken würde. Doch schon allein, wenn ein Stellplatz sich gesenkt hat und sich dort oft eine tiefe Pfütze bildet, ist es für Behinderte schwierig, dort auszusteigen. Dazu kommen viel zu hohe Bordsteine, die bewältigt werden müssen, wurde beklagt.

Was den seit Jahrzehnten geplanten Ausbau der Bahnhofstraße angeht, machte Martin Schäfer den Teilnehmern der Infoveranstaltung wenig Hoffnung, dass es dort bald vorangehe. In der Kirchenstraße dagegen sei ein Umbau "2018/19 realistisch".

Die Probleme in der vergleichsweise kurzen Kirchenstraße sind für Harald Hengesbach mit die am drängendsten. Er verwies auf den schlecht markierten Zugang zur S-Bahn. Blinde Menschen würden sich dort nicht zurechtfinden, es fehlten deutliche Hinweise für sie am Boden. Ohne Markierungen, so Hengesbach, "landet ein Blinder irgendwo im Graben". Überhaupt die S-Bahn. Hengesbach teilte die Erfahrung vieler anderer im Saal, dass der Aufzug zum Bahnsteig oft außer Betrieb sei. "Das geht so nicht, der muss immer fahren", sagte der Arbeitskreisvorsitzende. Dass der Lift aber während der Weihnachtsfeiertage eine Woche lang überhaupt nicht funktionierte und sich offenbar auch niemand darum gekümmert habe, nannte er "eine große Schweinerei".

Wenn es nach Martin Schäfer geht, dann werden in Gröbenzell Planungen nicht nur an den derzeit geltenden Vorschriften ausgerichtet, "sondern wir werden einen Schritt weitergehen". Der Bürgermeister griff die Hinweise aus der Runde auf, um klar zu machen, dass etwa bauliche Maßnahmen oder deutlichere Markierungen und Hinweise nicht nur diejenigen angingen, die jetzt in ihrer Mobilität eingeschränkt seien. "Irgendwann wird jeder alt."

Eine noch unbeantwortete Frage ist die nach preiswertem behindertengerechtem Wohnraum in der Gemeinde. Für manche Ältere ist es schwierig, eine solche Wohnung zu finden, um nicht durch einen Umzug alle sozialen Kontakte zu verlieren. Josef Dittrich vom örtlichen VdK sieht es so: "Der Bedarf wird massiv steigen." Die Gemeinde, sagte Schäfer, könne nur da selbst eingreifen, wo sie selbst Grundstücke habe. Zum Beispiel in der Bahnhofstraße. Doch dort könnten allenfalls 20 behindertengerechte Wohnungen gebaut werden.

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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