Gröbenzell:Führerschein für Mieter

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Claudia Lercher überreicht die Zeugnisse an Abdo Hmidan (rechts) und dessen Sohn Zuhir. (Foto: Günther Reger)

Flüchtlinge holen sich bei einem Caritas-Kurs in Gröbenzell das Rüstzeug für die Wohnungssuche

Von Erich C. Setzwein, Gröbenzell

Wer weiß, wozu er eine Selbstauskunft braucht, warum es gut ist, die Hausordnung zu kennen und wie man den Müll sauber trennt, der hat als potenzieller Mieter schon einen Vorteil. Damit auch anerkannte Asylbewerber eine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben, trainiert die Caritas Flüchtlinge in einem dreitägigen Wohnungs-ABC-Kurs. Wer die zwölf Unterrichtsstunden hinter sich gebracht hat, verlässt, wie am vergangenen Freitag 14 Teilnehmer in Gröbenzell, den Kurs mit einer Art Bewerbungsmappe für anstehende Gespräche mit Vermietern.

Die Caritas, bei den Wohnungskursen unterstützt vom Brucker Forum, will erreichen, dass anerkannte Asylbewerber, die im Landkreis auf Wohnungssuche gehen wollen, nicht völlig unvorbereitet sind. "Der Papierkram ist schwierig", sagt Claudia Lercher, nach Abschluss des mittlerweile dritten Wohnungs-ABC-Kurses über die Herausforderungen, die alle Wohnungssuchenden, auch die Flüchtlinge, haben. Aber sind einmal die nötigen Unterlagen inklusive einer Schufa-Auskunft beisammen, kann sich der Bewerber auf ein Gespräch einlassen. Denn Lercher vermittelt den Teilnehmern ihrer Kurse nicht nur die Pflichten, die sie als Mieter haben werden, sondern klärt sie auch über deren Rechte auf. Dass sie damit und mit vielen anderen Themen in ihrem Kurs viel Neues erzählt, erfährt sie immer dann, wenn die Teilnehmer über das Wohnen in ihren Heimatländern erzählen. Dieses Mal kamen die Flüchtlinge, die in Gröbenzell wohnen, aus Syrien, Afghanistan, Sierra Leone und Irak. In Bagdad und anderswo müsse niemand einen Mietvertrag machen, habe ein Teilnehmer erzählt. Es genüge, jemanden zu kennen, der einem die Wohnung gegen Handschlag und Geld überlässt.

So einfach ist es auf dem deutschen Wohnungsmarkt nun nicht, weshalb in dem Kurs ganz generell kulturelle Werte und Normen vermittelt werden. "Wie sich jemand verhält, ist entscheidend", sagt Lercher. Vermieter sollen deshalb auch über die Formalien hinaus einen guten Eindruck von den Bewerbern bekommen.

"Sie haben sich alle wahnsinnig angestrengt", sagte Lercher. Das bestätigt auch Eva-Maria Heerde-Hinojosa, die sich als Helferin im Arbeitskreis Asyl um die Kursteilnehmer gekümmert hat. Weil einige Kursteilnehmer noch Schwierigkeiten mit Deutsch haben, hätten deren Kinder übersetzt, erzählt sie.

Die Caritas will laut Claudia Lercher erreichen, dass Absolventen mit der Bewerbungsmappe und dem Zertifikat, zusammen eine Art Mieter-Führerschein, auf offenere Vermieter treffen. Eines der wichtigesten Papiere in dieser Mappe ist denn auch der Nachweis vom Jobcenter, dass die Miete genauso wie bei allen Leistungsempfängern direkt an den Vermieter bezahlt wird.

© SZ vom 07.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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