Gröbenzell:Ein Hexenwerk

Lesezeit: 3 min

Auf großen Papierrollen sammeln die Schüler gemeinsam die Ideen für ihren Roman, es entsteht ein richtiges Storyboard. Begleitet werden die Teilnehmer von der Autorin Carola Kupfer (hinten links). (Foto: Günther Reger)

Ein P-Seminar des Gymnasiums schreibt gemeinsam einen Roman. Spielen soll er in der ehemaligen Kultkneipe, die nun abgerissen wird. Unterstützt werden die Schüler von der Autorin Carola Kupfer

Von Florian J. Haamann

Über mehrere Meter erstreckt sich die Papierrolle am Boden des Klassenzimmers. Unzählige bunte Post-Its kleben darauf, grün, rot, gelb, blau, Personen, Handlungsstränge, Ideen. Und doch ist das Papier erst halb bedeckt. Einen Roman zu schreiben, soviel ist den Schülern nach einem arbeitsreichen Vormittag klar, ist keine einfache Sache. Schon gar nicht, wenn man ihn mit mehr als einem Dutzend Schülern schreiben will. Und doch ist es genau das, was sich das P-Seminar des Gymnasiums Gröbenzell vorgenommen hat: Bis Jahresende einen eigenen Roman schreiben, ihn publizieren, vermarkten und bei Lesungen vorstellen.

Über den Inhalt soll am Ende des ersten Workshops noch nicht zu viel verraten werden. Klar ist aber, dass der Roman zum großen Teil in der Hexe spielen wird, jenem Gröbenzeller Kultlokal, das gerade abgerissen wird. Das Buch wird sozusagen das literarische Denkmal. Es gibt fünf Hauptpersonen, deren Wege sich immer wieder kreuzen. Thematisch ist alles dabei, was die Jugendlichen bewegt, von Fridays for Future über Alkoholmissbrauch bis zum Umgang mit Verlusten.

Zwei der Autorinnen sind Hannah Voigt und Lena Riedel, beide 16. Man kann beide am besten mit dem Wort büchervernarrt bezeichnen. "Ich hab mir gerade eine Ausgabe von Edgar Allen Poe gekauft, eine englische Ausgabe im Ledereinband. Ich kaufe mir nur schöne, gebundene Bücher", erzählt Voigt. Damit ihre Schätze nicht kaputt gehen, lässt sie sich von ihrer Oma Buchhüllen aus Stoff anfertigen oder bestellt sie sich aus England, in den Urlaub nimmt sie einen extra Bücherkoffer mit. "Das ist eine Leidenschaft, die schon ans Geld geht". Sie könne sich durchausvorstellen, einmal als Autorin oder in einem Verlag zu arbeiten. Auch Lena Riedel schwärmt von ihren Bücher, drei volle Regale habe sie schon. Das Lesen sei für sie eine Flucht aus dem Alltag, am liebsten seien ihr Fantasybücher. "In der Schule haben wir momentan viel Stress, wir sind sehr eingespannt und haben kaum Freizeit. Wenn ich lese, bin ich in einer anderen Welt und kann entspannen. Seit ich jeden Abend lese, schlafe ich auch viel besser", so Riedel.

Beide sind in der Gruppe, die über ein Mächen mit dem Namen Aileen schreibt. Denn der Roman soll so entstehen, dass fünf Gruppen jeweils über eine der Hauptfiguren schreiben, die Kapitel jeweils aus deren Sicht. Von Kapitel zu Kapitel wechselt die Perspektive, die Übergänge sollen fließend sein. Etwa so, dass sich zwei Figuren in der Hexe treffen, der Leser mit der einen dort ankommt und mit der anderen das Lokal verlässt. Aileen kämpft damit, dass ihr Freund bei einem Unfall schwer verletzt worden ist. Überfordert von der Situation, trennt sie sich und sieht sich dann den Vorwürfen der anderen ausgesetzt.

Begleitet werden die Schüler von der Autorin Carola Kupfer und Lehrerin Kathrin Schmitt. Kupfer ist es auch, die ihnen an diesem Tag die Grundlagen des Romanschreibens vermittelt, mit ihnen Figuren und die Handlung bespricht, hilfreiche Tipps gibt. Die Idee zu dem Projekt hatte Kathrin Schmitt. "Ich wusste, dass einige Schüler sehr gerne schreiben. Ich wollte ihnen ermöglichen, sich damit auseinanderzusetzen, wie es ist, einen Roman zu schreiben. Online sei sie dann auf das Projekt "Buch macht Schule" gestoßen. Die Teilnehmer bekommen professionelle Hilfe durch eine Autorin, in diesem Fall Kupfer, und die Zusage, das Buch bei einem Verlag veröffentlichen zu können. Schon vor dem ersten Workshop haben sie online in einer Gruppe Themen und Ideen gesammelt, abgestimmt, Dinge verworfen, verändert.

Mit dem Schreiben alleine ist ihre Arbeit aber längst noch nicht getan. Bereits jetzt bereiten sie sich auf eine große Pressekonferenz vor, suchen Kooperationen für Lesungen und Arbeitsmöglichkeiten. Denn die Schule muss sich finanziell an dem Buch beteiligen, es geht um Druck- und Marketingkosten. Deswegen werden die Schüler in den kommenden Monaten auch immer wieder mal gemeinsam arbeiten - und Sponsoren suchen, die ihre Arbeit unterstützen wollen. Bisher werden sie vor allem vom Förderverein der Schule unterstützt.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: