Gröbenzell:Effektvolle Gegensätze

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Die Arcis-Vocalisten in der Gröbenzeller Pfarrkirche. (Foto: Günther Reger)

"Carmina Burana" unter Leitung von Thomas Gropperll

Von Klaus Mohr, Gröbenzell

Carl Orffs "Carmina Burana" sind so bekannt, dass es nicht einmal notwendig ist, auf dem Konzertplakat den Komponisten zu nennen. Jedenfalls war die Pfarrkirche Sankt Johann Baptist am Freitag bis auf den letzten Platz besetzt, als die Arcis-Vocalisten unter der Leitung von Thomas Gropper das Werk in der Fassung für Soli, Schlagwerk und zwei Klaviere zur Aufführung brachten. Mitwirkende waren das Klavierduo Mirjam von Kirschten und Heiko Stralendorff, das Schlagwerkensemble Andreas Langanki sowie die Vokalsolisten Susanne Winter (Sopran) und Sibrand Basa (Tenor). Die Baritonpartie wurde von Thomas Gropper in Personalunion zum Dirigat übernommen.

Der Aufführung der Carmina Burana stellte Thomas Gropper eine zwanzigminütige Einführung in das Werk voraus. Die mittelalterlichen "Lieder aus Beuern", wie der Titel in der Übersetzung lautet, stehen quasi im Spannungsfeld zwischen der kirchlichen und der weltlichen Sphäre. Carl Orff übernahm jedoch nicht die nur ungefähr notierten Tonhöhen des Originals, sondern ausschließlich die Texte. Die kompositorischen Merkmale von Orffs Carmina Burana nehmen aber deutlich Bezug auf Kennzeichen mittelalterlicher Musik, wurden vom Komponisten aber weiterentwickelt und in neue Zusammenhänge gestellt.

Im Eingangschor setzte der Dirigent Eckpunkte seiner Interpretation fest: "O Fortuna" lebte von der sehr deutlichen, bisweilen fast schneidend scharfen Deklamation des Textes im aus etwa fünfzig Sängerinnen und Sängern bestehenden Chor, so dass eine Art Schlagzeugeffekt der zweiten Ebene entstand. Auch die Schlagwerker verwendeten sehr harte Schlägel, so dass im Zusammenwirken mit der eher kurzen Nachhallzeit des Kirchenraums ein sehr kompakter Gesamtklang hörbar wurde. Die bis an die Ränder ausdifferenzierte Dynamik unterstrich den vitalen Charakter dabei gut. Ganz im Gegensatz dazu stand der Satz "Veris leta facies", bei dem der ganz im Legato geführte Unisono-Klang der Chorstimmen eine wunderbare Linie ergab. Ähnlich im Charakter geriet auch "Chume, chum, geselle min", wobei sich hier noch der weich schwingende Dreiertakt wie bei einem Wiegenlied dazugesellte.

In "Omnia sol temperat" fand Bariton Thomas Gropper einen Stimmklang, dem jede Schwere fehlte. Sonor und doch zugleich schwebend übersetzte er die Frühlingsgefühle des Textes kongenial in Töne. Einen ganz anderen Charakter schlug er in "Ego sum abbas" an, als er dem betrunkenen Abt durch fast szenische Darstellung veritables Leben einhauchte. Die Höllenqualen des gebratenen Schwans schlugen in "Olim lacus colueram" durch Tenor Sibrand Basa in eine so urkomische Variante um, dass selbst die Chorsänger ins Lachen kamen. Hell und leuchtend setzte die Sopranistin Susanne Winter in "Stetit puella" dagegen und imitierte dabei tonlich überzeugend die im Text angelegte Reinheit des Mädchens.

Das Publikum begeisterte an dieser Interpretation wohl am meisten, dass hier eine Farbigkeit des Klangs hörbar wurde, die die Angaben im Notentextes punktgenau umsetzte und dadurch eine Gegensätzlichkeit schuf, die ganz unmittelbar fesselte. Großer Applaus war daher der Lohn für alle Beteiligten am Schluss.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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