Gröbenzell:Das Abc der Ortsentwicklung

Lesezeit: 2 min

"Baubürgermeister" Martin Runge stößt in den 300 Bebauungsplänen immer wieder auf gravierende Fehler. (Foto: Simon)

Beim Informationsabend erfahren die Gröbenzeller viel über Baurecht. Fragen nach übergeordneten Leitbildern bleiben offen

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Einen Schnellkurs in Bauleitplanung und Baurecht ist hundert Gröbenzellern am Donnerstagabend bei einem Informationsabend des SPD zur Ortsentwicklung geboten worden. So erläuterte stellvertretender Bürgermeister Martin Runge (Grüne) unter anderem den Unterschied zwischen einem Bebauungsplan und einem Flächennutzungsplan. Trotz vieler fachkundig erläuterter Details blieben sowohl der als "Baubürgermeister" vorgestellte Runge als auch SPD-Fraktionssprecher Peter Falk auf dem Podium die Antwort auf die für viele Zuhörer entscheidende Frage schuldig. Diese lautete: Wie kann die dem enormen Siedlungsdruck ausgesetzte Stadtrand-Gemeinde die weitere Entwicklung mit der Bewahrung ihres Gartenstadtcharakters vereinbaren?

Die Debatte drehte sich um zwei Komplexe. Das ist einerseits der Versuch der neuen Rathausspitze, alle 300 Bebauungspläne zu überarbeiten und damit Fehler der Vergangenheit und Abweichungen von Festsetzungen auszumerzen. Was die bisherige Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Baurecht beenden soll. Runge sprach von unzulässigen "Baurechtsgeschenken" und "Baurechtsdiebstahl", von notwendigen "Reparatur- und Löscharbeiten". Bebauungspläne schaffen Baurecht. In ihnen wird festgelegt, in welchem Umfang, in welchem Bereich und in welcher Art ein Grundstück bebaut werden kann. Im zweiten Komplex - hier fragten die Zuhörer wiederholt nach - ging es um die künftigen Leitlinien für die Ortsentwicklung. Also um übergeordnete Überlegungen, die in die Bauleitplanung und damit in die Gewährung von Baurecht einfließen. Einig waren sich Runge und Falk darin, beides, also die Feinplanung und die dieser übergeordnete Rahmenplanung, parallel nebeneinander laufen zu lassen. "Das eine tun und das andere nicht lassen", lautete Falks Standardantwort auf die Frage nach einer verbindlichen Rahmenplanung.

Nicht nur ein Landschaftsarchitekt, der sich zu Wort meldete, sah das anders. Er sprach von einer "Herkulesaufgabe" und warnte davor, sich zu schnell in den Details zu verlieren und das große Ganze nicht mehr im Auge zu haben. Ein Ortsentwicklungsplan brauche noch "etwas Generelles, Übergeordnetes, also Grundsätze", lautete der Einwand des Gröbenzellers. "Wir freuen uns über jeden Ratschlag", antwortete "Baubürgermeister" Runge. Er forderte die Gröbenzeller dazu auf, ihre Vorstellungen in die Diskussion über Leitbilder einzubringen. Laut Runge ist es eine gemeinsame Aufgabe von Bürgerschaft und Gemeinderat, die Kernfragen der Ortsentwicklung zu klären. Zu Fragen wie die "Wie stark wollen wir verdichten und wo wollen wir verdichten?" sei ein Bürgervotum nötig. Wie Falk ergänzte läuft die Ortsentwicklungsplanung im Parallelverfahren zur Überarbeitung der Bebauungspläne.

Wolfgang Radzieowski wollte wissen, wie es mit der im Kommunalwahlkampf von allen Rathausfraktionen zugesagten Rahmenplanung für Gröbenzell weitergeht. Dieses Thema sei bisher stiefmütterlich behandlet worden, obwohl die Gemeinde gerade hier "klare Konzepte und klare Leitbilder" brauche. Runge räumte unumwunden ein, dass der Rahmenplanung bisher wenig Rechnung getragen worden sei und kündigte an, im Rathaus solle für diese Aufgabe eine eigene Stelle geschaffen werden. Der 1980 erstellte, nicht mehr aktuelle städtebauliche Rahmenplan für Gröbenzell gibt als Ziel vor, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen den für die Gemeinde typischen Orts- und Gartenstadtcharakter zu erhalten. Grünordnungspläne sollten für ein "aufgelockertes und reizvolles landwirtschaftliches Gesamtbild" sorgen.

"Die Gartenstadt gehört der Vergangenheit an", umschrieb eine Zuhörerin ihren Eindruck von der Bauentwicklung in der Gemeinde. Sie fragte Falk und Runge: "Werden sie die Gartenstadt verteidigen?" Auf die Frage "Wie ist Gartenstadt definiert?", erwiderte Dritter Bürgermeister und Diskussionsleiter Axel von Walter (SPD): "Wir können keine Antwort geben." Edeltraut Mierau-Bähr vom Agenda-Arbeitskreis Siedlungsökologie monierte, sie vermisse eine Debatte über Grünordnungspläne. Runge stellte im Schlusswort die Gretchenfrage "Machen wir mit und stellen uns dem Siedlungsdruck?". Um in seiner Antwort darauf hinzuweisen, alle Bürger seien dazu eingeladen, Gröbenzell mitzuretten.

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: