Gröbenzell:Aufgebracht

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Gröbenzeller kritisieren bei Diskussionsabend der Gröbenhüter zum Erhalt eines Flügels des alten Rathauses die Informationspolitik von Bürgermeister Martin Schäfer. Sie fordern mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Dem Gröbenzeller Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) stehen am Montagabend in der Galerie des Bürgerhauses die Schweißperlen auf der Stirn, als ihm die Schauspielerin Monika Baumgartner die Leviten liest. Sie erinnert den Rathauschef eindringlich daran, er sei doch angetreten, um den Politikstil in der Gemeinde zu ändern und Bürgerbeteiligung und Transparenz zu gewährleisten. "Wir wollen nur das, was versprochen wurde und mitreden", beteuert sie. Es gehe darum, die Bürger mitzunehmen und auf sie zu hören. "Das wünschen wir uns", sagt Baumgartner. Und sie erinnert erkennbar enttäuscht daran, dass auch sie vor zwei Jahren Schäfer gewählt hatte - und mit ihm den Wahlsieg in der Gaststätte "Hexe" feierte.

Die bekannte Schauspielerin ist nicht die einzige im Publikum, die den neuen Rathauschef heftig attackiert. Aber auch Schäfer ist angespannt, es sagt: "Ich bin ein bisschen aufgebracht." Was ihn aufbringt, sind die Vorhaltungen zur Intransparenz und zur unkonventionellen Vorgehensweise beim Rathausneubau. Die Entscheidung, aus dem sanierungsbedürftigen Rathaus auszuziehen und Büroräume anzumieten, bevor es eine Planung oder ein Finanzierungskonzept, stößt auf Unverständnis. Während das alte Rathaus leer steht, würden Millionen an Steuergeldern für die angemieteten Büroräume verschleudert, heißt es. Aufgebracht zu sein, verbindet Schäfer mit dem Publikum, in dem sich auch viele finden, die ihn verteidigen. Nach den Wortmeldungen dürften Befürworter und Kritiker in etwa gleich stark vertreten sein. Immerhin geht Schäfer in sich und sagt: "Ich gelobe Besserung" - und bietet jedem an, ihn im Rathaus anzurufen, falls etwas unklar sei.

Das erste Rathaus der Gemeinde Gröbenzell, erbaut 1954. (Foto: Archiv Gröbenhüter/oh)

Dabei sollte es an diesem Abend um etwas ganz anderes gehen als um eine Abrechnung mit dem Bürgermeister. Der Verein "Die Gröbenhüter" hat zu einem Diskussionsabend "Neues Rathaus - alles weg oder was?" eingeladen. Und nun sollen die Zuhörer möglichst einvernehmlich drei Tage, bevor der Gemeinderat die Kriterien für einen Architektenwettbewerb beschließt, einen Weg finden, wie der ebenfalls einstimmig beschlossene Totalabriss des alten Rathauses, vielleicht noch verhindert werden kann, sofern das sinnvoll und möglich ist.

Und die Gröbenhüter treffen mit ihrem Vorhaben den Nerv der Bürger. Rund 120 Interessierte drängen sich in dem viel zu kleinen Raum, etwas ein Drittel muss stehen, darunter viele Gemeinderäte und auch Schäfers Vorgänger Dieter Rubenbauer. Wie viele gehen, weil sie keinen Platz finden, weiß man nicht. Moderatorin Angela Wagner schafft es nicht, dass es, wie angestrebt, im Saal zu einem Votum zum Erhalt des 1954 erbauten Teil des alten Rathauses kommt, das den Gemeinderat zum Nach- oder Umdenken bringen könnte. Das liegt an den Informationsdefiziten. Das Thema und die Kette von Gemeinderatsentscheidungen sind wohl zu komplex, als dass den Zuhörern immer klar würde, warum nun genau was wann und mit welchem Ziel beschlossen worden war. Das gelingt weder dem Bürgermeister noch dem Planungsreferenten Hans Böhmer (FW), der als Beisitzer des Vereins sich von den von ihm mitgetragenen Gemeinderatsbeschlüssen öffentlich distanziert und Position für die Gröbenhüter bezieht. Es lässt sich auch nicht aufklären, warum ein Neubau um etwa 1,2 Millionen Euro billiger sein soll als eine Sanierung.

Bernd Schwarz, Sprecher der Bürgergruppe Urbanes Leben am Papierbach in Landsberg, die bei einem großen Bauvorhaben in Landsberg am Lech erfolgreich mitwirkte, bemüht sich, das Tohuwabohu aufzulösen. Mit Kopfschütteln stellt er fest, dass die Informationspolitik sehr zu wünschen übrig lasse. "Die Gröbenzeller hatten noch nicht die Möglichkeit zu sagen, was sie wollen", stellt er fest. Schwarz rät unter Applaus dazu, die Wünsche zu sammeln und die Informationspolitik zu verbessern.

Rudi Ulrich, Vorsitzender der Gröbenhüter muss sich nur einmal in die Diskussion einmischen und darum bitten, sachlich zu bleiben. Trotzdem gibt sich Böhmer zum Schluss optimistisch. Er sei "zuversichtlich", lautet sein Resümee. Der Planungsreferent bittet darum, Architekten ausprobieren zu lassen, was im Ortszentrum mit einer Kombination von Alt und Neu alles möglich ist. Fast versöhnlich klingt der Abend nach mehr als zwei Stunden mit dem Hinweis des stellvertretenden Vorsitzenden der Gröbenhüter, Albert Donhauser aus: "Es geht um den Erhalt eines kleinen Stücks liebenswertes Gröbenzell."

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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