Gröbenzell:Akustisches Allerlei

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Die 12. Gröbenzeller Musiknacht stellt einen neuen Besucherrekord auf. Rund 3500 Musikliebhaber begeben sich durch den Ort auf einen Erlebnispfad und stoßen bei 23 Konzerten auf jeden Stil: von Pop-Blasmusik bis zum Bigband-Sound

Von Valentina Finger, Gröbenzell

Obgleich Abwechslung bei dem jährlich wachsenden Band-Aufgebot ohnehin garantiert ist, ist ein neuer Blickwinkel nie verkehrt: Bei den mittlerweile 19 Orten, an denen am vergangenen Samstag bei der zwölften Gröbenzeller Musiknacht akustisches Allerlei zu hören war, bot es sich an, wieder einmal einen anderen Startpunkt für die Route zu wählen. Das griechische Restaurant Meteora eignet sich nicht nur deshalb dafür, weil Ouzo und Mokka den nötigen Energieschub für die Nacht liefern. Mit seiner Lage am Bahnhof befindet es sich zudem ziemlich in der Mitte der Veranstaltungen im Ortskern, die von dort aus alle im Schlenderschritt zu erreichen sind. Also noch ein bisschen den Mandolinen-Klängen von Kirios Giannis gelauscht und ab auf den Erlebnispfad, der die Lokale in den Ortshälften zu beiden Seiten der S-Bahn miteinander verbindet.

Der Musikevent in der Gartenstadt expandiert stetig: Von 16 Konzerten zum zehnjährigen Jubiläum über 21 im vergangenen bis zu 23 in diesem Jahr ist in jüngster Zeit viel passiert. Und auch die Besucher passen sich an: Mit etwa 3500 Musikfans vermutet Veranstalter Thomas Breitenfellner diesmal einen neuen Rekord. Einiges wiederholt sich natürlich und das ist gut so. Am Bahnhofsplatz vor dem Café Valentin spielen wieder die Landauer Pop-Blasmusiker von "Serious Six" - fünf sympathische junge Männer, die sich wie Rockstars in Lederhosen inszenieren und dabei wissen, wie man Mädchen entzückt und gleichermaßen einem Bierzelt-Publikum gefällt. "Schön, wenn so Junge noch richtige Bayern sind", freut sich eine Zuhörerin und wippt zum "bairischen Techno", gespielt auf Posaune, Tuba und Co. Richtig Bairisches bekommt man auch ein paar Meter weiter beim Weinbauer zu hören: Wie in jedem Jahr scharen die Münchner "Rockaholixs Buam" ihre Fans zu einem eigenen Mini-Open-Air-Festival um die Bühne im Hof. Dass es noch andere Musiknacht-Lokale gibt, kümmert dort niemanden, ausgelassen wird zu Stimmungshits wie "Ein Stern" - in der Rock-Version - gefeiert. "Ich verspreche Euch, wir spielen heute bis zwei Uhr", ruft Frontmann Pete und als er daraufhin ein Jubelkonzert aus der Menge erntet, fügt er hinzu: "Das ist ja wie Woodstock hier."

Ähnlich laut, aber familiärer geht es in der Hexe zu. Alle Generationen stehen dort in Trauben zusammen, trinken Bier und feiern die Bands auf der Bühne mindestens genauso sehr wie den altbewährten Gröbenzeller Treffpunkt, der zur Erleichterung aller Anwesenden kürzlich vor der Schließung gerettet wurde. Im Wirtshaus Gröbenzell bietet sich ein herrliches Bild, als "Public Affair" den Sechzigerjahre-Hit "Knock on Wood" spielen: Ein älteres Paar hat die Tanzfläche erobert und begeistert die im Kreis Herumstehenden mit unerwarteten akrobatischen Einlagen.

Als die Band eine Pause einlegt, ziehen viele weiter zur Kirchenstraße, seit jeher das Herz der Musiknacht. Diese präsentiert sich wie bei einem Straßenfest, wo man aufgrund der vielen Besucher von der Straße nicht mehr viel sieht. Während die Gröbenzeller Band "Sexy" das Publikum zuverlässig wie eh und je mit Songs wie "Twist and Shout" zum Tanzen bringt, tanzen die Italiener von "Senza Filtro" auch gerne selbst mit. Keine Frage: Weinbauer und Kirchenstraße bleiben auch beim zwölften Mal mit diesem lebhaften Treiben die Feier-Hot-Spots der Musiknacht.

Um die Ecke auf dem Außenbereich der Alten Schule geht es entspannter zu: Den meisten dient die Musik von "Six Across" eher als Untermalung zum abendlichen Glas Wein. Das Kontrastprogramm zur Partymeile gibt es im Bürgerhaus: Die junge Puchheimer Streicher-Bigband "Bluestrings", die kürzlich mit dem Tassilo-Preis ausgezeichnet wurde, spielt Klassisches mit Twist und angesichts der Sommerstimmung draußen ist ihr Indoor-Konzert verhältnismäßig gut besucht.

Verlässt man den Ortskern Richtung Gewerbegebiet, wo sich seit vergangenem Jahr das zweite Zentrum der Musiknacht befindet, stellt man fest, dass auch im Stockwerk die Musik von drinnen kommt. Die imposante, frisch eingeweihte Harder-Völkmann-Orgel, auf der Christoph Hauser zusammen mit Florian Höck am Saxofon spielt, lässt sich schließlich kaum nach draußen verlagern. Und ganz egal, wie warm es im Freien ist, den zahlreichen Gästen, die zur Mitgeh-Musik der Münchner Soulband "The Troubleshooters" tanzen, dürfte es nach Hits wie "She's Fresh" noch viel heißer sein.

Das Lieder-Repertoire von "Griechischer Wein" bis "I Will Survive" der Musiker vom "Duo Tonart" klingt auf Akkordeon und Gitarre etwas speziell. Dafür wirkt die nach Sonnenuntergang nur noch spärlich besetzte und mit Kerzenlicht beleuchtete Terrasse des Delikatessenladens Gourmetpoint sehr heimelig. Während das Ambiente auf dem Parkplatz des zweiten Feinkostgeschäfts im Gewerbegebiet im Vergleich zur Piazza-Atmosphäre im Vorjahr nachgelassen hat, ist die Stimmung unverändert: Dort feiern die Italiener eine kleine Privatparty, sogar gesprintet wird, um rechtzeitig zum nächsten Song auf der Tanzfläche zu sein. Eine weitere Kultur zum Ausklang wird auf dem Heimweg in dem ungarischen Restaurant Balaton Retro, das erstmals teilnimmt, kennengelernt: "Benö Patai und Band" spielen auf ihren Streichern östliche Klänge, mal flottere Volkstänze, dann Schwermütiges. Viele harren nach Mitternacht dort nicht mehr aus. Wo die Party im Zentrum noch steigt, kann man deutlich hören. Zum Runterfahren nach dem spaßigen Trubel ist das zarte Geklimper aus Ungarn jedoch ideal.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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