Gröbenzell:Abschied von der Gartenstadt

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Idyllisch präsentiert sich Gröbenzell. Doch der Gartenstadtcharakter könnte verloren gehen, wenn Verdichtung zur Baumaxime werden sollte. (Foto: privat)

Der Gemeinderat gibt eine Prognose zur Bevölkerungsentwicklung in Auftrag. Kritiker sehen darin die Abkehr vom Leitbild, den grünen Charakter zu erhalten, hin zu einer baulichen Verdichtung

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Gilt für die weitere Ortsentwicklung von Gröbenzell noch das Leitbild von einer Gartenstadt? Reinhard Paesler bezweifelte das in der jüngsten Gemeinderatssitzung nachdrücklich. Laut dem CSU-Gemeinderat gibt es inzwischen nämlich starke Kräfte, die von diesem Leitbild zugunsten einer Verdichtung der bestehenden Bebauung abgehen wollen. Mit diesem Einwand wollte der Christsoziale die Auftragsvergabe für eine Prognose über die Bevölkerungsentwicklung und deren Auswirkungen auf Kindertagesbetreuung, Schulen und Senioren verhindern. Wie andere auch konnte sich Peasler nicht durchsetzen. Mit einer Mehrheit von 16 zu 6 Stimmen wurde der Auftrag an den Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum und an das Augsburger Institut für Sozialplanung, Jugend- und Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statistik (SAGS) vergeben.

Die Befürworter wie Bürgermeister Martin Schäfer sowie SPD und Grüne erwarten sich von dem Gutachten Aussagen dazu, wie stark sich die Gemeinde wo entwickeln wird. So soll in einem ersten Schritt aus den Baurechtsdaten aller Bebauungspläne ein Baulandkataster für Gröbenzell angelegt werden. Aus der Bewertung des Baulandskatasters wiederum werden in einem zweiten Schritt das Entwicklungs- und Nachverdichtungspotenziale errechnet. Aus diesen abgeleiteten Daten lassen sich wiederum die erwünschten Entwicklungsszenarien für die Gemeinde ableiten.

Über die Notwendigkeit solcher Prognosen herrschte Einigkeit. Strittig war jedoch die Vorgehensweise. Laut Paesler würden die Gutachter nur mit der Stange im Nebel herumstochern, wenn der Gemeinderat ihnen nicht vorher einen städtebaulichen Rahmenplan mit genauen Festlegungen zur künftigen Entwicklung an die Hand gibt. Die Aufstellung eines solchen Rahmenplans mit dem Ziel, den Gartenstadtcharakter zu bewahren, hatten im Kommunalwahlkampf 2014 - auch daran wurde erinnert -, alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zugesagt. Geschehen ist seither jedoch nichts.

Während Paesler und Hans Böhmer (FW) darauf beharrten, zuerst den Rahmenplan zu erarbeiten, hielten die beiden Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und Martin Runge (CSU) dagegen. "Beide Prozesse können Hand in Hand gehen", sagte Schäfer. Runge bezeichnet das Gutachten zur Entwicklung der Gemeinde als "wunderbares Werkzeug", das helfen werde, auch bei allen anderen anstehenden Fragen zur Ortsentwicklung weiterzukommen.

Diesem Optimismus Runges stellte Böhmer schlechte langjährigen Erfahrungen mit der Gemeindeverwaltung entgegen. So erinnerte Böhmer daran, dass der Bauamtsleiter im Jahr 2014 nach Schäfers Einzug ins Rathaus zuerst freigestellt und dann in den vorgezogenen Ruhestand versetzt worden war, ein "adäquater Ersatz" aber nicht in Sicht sei. Dieser Hinweis brachte Böhmer die Rüge des Sitzungsleiters und Ersten Bürgermeisters Schäfer ein: Personalangelegenheiten würden grundsätzlich nicht in öffentlicher Sitzung besprochen. Um dann zu ergänzen: "Im Frühjahr sind wir so weit." Auch gegen die Kritik Böhmers, ihn als den Referenten für Ortsentwicklung nicht in die Vorgespräche zur Vergabe des Gutachtens eingebunden und möglicherweise Vorfestlegungen über den Gemeinderat hinweg getroffen zu haben, wehrte sich Schäfer. "Wenn es der Wunsch des Gemeinderats ist, wird ganz Gröbenzell vollgepflastert", sagte der Bürgermeister etwas genervt dazu, dass nicht er, sondern der Gemeinderat beschließe, was gebaut werden darf.

Angesichts der ausufernden Debatte fragte schließlich Thomas Breitenfellner (CSU), wie es der Gemeinderat schaffen wolle, das neue Rathaus zu bauen, wenn über jedes Thema in epischer Breite diskutiert werde. Für Paesler stand fest: "Wir werden in den nächsten Jahren weder einen neuen Rahmenplan noch einen neuen Flächennutzungsplan bekommen. "

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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