Grafrath:Im Behördendschungel

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Als "Behördenwillkür der übelsten Sorte" empfindet Elke Häser die Behandlung durch das Landratsamt. (Foto: Günther Reger)

Ein Paar will einer albanischen Familie einen Arbeitsplatz verschaffen. Das Landratsamt hält sich für nicht zuständig

Von Ariane Lindenbach, Grafrath

Wie machtlos Menschen gegenüber Behörden sein können, hat schon Franz Kafka eindringlich in seinem Werk "Der Prozess" beschrieben. Dass solche Erlebnisse auch in der Realität passieren, erfährt zurzeit ein Ehepaar aus Grafrath: Im Frühjahr hatten die Beiden einen Antrag per Einschreiben an das Landratsamt geschickt. Seither werden sie abgewiesen oder vertröstet. Inzwischen hat das Ehepaar Häser einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Aus der Kreisbehörde heißt es, dass erst vor wenigen Wochen die Zuständigkeit geklärt wurde. "Wir sind alle bemüht, das jetzt schnell voranzubringen", versicherte Pressesprecherin Ines Roellecke.

Das Anliegen der Häsers ist ein uneigennütziges und wohl auch ungewöhnliches: Sie möchten einer albanischen Familie helfen, legal in Deutschland einzureisen und hier zu arbeiten. Von der Ausländerbehörde im Landratsamt Fürstenfeldbruck, betont Elke Häser, "will ich nur den Voraufenthalt geprüft haben". Doch was normalerweise in wenigen Wochen passiert ist, dauert im Fall der Familie Jazaj aus Albanien schon seit Februar. Damals beantragte der Familienvater bei der deutschen Botschaft in Tirana ein Visum. Wie die Grafratherin betont, die die Jazajs im Vorjahr als angenehme, hilfsbereite und freundliche Nachbarn kennengelernt hatte, waren die Unterlagen vollständig gewesen. Selbst das von der Bundesagentur für Arbeit verlangte Begleitschreiben des Arbeitgebers war dabei.

Elke Häser hatte sich nach der Ausreise der Jazajs Ende 2015 über die Gesetze zu Arbeitsgenehmigung und Aufenthaltserlaubnis informiert und ihre ehemaligen Nachbarn aus der Ferne gebrieft. Sie kenne die Westbalkanverordnung und wisse, dass das Brucker Landratsamt für die Voraufenthaltsprüfung zuständig sei, da die albanische Familie künftig hier wohnen werde, betont Häser. Nach ihrer Schilderung wusste sie mehr als die Sachbearbeiterin im Ausländeramt: Als sie dort Anfang Juni nachfragt, was aus ihrem vor einem Monat per Einschreiben eingeschickten Antrag bezüglich der Familie Jazaj geworden sei, erklärt die Sachbearbeiterin, man sei nicht zuständig, sondern das Landratsamt Starnberg, da dort der künftige Arbeitgeber von Toni Jazaj sitze.

Elke Häser, immer wieder unterstützt von ihrem Mann, fragt in Starnberg nach. Dort sei das Schreiben nie aufgetaucht. Mit der Brucker Kreisbehörde kommuniziert sie immer wieder - mit der Sachbearbeiterin, dem Abteilungsleiter. Anfang August versprach Landrat Thomas Karmasin, zu prüfen, ob das Ausländeramt auch ihrem Fall genug Aufmerksamkeit widme. Da der Monat bald zu Ende ist, ohne dass die Häsers Neuigkeiten vom Amt bekommen hätten, haben sie am Dienstag einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Aus dem Landratsamt kam daraufhin das Versprechen, dass man sich des Falls bis Ende nächster Woche annehmen werde.

Wie Behördensprecherin Roellecke zur SZ sagte, habe es im Fall der Jazajs eine unglückliche Gemengelage gegeben. Tatsächlich sei man im Ausländeramt Mitte des Jahres völlig zu Recht der Meinung gewesen, dass die Kollegen in Starnberg zuständig seien. Roellecke berichtet von einem Schreiben von der Bundesagentur für Arbeit vom Mai oder Juni. Darin habe man die Zuständigkeit für derartige Anträge klar an jene Behörde verwiesen, in deren Einflussbereich der zukünftige Arbeitgeber sitzt. Im Falle der albanischen Familie wäre somit tatsächlich das Landratsamt Starnberg zuständig gewesen.

Doch zwischenzeitlich hat sich die Vorgabe Roellecke zufolge verändert. "Dann kam die Information von der Regierung von Oberbayern, dass nicht der Firmensitz ausschlaggebend ist, sondern der künftige Wohnort." Wann diese Nachricht eintraf, konnte sie nicht mehr genau nachvollziehen. Doch die Landratsamtssprecherin versicherte, dass man den Antrag der Häsers nun möglichst rasch bearbeiten wolle, sobald die Unterlagen aus Starnberg wieder zurück seien. Für die Familie Häser äußerte sie indes Verständnis: "Das ist natürlich für die Bürger ärgerlich, die sowieso nicht so viel Sinn für Zuständigkeiten haben."

© SZ vom 27.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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