Grafrath:Heilsames Reiten

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Vertrauen fassen und zurückbekommen: Das ist der Wert des Ponyreitens für Asylbewerber-Kinder in Grafrath. (Foto: Günther Reger)

Ein Nachmittag mit Ponys für Grafrather Flüchtlingskinder

Von Fritz Kessel, Grafrath

Zunächst nähern sich die Kinder den Ponys nur zaghaft. Doch nach dem ersten Streicheln und Bürsten des Fells fassen die Kinder Mut. Auf die Frage, wer denn nun reiten möchte, schnellen die Finger aller Kinder nach oben. Freudig reiten sie auf den geführten Ponys und die Väter halten das Ganze fotografisch fest. Was sich an diesem Tag auf dem Hackl Hof in der Krugstraße in Grafrath-Unteralting ereignet, wirkt wie ein normales Ponyreiten für Kinder, bei denen neben den Betreuern für die Tiere auch die Eltern der Kinder mit dabei sind.

Allerdings handelt es sich hier um eine Aktion für Asylbewerberkinder und deren Familien. Der Asylhilfekreis in Grafrath war auf der Suche nach Freizeitmöglichkeiten für Asylbewerber, insbesondere jetzt im Sommer, wenn Kindergärten und Schulen über die Ferien geschlossen sind. In Zusammenarbeit mit dem "RC Unteralting" der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, und dem gemeinnützigen Verein "Der fröhliche Reiter", der sich auf therapeutisches Reiten für Kinder spezialisiert hat, wurde die Veranstaltung auf die Beine gestellt. Erstmalig gab es die Aktion in der Osterzeit diesen Jahres mit rund 15 teilnehmenden Kindern nebst Familien und Asylpaten - und nun erneut für die Asylbewerber aus Grafrath und deren Paten aus dem Asylhilfekreis.

Die Diplom-Sozialpädagogin Gabriele Krause-Herrmann erläutert, warum sich die Arbeit mit Pferden so für die Flüchtlingskinder eignet: "Bei den Pferden gibt es keine Sprachbarriere, das Feedback läuft ganz natürlich und direkt ab." So könnten die Kinder auch ohne deutsche Sprachkenntnisse in Verbindung mit den Pferden treten, Vertrauen schöpfen und ein Stück "heile Welt" erleben.

Die Kinder nehmen dieses Angebot auch sofort an. So bestätigt auch der sechs Jahre alte Jasir, dass er die Ponys gut finde und gleich reiten möchte. Seiner Schwester Sedra, sieben Jahre, scheinen die Ponys auch zu gefallen, jedenfalls striegelt sie "ihr" Pony voller Hingabe. Ihr Vater, Belal, 40, der als Kurde mit seiner Familie aus Syrien geflohen ist, freut sich ebenfalls über die Gelegenheit für seine Kinder zum Reiten. Stolz fotografiert er seinen Sohn und seine Tochter und findet die Veranstaltung rundum gelungen.

Der vierjährige Fabio ist noch etwas zurückhaltend, doch traut er sich dann zusammen mit seinem Vater, dem 33-jährigen Lastkraftwagenfahrer Toni aus Albanien, an das Pony heran. Nach kurzer Zeit sitzt er im Sattel auf dem Rücken des Ponys, das durch die angenehm kühle Reithalle geführt wird. Seine Mutter, die 26-jährige Friseurin Claudiana, schildert, dass sie mit ihrem Mann und Fabios älterem Bruder, dem sechs Jahre alten Kleiton, bereits seit fünf Monaten in Deutschland sind und die Hilfe des Asylhilfekreises schätzt: "Sie helfen sehr viel." Das Leben in Deutschland schätzt sie und zieht es dem in ihrer alten Heimat vor: "Hier ist alles gut."

Bisher handelt es sich bei dem angebotenen Ponyreiten noch nicht um eine dauerhafte Einrichtung, sondern erst um erste Schritte hin zu einem möglichen Konzept. Das Interesse an einer Fortführung ist jedoch von Seiten der Organisatoren, der Eltern und allen voran den Kindern natürlich gegeben.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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