Grafrath:Gewerbe kontra Landschaftsschutz

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Der Acker in der Nähe des Grafrather Gewerbegebietes soll künftig miteinbezogen werden. Doch erst muss er aus dem Landschaftsschutz raus. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Grafrath möchte sein Areal für Unternehmen vergrößern. Das geht nur auf bislang geschützten Flächen

Von Heike A. Batzer, Grafrath

Die Gemeinde Grafrath möchte ihr Gewerbegebiet in ein Landschaftsschutzgebiet hinein erweitern. Bei den Kreispolitikern fand das Grafrather Anliegen nun Gehör. Die Mitglieder des Energie-, Umwelt- und Planungsausschusses des Kreistags beschlossen am Montag, das entsprechende Verfahren mit öffentlicher Auslegung der Unterlagen einzuleiten. Der Ausgang des Verfahrens ist offen.

"Die Grafrather sind vom Naturschutzgebieten umgeben. Es wäre fatal, sie auszubremsen", sagte CSU-Kreisrat Johann Wörle und signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion: "Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, wo sich Grafrath entwickeln kann." Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt kam hingegen zu einer anderen Einschätzung. Die Realisierung des Gewerbegebiets im Landschaftsschutzgebiet Obere Amper sei ein "erheblicher und nachhaltiger Eingriff in das Landschaftsbild", schreibt die Abteilung in ihrer schriftlichen Stellungnahme, die den Ausschussmitgliedern als Information vorab ausgehändigt worden war.

Das Landschaftsschutzgebiet Obere Amper zwischen Grafrath und Schöngeising umfasst etwa 1800 Hektar und wurde 1979 ausgerufen, weil es eine besondere Form aufweise und im Landkreis Fürstenfeldbruck einzigartig sei, heißt es weiter. Es handle sich um ein "stark bewegtes Gelände, das durch die Vorlandvergletscherung der letzten Eiszeit geformt wurde". Sollte der Teilbereich, der am Ende der Brunnleitenstraße liegt und derzeit landwirtschaftlich genutzt wird, zur Gewerbefläche werden, müssten "erhebliche Abgrabungen" durchgeführt werden, weil die Fläche bis zu drei Meter höher liegt als das im Westen anschließende, im Betrieb befindliche Gewerbegebiet. Die Arbeiten würden eine "größere Landschaftswunde" hinterlassen, bei Starkregen könnte anfallendes Hangwasser künftig Probleme bereiten.

Einzig die beiden Grünen und Jakob Drexler von den Unabhängigen Bürgervereinigungen schlossen sich den Bedenken der Naturschutzbehörde an und stimmten gegen das Vorhaben. "Da hinten" ein Gewerbegebiet angelegt zu haben, nannte Johann Märkl (Grüne) "fragwürdig". Drexler (UBV) fragte sich unter anderem, ob die Verkehrsanbindung "ausreichend" sei.

Grafraths Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei), der unter den Zuhörern saß, durfte den Kreisräten erläutern, dass sich die strittige Fläche zwar im Landschaftsschutzgebiet befinde, gleichzeitig aber im 1987 genehmigten Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestellt sei. Er bat die Kreisräte, den Grafrathern die Planungshoheit zu überlassen. Erschlossen werden soll der neue Teil des Gewerbegebiets über die Jesenwanger- und die Brunnleitenstraße: "Eine Erschließung von der B 471 mitten durch das Landschaftsschutzgebiet scheidet aus", sagte er. Der Erweiterungspläne ausgelöst hatte die im Gewerbegebiet ansässige Firma Cabero Wärmetauscher, die sich vergrößern möchte. Der Grafrather Gemeinderat hatte im April beschlossen, die Reduzierung des Landschaftsschutzes zu beantragen.

Schon einmal, im Jahr 2005, war in Grafrath eine Fläche aus der Landschaftsschutzverordnung Obere Amper genommen worden: für das Alten- und Pflegeheim Marthashofen. Zum bislang letzten Mal wurde der Landschaftsschutz im Landkreis im Jahr 2010 aufgeweicht: für das Reitstallgelände und die Grünfläche an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck. Nach Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde gibt es im Landkreis insgesamt zehn Landschaftsschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 6150 Hektar sowie drei Naturschutzgebiete, die 866 Hektar umfassen. Um ein Landschaftsschutzgebiet auszuweisen, ist ein aufwendiges Verfahren notwendig einschließlich Vorarbeiten mit Kartierung von Flora und Fauna, detaillierten fachlichen Begründungen, Grenzfestlegungen, Anhörung anderer Fachstellen, Behörden und Verbände sowie einer öffentlichen Auslegung. Das Verfahren kann bis zu zwei Jahre dauern.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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