Es gibt Verbrechen, vor deren Schwere die Sprache kapituliert und sich ins Allegorische flüchten muss. Hinter dem Mundraub etwa verbirgt sich natürlich kein Ungeheuer von Mensch, der in den Straßen auflauert, um Plapper- und Schandmäulern ihr Sprach- und Esswerkzeug brutal aus dem Gesicht zu reißen und mit dem frechen Mundwerk als Beute das Weite zu suchen. Nein, hier handelt es sich einfach um ein Schleckermaul, das sich im Vorbeigehen mal schnell die ein oder andere fremde Frucht in den Rachen schmeißt. Und der Langfinger ist natürlich auch kein Außerirdischer, dem Gliedmaßen blitzartig bedrohlich hinauswachsen. Nein, auch hier nimmt ein Bösewicht wiederum einfach im Vorbeigehen etwas mit, was ihm nicht gehört.
Die durchaus farbigen Sprachbilder lässt die kriminalistische Wortakrobatik der Gemeinde Eichenau aber nun geradezu blass erscheinen. Deren jüngste Presseerklärung rührt das menschliche Herz gleich heftig an, gilt es doch das Entsetzen über ein "tragisches Ende" zu verarbeiten, dessen Folgen nichts weniger als das Aus für Weihnachten für den Ort bedeuten könnten. Denn die Straftat ist bei Gott keine gewöhnliche, schon eine beinahe blasphemische. Die gemeindliche Pressesprecherin hofft nun deshalb auf Zeugen, die sie am vergangenen Wochenende gesehen haben - die "Christbaummörder".
Geschehen ist die Meuchele i auf einem Grundstück gegenüber dem Wertstoffhof. Dort hatten die Gemeindegärtner 17 Fichten "gehegt und gepflegt", drei, vier Meter waren die Kleinen schon groß. Sie sollten einmal allüberall im Ort eine schmucke Bestimmung erfüllen, doch dann wurden sie von einem Unbekannten, wohl einem Grinch, mit der Motorsäge gefällt und einfach liegen gelassen. Brutal. Der Schmerz sollte nicht ungenannt bleiben: "Fast zehn Jahre lang hatten die Bäume darauf gewartet, in der Gemeinde Eichenau als Weihnachtsbaum zum Einsatz zu kommen."