Gesundheit:Impfquote steigt leicht an

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Eine aktuelle Untersuchung des Gesundheitsamtes ergibt, dass wieder mehr Kinder eine Grundimmunisierung haben. Die Zahl könnte noch höher sein, wenn es Erinnerungen für Auffrischungen gäbe

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Die Impfquoten im Landkreis sind leicht gestiegen. Das hat die regelmäßig stattfindende Untersuchung des Gesundheitsamts zum Impfstatus der Schüler der sechsten Klassen im Landkreis ergeben. Rudolf Summer, der Leiter des Amts, zeigt sich darüber erfreut. "Grundsätzlich liegen wir im Vergleich zu den umliegenden Landkreisen aber nicht besser oder schlechter", sagt er.

Die erfreuliche Nachricht über die leicht gestiegenen Impfquoten im Landkreis ändert auch nichts daran, dass die Oberbayern im deutschlandweiten Vergleich immer noch relativ impfmüde sind. Erst vor Kurzem hat das eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung gezeigt. "Wir wissen, dass wir in Bayern die Schlusslichter sind", sagt auch der Leiter des Gesundheitsamts. Auch wenn die Impfraten der Kinder eine positive Tendenz zeigten, sei zu befürchten, dass in anderen Altersstufen Impflücken bestehen. Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren. Summer meint etwa, dass die Impfquote höher liegen würde, wenn es ein Erinnerungssystem für Auffrischungen gäbe. Aber auch die verhältnismäßig aktiven Impfgegner in der Region täten ihr übriges. "Das Problem ist, dass sie andere verunsichern", so Summer.

Wie viele Erwachsene einen wirksamen Impfschutz haben, ist nicht erfasst. Anders ist das bei den Kindern. Regelmäßig sammelt das Gesundheitsamt die Impfbücher der Sechstklässler an den Schulen im Landkreis ein. In diesem Jahr konnten 1631 Impfpässe von insgesamt 2080 Schülern ausgewertet werden. 91 Prozent aller untersuchten Sechstklässler haben demnach eine vollständige Grundimmunisierung gegen Masern, dazu kommen rund fünf Prozent, die immerhin eine der erforderlichen beiden Injektionen verabreicht bekommen haben. Vor dem Hintergrund von aktuell zwei Masernerkrankungen im Landkreis und deutschlandweit wieder vermehrt auftretenden Ausbrüchen empfiehlt Summer aber, die Grundimmunisierung, wenn nötig, vervollständigen zu lassen.

90 Prozent der Kinder haben eine vollständige Grundimmunisierung gegen Mumps und Röteln, bei Windpocken lag die Zahl mit 41 Prozent über der des Vorjahres, dennoch sieht Summer gerade dabei Verbesserungsbedarf. Auch die Quote bei der Keuchhustenimpfung könnte im Hinblick auf ganzjährig auftretende Fälle der Krankheit im Landkreis höher liegen, wie Summer meint. Sie liegt bei 84 Prozent. Kaum geändert hat sich mit 95 Prozent die Durchimpfungsrate bei Tetanus, Polio und Diphtherie. Einen starken Anstieg von 7 auf 78 Prozent gab es hingegen bei Meningokokken, die Hirnhautentzündungen hervorrufen können. Das liegt vor allem daran, dass die Impfung, im Gegensatz zu anderen, erst seit wenigen Jahren empfohlen wird und es für einen der Erregerstämme erst seit Kurzem einen wirksamen Impfstoff gibt.

Menschen, die sich vor Impfschäden fürchten, kann Summer bis zu einem gewissen Grad beruhigen. Zu Komplikationen, vor denen etwa Impfgegner häufig warnen, komme es selten, erklärt Summer. "Natürlich kann auch bei einer Impfung etwas passieren", räumt er ein. Allerdings liege die Wahrscheinlichkeit dafür im schlechtesten Fall bei eins zu einer Million. Manche Quellen sprechen von Wahrscheinlichkeiten von eins zu zehn Millionen. Wesentlich häufiger kommt es bei einem Masernausbruch zu Komplikationen. Bei jedem tausendsten Erkrankten kommt es zu einer Hirnhautentzündung. Zehn Prozent dieser Patienten sterben. Bei 20 bis 30 Prozent von ihnen bleiben kognitive Schäden. "Das ist eine ganz andere Größenordnung", meint Summer. "Aus naturwissenschaftlicher Sicht spricht nichts gegen das Impfen. Auch das Gerücht, dass Impfungen Autismus verursachten, sei mittlerweile widerlegt.

Aber es gibt auch Menschen, denen von Impfungen abgeraten wird, etwa wenn ein schwerer Defekt der Immunabwehr vorliegt, bei akuten Infekten oder während einer Schwangerschaft. Darauf weist auch Alexander Wiedemann, Kreisdelegierter des Bayerischen Hausärzteverbands und Eichenauer Allgemeinarzt, hin. Der Masernimpfstoff etwa ist ein Lebendimpfstoff. Das bedeutet, es werden sehr kleine Mengen des Krankheitserregers injiziert. Diese können sich zwar vermehren, die Krankheit bei gesunden Menschen aber nicht auslösen. "Immungeschwächte oder multimorbide Menschen sollten natürlich nicht mit Krankheitserregern in Berührung kommen", betont Wiedemann. Gerade für diejenigen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, sei es aber wichtig, dass die Impfquote besonders hoch liege. "Wer geimpft ist, kann die Krankheit nicht weitergeben", sagt er. Diejenigen, die sich nicht impfen lassen können, sind also nur dann geschützt, wenn die Krankheit durch eine hohe Impfrate seltener oder sogar ausgerottet wird. Gelungen ist das bisher etwa bei der Pockenimpfung, die noch bis in die Siebzigerjahre eine Pflichtimpfung war. Wer sich nun unsicher ist, welche Impfung für ihn geeignet und sinnvoll ist, dem rät der Mediziner Alexander Wiedemann zu einem individuellen Beratungsgespräch mit dem Hausarzt. Denn Empfehlungen hängen stark von vielen individuellen Faktoren wie Alter oder Krankheitsgeschichte ab.

Nur auf eines will der Mediziner ausdrücklich hinweisen: Sogenannte "Masernpartys" sind keine Alternative zu einer Impfung. Eltern, die ihre nicht geimpften Kinder bewusst mit akut an Masern Erkrankten zusammenbringen, um eine Ansteckung zu provozieren, hält Wiedemann für fahrlässig. Ziel solcher "Partys" sei es, eine Ansteckung herbeizuführen, so dass sich nach überstandener Erkrankung eine Immunisierung einstellt. "Das grenzt an Körperverletzung", sagt Wiedemann. Die Masern seien eine der gefürchtetsten Kinderkrankheiten, die oft bleibende Hirnschäden hervorruft. Bisher habe Wiedemann glücklicherweise keinen dieser Fälle selbst behandeln müssen. Würde er von einem solchen Fall erfahren, würde er ihn aber zur Anzeige bringen.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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