Geschichte:Katastrophe und Neuanfang

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Die Zeitschrift "Amperland" widmet sich dem Dreißigjährigen Krieg und dem prachtvollen Torhaus von Fürstenfeld

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der Dreißigjährige Krieg war die Katastrophe der frühen Neuzeit. Das Gemetzel hat auch das Brucker Land stark geprägt und kostete mehr als die Hälfte der Bevölkerung das Leben. Die Drapierung eines blutigen Machtkampfs als Religionskrieg böte Material zum Nachdenken, zumal der Mix bis heute aktuell ist. Der Beginn dieses Krieges vor 400 Jahren ist allerdings für hiesige Museen, Vereine und Kommunen kein Thema, während sonst die Erwähnung in einer mittelalterlichen Urkunde ganze Dörfer in Verzückung versetzt. Eine lobenswerte Ausnahme ist die Zeitschrift Amperland, die in ihrer neuen Ausgabe einige Beiträge veröffentlicht, die den Konflikt in Fürstenfeldbruck und Dachau behandeln. Ein weiterer Aufsatz befasst sich mit dem Torhaus von Fürstenfeld, einem repräsentativen Bau, der entstand, als sich das Kloster von den Kriegsschäden erholt hatte.

Bis 1632 war Bruck nur durch höhere Steuern und Abgaben vom großen Krieg betroffen, dann kam es knüppeldick. Der Brucker Wirtschaftshistoriker Klaus Wollenberg geht von insgesamt sechs Plünderungen aus. Es begann mit den Raubzügen der schwedischen Armee, die Bruck im Mai und Dezember heimsuchte, wobei 81 Männer und Frauen ermordet wurden. Im Dezember 1633 fielen Verbände der Reichsstadt Augsburg und der Schweden über den Ort her und kidnappten sieben Mönche, für die sie ein hohes Lösegeld erpressten. Im November 1634 waren es erneut Augsburger, die bis Bruck vorrückten und das Kloster ausraubten. Der Abt entging der Gefangenschaft, indem er in die Amper sprang und sich angeblich eine Stunde lang dort verbarg.

Allerdings bestand zwischen Freund und Feind kein großer Unterschied. Kaum waren die Schweden im Frühjahr 1632 verschwunden, rückten kaiserliche und bayerische Truppen an und nahmen den Rest. Zwischen 1634 und 1637 schleppten spanische Truppen, die München schützen sollten, pestartige Seuchen ein. Als französische und schwedische Truppen im Herbst 1646 die Donau überschritten, versuchten die Brucker sich selbst zu bewaffnen, heuerten für 100 Gulden vier Kavalleristen an und errichteten Palisaden rings um den Markt. Noch im letzten Kriegsjahr lagen Reiter und Musketiere im Ort, freundliche und feindliche Soldaten quartierten sich ein, Scharen von Verwundeten, Gefangenen und Flüchtlingen zogen durch.

Wollenberg zitiert eine Untersuchung über den heutigen östlichen Landkreis, demnach überlebte nur ein knappes Drittel der Haushalte. In Maisach etwa schrumpfte ihre Zahl von 201 (1631) auf 62 (1649). Orte wie etwa Mammendorf wurden von Einwanderern neu aufgebaut. Kritisch setzt sich Wollenberg mit der Selbstdarstellung der Schäden des Klosters auseinander. Er weist darauf hin, dass 1690 wieder ein Bargeldbestand von fast 148 000 Gulden vorhanden war. Zwar konnten die Zisterzienser die Zahl der Leibeigenen steigern, die Abgaben entrichten oder Fronarbeit leisten mussten. Trotzdem glaubt der Wirtschaftshistoriker, dass die Mönche entweder die Kriegsschäden übertrieben darstellten oder irgendwo größere Summen Bargeld hatten verstecken können. Jedenfalls war Fürstenfeld reich genug, um 1691 den Bau des barocken Prunkklosters zu starten.

Mit dem Bau des Torhauses des Klosters und seiner Geschichte hat sich Oliver Lindauer in einem weiteren Beitrag beschäftigt. Dieses Gebäude existiert bis heute, wurde aber stark verändert. Auf alten Stichen und Gemälden ist zu sehen, dass der Torbau einst von einem staatlichen Glockenturm und einer großen stehenden Gaube gekrönt war. Allerdings hatte man die Statik wohl falsch berechnet. In den Obergeschossen mussten vier zusätzliche Pfeiler eingezogen werden, 1850 wurden Turm und Gaube abgebrochen.

Das Torhaus war nicht einfach nur ein Zugang von Westen, sondern ein repräsentativer, dreigeschossiger Bau, der die Klosterökonomie überragte. Er diente dem Empfang von hochrangigen Gästen durch den Abt und hieß deshalb Fürstenbau. Im österreichischen Erbfolgekrieg zwischen 1741 und 1745 erzwangen kaiserliche Generäle dort Quartier. Von der Tordurchfahrt führte einst eine breite Treppe in repräsentative Räume im Obergeschoss. Dort finden sich bis heute wertvolle Stuckdecken und ein Kassettendeck. Die Säle wurden allerdings in späterer Zeit in kleinere Räume unterteilt und dienten zuletzt dem Stadtmuseum und dem Stadtarchiv als Büro. Lindauer beschreibt viele Details, lässt aber im Unklaren, wann genau das Torhaus errichtet wurde.

Amperland. Heimatkundliche Vierteljahresschrift für die Kreise Dachau, Freising und Fürstenfeldbruck, Heft 3, 2018, fünf Euro. Die Hefte können im Buchhandel bestellt werden.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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