Gernlinden:Verhärtete Fronten

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Simon Socher (rechts) erläutert den Abgeordneten Christian Magerl (links) und Karl Straub (zweiter von links) seine Beschwerde gegen das Landratsamt. Mit im Bild Landrat Thomas Karmasin (Vierter von links) und die Geschäftsführer Michael und Rainer Lex (rechts daneben). (Foto: Johannes Simon)

Im Außenbereich entwickelt sich in Gernlinden-Ost aus landwirtschaftlichen Betrieben eine Gewerbe- und Wohnsiedlung, was zu einem Nachbarschaftsstreit führt. Dieser beschäftigt den Petitionsausschuss des Landtags

Von Gerhard Eisenkolb, Gernlinden

Außer landwirtschaftlichen Gebäuden dürfen im Außenbereich von Kommunen normalerweise weder Wohnhäuser gebaut noch Gewerbebetriebe angesiedelt werden. Soll doch verhindert werden, dass auf diese Weise Splittersiedlungen entstehen, die erweitert werden oder sich sogar verfestigen. In Gernlinden-Ost ist im Bereich des Heuwegs seit den Sechzigerjahren jedoch genau das passiert. Aus ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieben entstand im Außenbereich etwas, was es dort ohne Bauleitplanung nicht geben sollte: ein faktisches Gewerbegebiet, mit stattlichen oder kleineren Wohn- und Siedlungshäusern dazwischen.

Diese etwas freischwebenden, ungeordneten Verhältnisse sind am Dienstagvormittag der Grund für einen Ortstermin des Petitionsausschusses des Landtags mit Anwohnern und Vertretern von Bauverwaltungen der Gemeinde und des Landratsamts gewesen. Zwei Nachbarn fühlen sich durch den Lärm einer dort seit 1967, also seit 50 Jahren, angesiedelten Messebaufirma gestört. Weshalb sie sich nach juristischen Auseinandersetzungen an den Petitionsausschuss wandten. Geduldig hörten sich die beiden Abgeordneten Christian Magerl (Grüne) und Karl Straub (CSU) die Beschwerden über die jahrzehntelange Störung der Sonn- und Feiertagsruhe, lärmende Arbeiten im Freien, den Betrieb lauter Gabelstapler und beißende Gerüche einer angeblich ungenehmigten Lackiererei an. "Jeder hat das Recht, dass Auflagen und Grenzwerte eingehalten werden", beteuerte Magerl. Auch die drei Geschäftsführer der Firma Messebau Rappenglitz erhielten bei einer Führung durch die Produktions- und Lagerhallen auf dem 12 000 Quadratmeter großen Gelände die Möglichkeit, ihre konträre Sicht der Dinge darzustellen. Die Vorwürfe wurden bestritten oder zumindest relativiert.

So erschien es den Vertretern des Petitionsausschusses durchaus plausibel, dass eine Messebaufirma zu den Terminen ihre Waren ausliefern sowie Stände auf- und abbauen muss, wie es nun mal die Planung einer Messe vorsieht. Das geht dann oft nur an den Wochenenden. Auch für die Wünsche der Anwohner, möglichst ungestört zu leben, zeigten sie Verständnis. Rechtsvorschriften seien einzuhalten, beteuerten sie mehrfach. Wobei sie auch darauf hinwiesen, dass es gewisse betriebliche Zwänge gebe und ein nachbarschaftliches Verhältnis auch ein gewisses Verständnis für den Betriebsablauf erfordere. Wie so oft bei einem Nachbarschaftsstreit, haben die Anwohner, die sich gestört fühlen, und die Firmeninhaber nicht miteinander über ihren Zwist gesprochen. Das ergaben Nachfragen von Straub und Magerl, die nach einer Kompromisslösung suchten. Sie rieten den Parteien angesichts der "komplexen Gemengelange" mit Nachdruck, aufeinander zuzugehen. "Es steigert die Lebensqualität ungemein, wenn man sich einig ist", sagte Straub. Mit diesen Worten versuchte der CSU-Abgeordnete Simon Socher, der mit Hedwig Socher die Petition eingereicht hatte, zu einem solchen Schritt zu bewegen. Socher sprach von "verhärteten Fronten" nach Jahrzehnten. Michael Lex, einer der Geschäftsführer der Messebaufirma, beteuerte: "Wir sind jederzeit zu einem Gespräch bereit." Er überreichte Socher eine Visitenkarte mit seiner Telefonnummer.

Der Maisacher Bürgermeister Hans Seidl (CSU) berichtete vom Versuch der Gemeinde, das "Durcheinander" am Heuweg zu ordnen und diesen Bereich als Mischgebiet auszuweisen, in dem neben Gewerbebetrieben auch Wohnhäuser zulässig sind. Der Versuch, den Bereich rechtlich zu ordnen, führte laut Seidl jedoch nur zu weiteren Auseinandersetzungen und zur Beendigung der Expansion der Messebaufirma mit zurzeit 70 Mitarbeitern in Gernlinden-Ost. Die Firmeninhaber spielen mit dem Gedanken, an einen anderen Standort umzuziehen, dann könnte sich auf dem frei werdenden Gelände ein anderer Betrieb ansiedeln. Wie es weiter geht, ist offen. Geschäftsführer Rainer Lex sprach von der Option, das Geschäftsmodell zu überdenken, was die Frage beinhalte, ob und wie die Firma weitermache.

Egal wie der Petitionsausschuss entscheiden wird, sein Urteil ist nicht rechtsverbindlich. "Wir können nur Hinweise geben", sagte Straub, der Landtagsausschuss respektiere die kommunale Planungshoheit, er könne aber Fehler aufzeigen.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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