Gernlinden:Am Ziel

Lesezeit: 2 min

Im September 2000 konnten im Fliegerhorst bei einem Tag des Luftsports noch Kampfflugzeuge des Typs F4-Phantom bewundert werden. Das ist jetzt vorbei. (Foto: Ossi Scheider)

Bürgerinitiative gegen Fluglärm sieht dem Ende der Fliegerei in der Kaserne entgegen - und zieht die Auflösung in Erwägung

Von Karl-Wilhelm Götte, Gernlinden

Hinter dem langen Vorstandstisch lehnt noch einmal eine der Hauptforderungen der Maisacher Bürgerinitiative gegen Fluglärm (BI) am Fliegerhorst an der Wand: "Keine Zivilflieger nach FFB" steht auf den beiden Brettern, die von zwei Latten gehalten werden, quasi als Reminiszenz an den langen Kampf der Vereinigung. Ihr Ziel hat die Bürgerinitiative nach 28 Jahren erreicht. Der Brucker Fliegerhorst wird aufgelassen. Deshalb klingt an diesem Abend im Gernlindener Bürgerhaus bei der Jahresversammlung der BI vieles nach Abschied. Möglicherweise wird der Verein, der mal tausend Mitglieder zählte, im Frühjahr 2016 aufgelöst.

"Dann machen wir ein großes Fest mit Rückschau", kündigte Vorsitzender Norman Dombo den 15 erschienen Mitgliedern an. Die Kasse des Vereins wäre dafür mit 16 653 Euro gut gefüllt. Doch stellt sich der Verein auch vor, das Geld einer anderen Bürgerinitiative mit einem ähnlichen Zweck zu überlassen. Dombo nennt das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Doch vorerst bleibt die Maisacher BI noch wachsam. Alle Vorstandsmitglieder werden turnusmäßig einstimmig wiedergewählt, so auch Dombo samt Stellvertreterin Margarita Poxleitner-Enger.

Der Maisacher SPD-Gemeinderat Norman Dombo gehört zu den Gründungsmitgliedern der BI gegen den Fluglärm am Fliegerhorst, der insbesondere die Maisacher Jahrzehnte belästigte. Als kurzer Zeit später der Verein daraus hervorging, wurde er dessen Vorsitzender. Jetzt zieht Dombo noch einmal ein Fazit der erfolgreichen Arbeit. "Wir haben durch jahrelangen ungebrochenen Widerstand dauerhafte Erfolge erzielt", bilanzierte er. "Unser größter Erfolg war die Änderung des Landesentwicklungsprogrammes (LEP), mit dem der Fliegerhorst kein genehmigungsfähiger Verkehrslandeplatz mehr ist", erklärte Dombo. Die Luftwaffe der Bundeswehr schließt ihren Brucker Standort wohl 2019.

Noch bereitet die Sportfluggruppe der Bundeswehr, die am Fliegerhorst startet und landet, der BI einiges Kopfzerbrechen. "Das sind 10 000 Flugbewegungen", teilt Dombo der Versammlung mit. Auch Ultraleichtflugzeuge würden die Landebahn benutzen. Doch damit sei Ende dieses Jahres Schluss. Die Sportflieger der Bundeswehr hätten zwar angekündigt, einen Sonderlandeplatz zu beantragen, doch dem sehe er gelassen entgegen. Der größte Teil des Grundstückes liege auf Maisacher Flur. Es müsste ein Bebauungsplan aufgestellt und ein Planfeststellungsverfahren durchgezogen werden. "Ich denke, wir können die Fliegerei als erledigt betrachten." Wie die Nachnutzung des Areals aussieht steht noch nicht fest. Bisher nutzten die Polizei und BMW mit ihrer Driving Academy Teilflächen des Geländes. BMW baue auch kleiner aus als geplant, sagt Dombo. Ob der Trab- und Zuchtpferdeverein aufs ehemalige Flugfeld umzieht, sei weiterhin unklar.

Obwohl der Flugzeuglärm vom Fliegerhorst abgenommen hat, sind die Maisacher weiterhin von viel Lärm umgeben. Das kann die BI mit ihrem Messgerät exakt nachweisen. Dombo browste im Versammlungssaal mit seinem Laptop ins Internet und zeigte die aktuellen Werte des Messgeräts. Es ist zu erkennen, dass Maisach vor allem durch die Bahnstrecke vom Lärm erheblich belastet ist. Auch nachts schnellt die Messanzeige alle 20 Minuten auf 60 und 70 Dezibel hoch. "Das Hirn blendet das aus, aber der Körper reagiert", berichtet Dombo aus eigener Erfahrung. Er vergleicht die Werte mit denen von Garching und kommt zu dem Schluss. "Wir haben auch tagsüber mehr Lärm als dort."

Dann zeigt er noch sogenannte "Flugspuren", also die Einflugschneisen der Verkehrsmaschinen zum Flughafen München. Offenbar je nach Windrichtung fliegen die Maschinen den Münchner Flughafen vom Westen oder Osten an. Vom 9. bis 13. Oktober war das ausschließlich der Westen, also über Maisach, Olching und Gröbenzell. "In 1500 Meter Höhe erzeugen die Flugzeuge bereits einen Lärmpegel von 60 Dezibel", erläuterte Dombo. Etwas mehr, also 70 Dezibel, wären da schon eine Verdopplung des Lärms. So gesehen, wäre es vielleicht doch noch etwas früh, die Bürgerinitiative schon im nächsten Jahr aufzulösen.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: