Germering:Grüner Spagat

Lesezeit: 3 min

Wie die künftige Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer Politik und Familie miteinander vereinbaren will.

Heike A. Batzer

Germering- Beate Walter-Rosenheimer war zu spät dran, ihre Kinder hatten die Neuigkeit schon über das Internet in Erfahrung gebracht: Am 1. Februar wird die Germeringerin Bundestagsabgeordnete sein. Ihre häusliche Präsenz wird dann abnehmen, nicht immer finden Heranwachsende das nachteilig. "Die Kinder kriegen sich super gut organisiert", weiß die fünffache Mutter. An der Montessori-Schule, die ihre Kinder besucht hatten, bevor sie ans Gymnasium wechselten, hätten sie "früh gelernt, selbständig zu lernen". Dennoch: Vieles muss Beate Walter-Rosenheimer neu organisieren, jetzt, da sie weiß, dass sie in drei Monaten den Platz der Grünen-Abgeordneten Christine Scheel im deutschen Bundestag einnehmen wird: ihre künftigen Aufenthalte in Berlin, ihr Wahlkreisbüro, ihre neuen Mitarbeiter, ihre Familie. Die Planung geht erst los: "Ich hatte noch gar keine Zeit zum Nachdenken."

Bei den Bundestagswahlen vor zwei Jahren hatte sie als Elfte der bayerischen Landesliste der Grünen den Einzug ins Parlament nur ganz knapp verpasst. 2013 wollte sie einen zweiten Anlauf nehmen, nun kann die 46-Jährige ihre Arbeit in der großen Politik früher beginnen. Ihr Familiennetzwerk wird ihr auch weiterhin behilflich sein bei der Organisation des Alltags. Die älteste ihrer vier Töchter ist bereits 20 und hat heuer Abitur gemacht, die nachfolgenden Mädchen sind 17, 16 und 13 Jahre alt. Das jüngste Kind ist 12, der einzige Sohn. Walter-Rosenheimers Mutter hilft regelmäßig bei der Betreuung, auch beim Vater der Kinder, von dem die 46-Jährige geschieden ist, kommen sie unter.

Der Alltag als Alleinerziehende ist für Beate Walter-Rosenheimer schon seit einigen Jahren Realität. Zwischenzeitlich bot die ausgebildete Psychologin Coaching für erwerbslose Frauen an, mittlerweile ist sie persönliche Mitarbeiterin der grünen Landtagsabgeordneten Theresa Schopper - ein Vollzeitjob. Beate Walter-Rosenheimer ist stets flexibel genug geblieben, sich auf Neues einzulassen, sie hat aber auch, wie sie selbst sagt, ein "konservatives Element". Für ihre Kinder da zu sein, war ihr deshalb immer wichtig: "Ich bin froh, dass ich Zeit für meine Kinder hatte, als sie klein waren". Sie denke gerne an damals zurück - als sie sich vormittags auch mal guten Gewissens in ein Café setzte: "Ich habe nicht ununterbrochen das Haus geschrubbt." Zu diesem Zeitpunkt absolvierte sie ihr Psychologiestudium. Begonnen hatte sie, die eigentlich Auslandskorrespondentin werden wollte und ein Zeitungsvolontariat absolviert hatte, zunächst mit einem Studium der Kommunikationswissenschaften und der Politologie.

Heute kann sie wieder größere Pläne schmieden. Ihr Wahlkreisbüro als Bundestagsabgeordnete will sie in Dachau einrichten, weil der Landkreis Fürstenfeldbruck mit den beiden grünen Landtagsabgeordneten Martin Runge und Sepp Dürr schon gut versorgt sei. Ihre bisherige politische Arbeit hatte Walter-Rosenheimer in diverse Gremien geführt: Sie, die immer Sympathisantin der Grünen war, der Partei aber erst vor acht Jahren beigetreten ist, gehörte sechs Jahre lang dem Parteirat der Grünen an, war Ortsvorsitzende in Germering und acht Jahre lang Teil des Kreisvorsitzenden-Duos im Landkreis Fürstenfeldbruck. Seit 2008 sitzt sie im Kreistag und ist dort Referentin für Gleichstellung. Auch ihre Arbeit im Vorstand des Frauennotrufs Fürstenfeldbruck führt sie weiter.

Dass Frauen vorankommen im Leben und bessere Bedingungen vorfinden, ist ihr wichtig. Sie nennt es schwierig, Frauen für die Arbeit in den Gremien zu gewinnen, und sie ahnt auch, warum: "Wir sind es dann ja, die den Spagat hinlegen müssen." Die Frauen über eine Quote zu fördern, hält sie für ein notwendiges Mittel, weil "die Freiwilligkeit gescheitert ist". Auf Frauenthemen allein aber will sich Beate Walter-Rosenheimer nicht festlegen lassen, politisch wichtig ist ihr als Grüne vor allem die Verbindung von Ökologie und Ökonomie. Die Diskussion um die dritte Startbahn am Flughafen München sei Nagelprobe dafür, "was wir in der Partei mit unseren Idealen machen", sagt Walter-Rosenheimer. Inhalte müssten den Grünen wichtiger sein als Macht: "Dann lieber in der Opposition bleiben, als kontrollierende Instanz".

Maß halten im besten Sinne also. Das gilt auch für Beate Walter-Rosenheimer. Nach Berlin will sie mit dem Zug reisen und ihre Abgeordnetentätigkeit "mit Hinweis auf meine Kinder" zunächst auf die Werktage beschränken und sich nicht auch an Wochenenden vereinnahmen lassen. Schließlich will sie weiterhin "viel Arbeit vor Ort machen". Die Begegnung mit den Menschen will sie nicht missen. Und sie geht gerne auf die Straße: "Ich liebe Wahlkampf." Ihre älteste Tochter, die gerade ein Praktikum beim grünen Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter in Berlin absolviert und gerne in der Bundeshauptstadt studieren möchte, wird sie von nun an wieder öfter treffen. Die 20-Jährige habe ihr angeboten, doch zusammen zu wohnen. Beate Walter-Rosenheimer lacht: "Ehe man sich versieht, kommt das erste Kind schon wieder zurück" Heike A. Batze r

© SZ vom 25.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: