Symbolträchtige Buchstaben an der Tür:Auf Tour mit den Heiligen Drei Königen

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"Die drei Weisen sind da, Caspar, Melchior und Balthasar": Germeringer Sternsinger machen bei Rita und Walter Müller Halt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Unterwegs mit einer Gruppe von Sternsingern durch Germering wird schnell deutlich, warum dieser religiöse Brauch noch immer beliebt ist und sogar ein immaterielles Kulturerbe darstellt.

Von Clara Dünkler, Germering

"Hier?" Fragend dreht sich Anna um. Schon bevor die Bestätigung kommt, drückt sie den Klingelknopf. Schnell schart sich der Rest der Gruppe um sie. Ein wenig nervös warten die Kinder auf Bewegung hinter der Haustür. Die fünf tragen lange Gewänder, weiße Schleier und Mäntel in Gold und Königsblau. Die Kronen auf ihren Köpfen machen kenntlich, dass es sich hier um eine besondere Gruppe handelt.

Spendendose und Weihrauchfässchen

Saskia trägt den Stern, der oben an einem Holzstab befestigt ist. Adrian hält die momentan noch leere Tasche für die Süßigkeiten fest in seinen Händen. Merle ist für die Spendendose verantwortlich und Julius schwingt das Weihrauchfässchen. Endlich wird die Haustür geöffnet. Eine ältere Frau erscheint im Rahmen. "Eins, zwei, drei", zählt Saskia. Die fünf heben an und werden unterbrochen. Die Frau lässt die Tür offenstehen, eilt ins Innere der Wohnung und ruft: "Mach schnell, die Sternsinger sind da!"

In eilig übergestreiften Pantoffeln tritt ihr Ehemann neben sie, lächelnd warten die beiden auf die Darbietung. Leise zählt Saskia erneut und diesmal ohne Unterbrechung stellen sie sich singend vor. Von weit her seien sie gekommen, immer dem Stern gefolgt und schließlich hätten sie das Jesuskind gefunden. Jetzt seien sie hier, um den Segen für dieses Jahr zu bringen. "Die drei Weisen sind da, Caspar, Melchior und Balthasar", schließt Adrian. Das sei ganz wunderbar, freuen sich die Hausbewohner.

Christus Mansionem Benedicat: Traditionell in Kreide wird der Segen mit den Buchstaben C M B auf die Haustür geschrieben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Kinder gehören zu der St.-Johannes-Bosco-Gemeinde der katholischen Stadtkirche Germering. Gemeinsam mit den Gemeinden St. Cäcilia und St. Martin organisieren Ehrenamtliche hier die internationale "Aktion des Dreikönigssingen". Eine der Helferinnen ist Katharina Koops. Seit 2015 unterstützt sie die Aktion. Gemeinsam mit Verena Ondrich begleitet sie heute die fünf Sternsinger, die als Heilige Drei Könige verkleidet sind, um die Weihnachtsbotschaft unter die Menschen zu bringen und für einen wohltätigen Zweck zu sammeln.

Koops erklärt, dass alle, die an einem Segen interessiert waren, sich zuvor in eine in den Kirchen ausgehängte Liste eintragen konnten. Der Neujahressegen werde gezielt an die dort angemeldeten Häuser verteilt. Es sei aber auch möglich, im Pfarrbüro anzurufen oder die Gruppe spontan anzusprechen. Man ist außerdem nicht geizig mit dem Segen. Auch unangemeldete Häuser, die aber einen alten Segen an der Tür haben, bekommen einen neuen Klebesegen in den Briefkasten geworfen, gemeinsam mit einer Informationsbroschüre inklusive dem Spendenaufruf.

Die Kohle für den Weihrauch wird mit einem Feuerzeug angezündet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nachdem alle Kinder ihren Teil aufgesagt haben, stellt Saskia die entscheidende Frage: "Wie hätten Sie den Segen denn gerne? Aufkleber oder mit Kreide?" Die Entscheidung fällt auf die Klebevariante. Julius, der größte der Weisen, reckt sich und befestigt gekonnt den Segen über der Haustür. Von der Jahreszahl 2023 eingeklammert, sind hier jetzt die Buchstaben C M B zu lesen. Die Abkürzung für "Christus Mansionem Benedicat", zu deutsch: Christus segne dieses Haus.

Missbilligendes Kopfschütteln

Saskia schüttelt missbilligend den Kopf. Immer mehr Menschen wollten einen Klebesegen, beschwert sie sich, dabei finde sie den mit Kreide angeschriebenen einfach schöner. Sie ist dreizehn und schon mehr als die Hälfte ihres Lebens Sternsingerin. Ihr kleiner Bruder Adrian ist mit neun Jahren zum ersten Mal richtig dabei. Er differenziert hier, denn letztes Jahr sei er nur so zum Spaß, also unverkleidet, mitgelaufen. Dieses Jahr macht er ernst und trägt Mantel und Krone so souverän wie die erfahrene Schwester. Er finde es cool Sternsinger zu sein. Nicht nur sei man mit seinen Freunden unterwegs, sondern es gebe auch eine beachtliche Menge Süßigkeiten.

Für den Segen gibt es eine Spende in die Sammelbüchse. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der nächste Halt ist bei Familie Müller. Das Ehepaar wohnt seit 27 Jahren im Ort und freut sich sehr über den Besuch der Weisen. So weit sie sich zurückerinnern, seien bis auf kurze Unterbrechungen die Sternsinger jedes Jahr bei ihnen gewesen. In Deutschland gebe es das Dreikönigssingen seit 1959, erklärt Katharina Koops. 2014 wurde die Aktion dann zum immateriellen Kulturerbe der Bundesrepublik erklärt. Bekannt ist der Brauch seit dem 16. Jahrhundert. Die 1959 eingerichtete "Aktion Dreikönigssingen" steigerte die allgemeine Verbreitung.

"Es ist wichtig, dass so eine Tradition erhalten bleibt", findet Walter Müller. Die etwas schüchterne Merle wird von den anderen nach vorne geschoben. Sie trägt noch immer die Spendendose und hat damit eine verantwortungsvolle Aufgabe. Rita Müller versucht, einen Geldschein in den schmalen Schlitz zu schieben. Doch die schon darin befindlichen Scheine erschweren das Vorhaben.

Wer sich angemeldet hat, den suchen die Germeringer Sternsinger auf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach offiziellen Zahlen des Kindermissionswerks "Die Sternsinger" und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, die beiden Träger der Aktion, seien im vergangenen Jahr bundesweit insgesamt 38 Millionen Euro Spenden gesammelt worden. Dieses Jahr sollen die Gelder an Projekte in Indonesien gehen, die sich für Kinder einsetzen, die psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind. Der Journalist Willi Weitzel, der aus der Sendung "Willi will's wissen" bekannt ist, reist als offizieller Botschafter der Aktion in die jeweiligen Zielländer. Unter dem Motto "Kinder stärken - Kinder schützen" werden Projekte vor Ort unterstützt, die sich für den Schutz von jungen Menschen einsetzen. Auf dem YouTube-Kanal "Die Sternsinger" kann seine Reise in Indonesien verfolgt werden.

Hilfsaktion von Kindern für Kinder

Durch die Pandemie konnten die Weisen aus dem Morgenland in den letzten zwei Jahren nicht persönlich zu den Germeringern nach Hause kommen. "Dadurch ist das Sternsingen in den Köpfen vieler nicht mehr gegenwärtig", bedauert Koops. Sie erhoffe sich aber, dass durch die diesjährige Präsenz auf den Straßen wieder mehr Bewusstsein für das Dreikönigssingen geschaffen werde. "Es ist die größte Hilfsaktion von Kindern für Kinder", bemerkt sie. Und das verdiene Aufmerksamkeit.

Ein Spickzettel auf dem Stern hilft den Kindern weiter, sollten sie bei ihren Texten einen Hänger haben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach zwei Stunden werden die Könige und Königinnen doch langsam müde. Sogar bei den Jüngsten fängt der Rücken an zu schmerzen und die jetzt prallgefüllte Tüte mit den Süßigkeiten wird immer schwerer. Außerdem ist die Aktion ja noch nicht vorbei. Die meisten der Kinder werden erst an diesem Freitag losziehen, denn der eigentliche Dreikönigstag ist am 6. Januar. Zu diesem Anlass sind die Sternsinger dann auch zum Gottesdienst eingeladen. "Und danach gibt es Pizza", freut sich Anna schon jetzt.

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