Gender-Mainstreaming in Fürstenfeldbruck:Herausforderung für die Amtssprache

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Ob und wie Städte und Gemeinden geschlechtergerechte Formulierungen anwenden, dürfen sie selbst entscheiden. Dementsprechend unterschiedlich ist die Praxis in den Rathäusern

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Sternchen, Schrägstrich, Binnen-I oder auch die weibliche Form von Wörtern: Kommunen sind frei darin, wie sie in Satzungen und Verlautbarungen die Geschlechter berücksichtigen. Dementsprechend unterschiedlich agieren Städte und Gemeinden im Landkreis beim Thema geschlechtergerechte Sprache. So werden in Germering männliche und weibliche Wortformen verwendet, es heißt also beispielsweise "Bürgerinnen und Bürger" oder "Besucherinnen und Besucher". Einfacher macht es sich die Kreisstadt Fürstenfeldbruck. Sie belässt es, wie die meisten anderen Kommunen auch, bei der männlichen Form, stellt ihren Satzungen aber neuerdings eine Bemerkung voran, dass die männliche Form sämtliche Geschlechter einbezieht.

Aufgegriffen hat die Brucker Verwaltung damit einen Antrag der Grünen. Die hatten während der Diskussion über die Gründung eines Umweltbeirats im vergangenen Jahr vorgeschlagen: "Für den neu geschaffenen Umweltbeirat wird die Satzung in geschlechtsneutraler Sprache verfasst." Ganz so ist es zwar nicht gekommen, denn in der Satzung des neuen Umweltbeirats ist nur von einem Vorsitzenden die Rede. Auch gibt es nur einen Stellvertreter und einen Schriftführer. Allerdings ist der Satzung eine Präambel vorangestellt worden, die besagt, dass die genannten Funktionsbezeichnungen "für alle Geschlechter in gleicher Weise" gelten.

Daran wird der amtierende Stadtrat auch nichts mehr ändern. Nach Auskunft von Stadtsprecherin Tina Rodermund-Vogl wird es dem neugewählten Stadtrat überlassen, ob er eine Regelung treffen will. In dessen erster Sitzung im Mai 2020 soll darüber diskutiert werden, ob die Stadt ihre Veröffentlichungen geschlechtergerecht formuliert.

Vorbild für eine Regelung könnte die Stadt Germering sein. Die verfügt bereits seit Herbst vergangenen Jahres über ein Bekenntnis zum Gender Mainstreaming, also zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Demnach sollen auch sämtliche Formulare, Konzepte und Satzungen auf die gleichberechtigte Nennung von Frauen überprüft und - wenn nötig - ergänzt werden. Das gilt auch für die Texte auf der Homepage der Stadt. Überdies sollen die Mitarbeiter der Verwaltung eine Handreichung zur geschlechtergerechten Sprache erhalten. Diese wird wohl auch die Einheitlichkeit der Schreibweisen zum Thema haben. Denn momentan finden sich in den Texten aus dem Germeringer Rathaus noch Paarformen, wie bei "Seniorinnen und Senioren", Sternchen, wie bei "Senior*innen" und auch Schrägstriche, wie "ein/eine Vorsitzende/r" nebeneinander im selben Text.

Sternchen, Schrägstriche und Binnen-I, beispielsweise bei Bürger-Innen, lehnt Ines Roellecke, Sprecherin des Landratsamtes ab. Solche nicht im Duden vorkommende "Erfindungen", wie sie sagt, will sie in Mitteilungen der Kreisbehörde nicht lesen. Dennoch möchte sie die Frauen in den amtlichen Veröffentlichungen, sei es auf Papier oder im Internet, ansprechen. Roellecke favorisiert deshalb bei der ersten Ansprache in einem Text die Paarform, im Folgenden verwendet sie nur noch die männliche Form. So seien auch juristische Texte besser lesbar, begründet sie ihre Entscheidung.

Auch auf die Länge von Texten hat es Einfluss, wie mit der Nennung der Geschlechter umgegangen wird. Roellecke berichtet von einem Vertragsentwurf, den sie in der Nacht vor der Unterzeichnung nochmals überarbeiten musste, weil der Vertragspartner eine Berücksichtigung der Gender-Regelungen forderte. "Der Text ist einige Seiten länger geworden", sagt Roellecke, obwohl sie der Einfachheit halber nur mit Schrägstrichen gearbeitet habe. Wie sich eine Satzung geschlechtergerecht abfassen lässt, ohne dabei länger zu werden, das zeigten Roellecke und Landrat Thomas Karmasin mit der Neuregelung der Benutzerordnung für das Freibad Mammendorf, das dem Landkreis gehört. Weil einige Kreistagsmitglieder sich an der alleinigen Erwähnung von Benutzern störten und auch von Benutzerinnen lesen wollten, ersetzte das Landratsamt kurzerhand das Wort "Benutzer" durch das Wort "Gast". Das ist zwar auch maskulin, es heißt ja der Gast, aber die weibliche Form Gästin hat dann doch niemand gefordert, wohl weil sie - obzwar laut Duden zulässig - kaum jemand benutzt.

© SZ vom 24.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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