Fürstenfeldbrucker Fußballer:Ungewisse Zukunft

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Jahre später deckt eine Betriebsprüfung auf: Zwischen 2010 bis 2013 wurde die Existenz des SC Fürstenfeldbruck aufs Spiel gesetzt. Damals ging die Gemeinnützigkeit verloren. Wie es nach dem Insolvenzantrag mit dem Verein weitergeht, ist noch unklar

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wie geht es weiter beim Sportclub Fürstenfeldbruck? Der Verein hatte am Donnerstag Insolvenzantrag gestellt. Präsident Jakob Ettner informierte am Donnerstagabend vor dem Training die erste Männermannschaft des Fußballvereins. "Das Team musste schon schlucken. Es war erst mal Totenstille", sagte ihr Trainer Michael Westermair am Freitag der SZ. Für die Mannschaft geht der Spielbetrieb zunächst weiter. "Wir können nichts tun, außer uns auf das Sportliche zu konzentrieren", sagte er noch. Sein Team liegt nach einem Drittel der Saison auf Platz sieben in der siebtklassigen Fußball-Bezirksliga Süd.

Ob der ehedem ambitionierte und stolze Verein eine Zukunft hat, wird sich in den nächsten Wochen zeigen, wenn das zuständige Amtsgericht München einen Insolvenzverwalter eingesetzt hat. Wie über jede juristische Person auch, kann auch über einen Verein ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Dann prüft das Gericht, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und genügend Masse, also Vermögen, vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, wird der Insolvenzantrag abgelehnt, der Verein wird dann aufgelöst. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, erhält ein Insolvenzverwalter das Verfügungsrecht über das Vereinsvermögen. Er muss dann die Gläubiger bedienen und dem Schuldner die Gelegenheit geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreibt vor, dass ein Vereinsvorstand im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen muss und dies nicht verzögern darf. Beim SC Fürstenfeldbruck kam es dazu, weil eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt Fürstenfeldbruck für die Jahre 2010 bis 2013 ergeben hatte, dass der SCF Steuern in Höhe von insgesamt 130 000 Euro nachzahlen muss. Sie wären vorigen Donnerstag fällig gewesen. Fragen dazu mochte das Finanzamt der SZ nicht beantworten. Der für Presseanfragen zuständige Michael Finkenzeller verwies auf das Steuergeheimnis.

Die hohen Steuernachforderungen hatten damit zu tun, dass der SCF als Folge der Betriebsprüfung für die Jahre 2010 und 2013 seine Gemeinnützigkeit und seine damit verbundenen Steuerprivilegien als Verein verlor. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Rückblick in einige Mitgliederversammlungen aus dieser Zeit. Bei der Jahreshauptversammlung im Mai 2014, in der Jakob Ettner zum neuen Vereinspräsidenten gewählt wurde, hatte der SCF-Kassenprüfer und FW-Stadtrat Georg Stockinger die Nicht-Entlastung des im Jahr zuvor wirkenden Präsidiums unter Eckart Lutzeier vorgeschlagen, weil es keine Aufstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten und kein Inventarverzeichnis gegeben habe. Die Entlastung wurde vertagt und bis heute nicht nachgeholt. Auch der von 2010 bis 2013 amtierende Vereinspräsident Siegfried Müller sollte für das Jahr 2012 zunächst nicht entlastet werden. Dann die überraschende Wende: Man habe die Unterlagen geprüft und keine Unregelmäßigkeiten für das Jahr 2012 festgestellt, erläuterte damals Ehrenpräsident Hans Hahn in der Versammlung und empfahl, Müller auch deshalb zu entlasten, weil er als großer Sponsor (seine Firma hatte zu dieser Zeit auch die Namensrechte am Stadion inne) sehr viel Geld für den Verein gegeben habe. Daraufhin stimmte die Versammlung mit knapper Mehrheit für die Entlastung. Das alles vor einer Reihe von Fürstenfeldbrucker Kommunalpolitikern, die eigens an diesem Abend in die Sportgaststätte gekommen waren. Einige von ihnen hatten zwei Jahre zuvor auch miterlebt, wie bei der Wahl des SCF-Präsidenten nicht einmal die Stimmen genau zusammengezählt wurden. Dass die Wahl der Person des Präsidenten laut Satzung geheim und schriftlich zu erfolgen habe, interessierte ebenfalls niemanden: Abgestimmt wurde über eine ganze Reihe von Vorstandsmitgliedern - inklusive Präsident - ganz salopp im Paket und per Handzeichen.

Bei der Stadt Fürstenfeldbruck hoffte man zumindest jetzt nach den Worten ihres Oberbürgermeisters Erich Raff (CSU) vom Donnerstag, dass der Sportclub noch Zeit gewinnt und versucht, den Schritt des Insolvenzantrags noch verhindern zu können. Ein "Horrorszenario" nannte Raff ein mögliches Insolvenzverfahren und verwies im Gespräch mit der SZ darauf, dass dann die Stadt 360 000 Euro verlieren würde: 200 000 Euro, mit denen sie für den Bau des Kunstrasenplatzes auf dem Sportzentrumsgelände gebürgt hatte, und 160 000 Euro, die sie vorgestreckt hatte, bis ein Darlehen des Bayerischen Landes-Sportverbandes für den SCF fließt. Eigentümer des Kunstrasenplatzes ist der SCF. Das Gelände gehört der Stadt, für dessen Instandhaltung sie dem SCF jedes Jahr knapp 100 000 Euro zahlt.

Die Insolvenz eines Vereins hatte im Landkreis schon einmal Schlagzeilen gemacht. Ende der Neunzigerjahre waren dem FC Puchheim die Kosten beim Neubau des Vereinsheims über den Kopf gewachsen. Ein anderer beachtenswerter Fall, nicht aus dem Landkreis Bruck, allerdings aus der Fußballwelt, spielte beim TSV Aindling im Landkreis Aichach-Friedberg. 2011 wurde dem Verein vorgeworfen, Finanzbehörden und Sozialkassen Gelder vorenthalten zu haben. 2015 stellte der Verein Insolvenzantrag. Dieser wurde ein Jahr später nach einem Vergleich zurückgezogen: Vier Funktionäre wurden wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrugs zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie mussten für den entstandenen Schaden aufkommen. Gemeinsam brachten sie - wie die Augsburger Allgemeine seinerzeit berichtete - etwa 500 000 Euro auf, um die Forderungen zu bedienen. Damit entgingen der Verein der Insolvenz und die Funktionäre einer Haftstrafe.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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