Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst 1972:Zum Andenken und zur Klärung

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Eine Schautafel erklärt die Abläufe des Attentats und ordnet es in den Nahost-Konflikt der Siebzigerjahre ein. (Foto: Günther Reger)

Historikerin erläutert Konzept für Erinnerungsort an das Olympia-Attentat

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Als am 5. September 1972 die palästinensische Terrororganisation "Schwarzer September" die Unterkünfte der israelischen Olympiamannschaft überfällt, bedeutet das das Ende der heiteren Spiele von München. "Das schreckliche Attentat, das letztlich auf dem Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst mit einem Blutbad endete, darf nicht in Vergessenheit geraten", mahnt die wissenschaftliche Beraterin, Angelika Schuster-Fox. Im Auftrag des Landratsamtes hat sie in Zusammenarbeit mit Projektleiterin Jutta Remsing ein Konzept für einen Erinnerungsort Olympia-Attentat 1972 entwickelt. Als authentischen Ort für dauerhaftes Andenken schlägt sie den alten Tower mit Rollfeld vor.

Mit der Aufgabe des Bundeswehrstandortes in einigen Jahren könnte man dort einen würdigen Erinnerungsort schaffen, der unter anderem für die historisch-politische Bildungsarbeit genutzt werden könne, erklärt Schuster-Fox bei einer Führung durch die 2012 gestaltete Ausstellung im Alten Tower. Oberstes Ziel sei es, die positiven Errungenschaften von Demokratie und Freiheitsgeschichte regional, national und international zu festigen. Die wissenschaftliche Beraterin deutet auch, an, dass die gesamte Tragödie noch nicht lückenlos aufgearbeitet sei und ein Erinnerungsort die Chance biete, Unklarheiten zu beseitigen. Die derzeit von Mitgliedern des Historischen Vereins für Fürstenfeldbruck und den Landkreis geführten Zeitzeugengespräche seien dabei ein wichtiger Ansatz.

Das Attentat auf die israelische Mannschaft erfolgt in den frühen Morgenstunden im Olympischen Dorf. Die Terroristen nehmen elf israelische Sportler, den Trainer und einen Kampfrichter als Geiseln. Acht Athleten können entkommen. Zwei der Geiseln werden sofort ermordet. 20 Stunden lang verhandelt ein Krisenstab mit Münchens Polizeipräsident Manfred Schreiber, Bayerns Innenminister Bruno Merk und Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, versucht, die Geiselnahme friedlich zu beenden. Ohne Erfolg.

Da im olympischen Dorf die Geiselbefreiung nicht möglich ist, folgt man dem Wunsch der Attentäter, in ein arabisches Land auszufliegen und stellt in Fürstenfeldbruck ein Flugzeug bereit. Terroristen und Geiseln lässt man am späten Abend mit Hubschraubern einfliegen. "Man erfüllte den Wunsch nur scheinbar und setzte von Anfang an darauf, in Fürstenfeldbruck die Geiseln zu befreien", sagt Schuster-Fox. Mögliche Aufnahmeländer hatten die Aufnahme der Terroristen verweigert. Vor den Augen der Verantwortlichen kommt es kurz nach Mitternacht zu einem Schusswechsel, obwohl offensichtlich niemand einen Schießbefehl gegeben hat.

Dabei werden alle Geiseln, ein deutscher Polizist und fünf Terroristen getötet. Gespräche mit Teilnehmern an der Führung zeigen, dass das Massaker auch nach 47 Jahren noch tiefe Betroffenheit auslöst. Unverständnis wird geäußert, dass bei der Befreiung nicht professioneller vorgegangen wurde. "Da war auf beiden Seiten viel Dilettantismus im Spiel", sagt Schuster-Fox. Man solle aber auch bedenken, dass man damals vieles von der heute selbstverständlichen Ausrüstung bei der Polizei noch nicht hatte und man keine Erfahrung mit so großen Attentaten hatte. Außerdem sei man lange von fünf statt von acht Terroristen ausgegangen. Dies herauszuarbeiten, wäre auch eine Aufgabe für die Gestalter des Erinnerungs-Ortes. Laut Konzept könnte man ein kulturhistorisches Leuchtturmprojekt schaffen, in dem auch die Geschichte von Israel und Palästina sowie Opferbiografien dargestellt werden.

Unter dem Motto "Ohne Erinnerung keine Zukunft" soll die Geschichte als Mahnung in Erinnerung gehalten werden. Im Alten Tower stehen im Erdgeschoss 285, im ersten Stock 210 und im zweiten Stock 150 Quadratmeter zur Verfügung. Auch das Dach mit Blick auf die Rollbahn könnte man nutzen.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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