Fürstenfeldbruck:Zwischen Traum und Albtraum

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Der vierte Jugend-Kunstwettbewerb des Landkreises bringt erstaunliche bildliche Reflexionen über die verlorene Heimat sowie die Luftschlösser der Zukunft hervor

Von Sabrina Küspert, Fürstenfeldbruck

Kunst kann ganze Kulturen verbinden. Zumindest der Austausch untereinander soll daher auch bei der Ausstellung des vierten Jugend-Kunstwettbewerbs in Fürstenfeldbruck angeregt werden. Zum Thema "Wo komme ich her - wo will ich hin?" schufen Kinder und Jugendliche aus dem Landkreis im Alter von 6 bis 21 Jahren Kunstwerke. Diese wurden in der Alten Schmiede am Kloster Fürstenfeld ausgestellt. Der Begriff Heimat wurde in den etwa 200 Arbeiten sehr unterschiedlich dargestellt - schon allein, weil zwei der drei Gewinner der 13- bis 21-Jährigen nicht aus Deutschland stammen, sondern hierher flüchteten.

"Jede Arbeit zeigt die unterschiedlichen Erfahrungen der Nachwuchskünstler. Da findet ein großer Kulturaustausch untereinander statt", meint auch Bettina Elsässer-Max von der KunstWerkstatt Fürstenfeld, die zusammen mit der Bürgerstiftung den Wettbewerb initiierte. Darum sei auch die Arbeit der 19-jährigen aus Syrien stammenden Jasmin Falek thematisch wie künstlerisch bemerkenswert. Deren Schwarz-Weiß-Malerei zeigt einen weinenden Jungen vor schwarzem Hintergrund. Auf dessen Pullover ist mit Bleistift eine Kriegslandschaft gezeichnet. Zerstörte Gebäude, rauchende Trümmer. In dieser Malerei, mit der Falek den zweiten Preis ihrer Altersgruppe gewann, hat sie ihre Erlebnisse verarbeitet. "Ich vermisse meine Heimat. Ich will keinen Krieg in Syrien", erzählt sie. In der Woche vor Wettbewerbsschluss habe sie jeden Tag eine Stunde an ihrem Bild gemalt. Ermutigt wurde sie dazu von einer Sozialpädagogin des Internationalen Bundes, der im Landkreis die Berufsintegrationsklassen der Staatlichen Berufsschule Fürstenfeldbruck unterstützt. Tatsächlich reichte nicht nur Falek, sondern auch Irshad Mohammadi eine Arbeit ein, der ebenfalls eine Brucker Berufsintegrationsklasse besucht. In seiner Arbeit bricht eine Gruppe Wildgänse durch eine Art Vorhang ins Licht aus. "Sie ziehen gemeinsam in die Freiheit", beschreibt der Nachwuchskünstler sein Werk, das mit dem dritten Preis ausgezeichnet wurde.

Der erste Preis ging dagegen an die 18-Jährige Fiona Kruschnik für ihre von der Jury als "künstlerisch perfekt" gelobte Arbeit "Part of me". Da sieht man Wahrzeichen von Weltmetropolen, übereinandergeklebte Zugfahrkarten, Zeitschriftenschnipsel und mit Holzstiften, Feinlinern und Wasserfarben bemalte Platten. Diese sechs Ebenen formen zusammen ein menschlichen Herz. Das Werk spiegle Kruschniks bisherige Erfahrungen auf Reisen und im Umgang mit Menschen wider: "Man lässt einen Teil von sich zurück, aber gewinnt auch immer etwas Neues dazu."

So abstrakt stellten also die älteren Nachwuchskünstler ihre Heimatgedanken dar. Die unter 13-Jährigen zeigten dagegen vorrangig, wo sie im Moment wohnen und wo sie einmal in den Urlaub hinfahren möchten. So auch die Schüler dreier Klassen der Grundschulen Emmering, Maisach und Alling, unter denen der erste Preis ihrer Altersgruppe gedrittelt wurde. Der 11-jährige David Wiechert zeigte jedoch in seiner mit dem zweiten Preis ausgezeichneten Arbeit, wie wohl er sich auf dem von Tieren belebten "grünen Land" fühle, "weg von der grauen Großstadt". Die Inhalte der Kunstwerke variieren also in jeder Altersgruppe stark, betont auch Elsässer-Max: "Die deutschen Schüler haben eben die Freiheit, über sich selbst nachzudenken, welche Träume sie haben, wo sie hin möchten im Leben. Sie müssen nicht erst Vergangenes verarbeiten."

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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