Fürstenfeldbruck:Zwei Liberale für Berlin

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Britta Hundesrügge und Andreas Schwarzer wollen als Direktkandidaten für die FDP in den Bundestag einziehen. (Foto: Günther Reger)

Den beiden FDP-Direktkandidaten liegt vor allem das Thema Bildung am Herzen. Das hat für beide persönliche Gründe

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Dieses Mal soll alles anders werden. 2017, das als Schicksalsjahr für so manche Partei gelten kann , soll der FDP der Wiedereinzug in den Bundestag wieder gelingen. Dass das funktionieren kann, da sind sich die Direktkandidaten der Partei für die Wahlkreise Fürstenfeldbruck und Starnberg, Andreas Schwarzer und Britta Hundesrügge, einig. "Die FDP ist anders, die Partei hat aus Fehlern gelernt", sagt Schwarzer, der bereits 2013 kandidiert hatte. "So einfache Formeln wie "Wir wollen Steuern senken" und "Mehr Netto vom Brutto" haben damals nicht funktioniert und werden auch heute nicht funktionieren. Jetzt geht es um größere Dinge". Lösungen anbieten, heißt da das Stichwort, dass die beiden mantraartig wiederholen.

Das bedeute aber keinesfalls, der AfD gleich, nach Stimmen an den politischen Rändern zu fischen, betont Hundesrügge. Vor allem nicht mit Versprechungen, die von so manchem Politiker im vollen Wissen darum gemacht werden, dass sie völlig unrealistisch sind. Etwa, wenn es um ein vermeintliches Plus an Sicherheit durch mehr Überwachung geht. "Das ist eine Phantomdiskussion", meint Hundesrügge. Und auch Schwarzer betont: "Der Staat darf den Leuten nicht vormachen, er könne Sicherheit garantieren." Ehrlichkeit wenn es um Wahlversprechen geht, dafür sprechen sich beide aus. Dass es Ängste gibt in der Bevölkerung ist beiden bewusst. Darauf einzugehen, ist ihnen wichtig. Es gebe viele Menschen, die das Gefühl haben, die Situation könne sich für sie zum Schlechteren entwickeln, meint Schwarzer. "Ich glaube auch, die AfD hat viele Wähler, die sich auf der Verlierer-Seite fühlen. Dieses Gefühl muss man ihnen nehmen", sagt er. Unausweichlich fällt das Stichwort Globalisierung. Schwarzer meint, vernichte diese mehr Arbeitsplätze, als sie schaffe, solle man sie nicht noch vorantreiben, etwa durch Freihandelsabkommen. Hundesrügge hingegen argumentiert, die Globalisierung und zugleich die Digitalisierung bergen auch Chancen. Unabhängiges und flexibles Arbeiten im Home-Office etwa, und dadurch vielleicht auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Vielen macht sie Angst", sagt Hundesrügge, "andere wissen sie zu nutzen."

Erklärtes Ziel der FDP ist es, sich um die Anliegen derer zu kümmern, die in der Mitte der Gesellschaft stehen, wie Hundesrügge sagt. "Wir möchten uns um die kümmern, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die wie ich verheiratet sind, Kinder haben, das Rückgrat der Gesellschaft sind, sich engagieren." Dennoch betont Schwarzer, dass die "Mitte der Gesellschaft" hier nicht fälschlicherweise mit einem meinungslosen Mainstream gleichgesetzt werden dürfe. "In der FDP kann sich sowohl ein Linker als auch ein Rechter gut aufgehoben fühlen. Auch jemand der ökologisch orientiert ist", sagt er. Hauptsache, das Hauptanliegen passe, nämlich der Wunsch, in Freiheit leben zu können.

Sowohl für Hundesrügge (49) als auch Schwarzer (55) besteht eine der Lösungen, die sie ihren Wählern anbieten möchten, in der Bildung. "Wir haben keine Ressourcen außer den Köpfen unserer jungen Menschen und die müssen wir ausbilden. Deshalb ist Bildung unser Fundament", sagt Hundesrügge. "Das ist der Garant dafür, dass es uns gut geht", meint auch Schwarzer. "Umgekehrt, wer aus einer Hartz-IV-Familie keine Schule besuchen kann, oder nicht gefördert wird, wird da nicht herauskommen", erklärt er. Deshalb sieht Schwarzer in der Bildung nicht weniger als den Schlüssel zur Sozialpolitik.

Bildung ist für Hundesrügge auch eng mit dem Thema funktionierender Integration verknüpft. Zwar könne man realistisch betrachtet, einen Großteil der Flüchtlinge nicht ausreichend qualifizieren, um den Fachkräftemangel abzumildern. "Aber wichtiger ist es auch, die Kinder zu fördern. Also die nächste Generation nicht in die Chancenlosigkeit laufen zu lassen", meint Hundesrügge.

Auch in Berlin will Hundesrügge, die im Gautinger Gemeinderat sitzt und Kreisrätin in Starnberg und Mitglied im Präsidium der FDP Bayern ist, das Kommunale nicht aus den Augen verlieren. "Für mich ist es wichtig, die Brücke zu schlagen, von der kommunalen Ebene zum Bund", sagt sie. Beispiele wo das möglich sei, gebe es viele. "Bei uns im Kreis haben wir gerade den Bau des neuen Gymnasiums in Herrsching verabschiedet. Wir kommunizieren gerade mit Germering wegen einer Fos/Bos. Da werden ja auch Schüler aus Starnberg nach Fürstenfeldbruck auspendeln", sagt sie und schiebt hinterher: "Wir als FDP möchten die Aufhebung des Kooperationsverbots." Denn wenn das Verbot vom Tisch sei, könne und müsse der Bund für den Bau von Schulen in allen Kommunen Geld auf den Tisch legen. "Und das ist richtig", findet sie. Schwarzer hingegen betont, er sei kein Kommunalpolitiker. "Ich sehe mich eher als Politiker fürs Ganze."

Der 49-jährigen Gautingerin liegt das Thema Bildung aus persönlichen Gründen besonders am Herzen. Bereits kurz nachdem die Journalistin und dreifache Mutter vor fast 20 Jahren nach Gauting gezogen war, gründete sie wegen des Mangels an Betreuungsplätzen eine eigene Kleinkindgruppe, später eine Elterninitiative zur Betreuung von Kindern, die keinen Kindergartenplatz bekommen hatten.

Auch Schwarzers Einsatz für bessere Bildungschancen hat einen persönlichen Hintergrund. Der 55 Jahre alte Rechtsanwalt und dreifache Familienvater hat es, wie er erklärt, der Bildungsreform der Sechziger- und Siebzigerjahre zu verdanken, dass er studieren konnte. Aufgewachsen ist Schwarzer in einer Großfamilie als jüngstes von acht Geschwistern. "Damals war ich Profiteur dieser Bildungsreform der Sozialliberalen Koalition", sagt er. Immerhin seien auch Leistungen wie das Kindergeld, und Bafög damals noch höher ausgefallen als heute.

Welche Chancen Hundesrügge und Schwarzer letztlich haben, tatsächlich in den Bundestag einzuziehen, wird sich schon am 25. März entscheiden, wenn die FDP ihre Liste zur Bundestagswahl aufstellt.

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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