Fürstenfeldbruck:Zu wenig Platz für die Seniorenresidenz

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In zweiter Reihe hinter den Häusern an der Schöngeisinger Straße war das Haus auf Stelzen und mit vier Obergeschossen geplant. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Fürstenfeldbruck lehnt geplante Einrichtung für alte Menschen mit Handicap unter Berufung auf das Baurecht ab

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es ist ähnlich wie bei Justitia. Die hat verbundene Augen, weil sie ohne Ansehen der Person ein gerechtes Urteil auf Basis der Gesetze sprechen soll. Im Fürstenfeldbrucker Planungsausschuss besteht am Mittwoch weitgehend Einigkeit, dass eine Seniorenresidenz für Menschen mit Handicap grundsätzlich eine gute Sache ist. Doch auch für ein solches Projekt gelten nun mal die Regeln des Baurechts. Und deshalb sieht Stadtbaurat Johannes Dachsel keinen Spielraum. Mit den einschlägigen Vorschriften ist der vorgelegte Antrag auf Vorbescheid der Bauwerber nicht zu vereinbaren - das mehrstöckige Haus ist viel zu mächtig und fügt sich damit nicht in die Umgebungsbebauung ein, wie es dies nach Paragraf 34 Baugesetzbuch erforderlich wäre. Einen Bebauungsplan, mit dessen Hilfe die Stadt strenger oder auch großzügiger sein könnte, gibt es für den Bereich nicht. Dachsel macht bei der Gelegenheit klar, dass es auch nicht Aufgabe der Bauverwaltung ist, dem Bauwerber eine zulässige Variante vorzuschlagen. Zu klären sei schlicht, ob das Bauprojekt zulässig ist - oder eben nicht, wie in diesem Fall.

Geplant war die Seniorenresidenz zwischen Amper und Schöngeisinger Straße auf Höhe der Hausnummer 43 im rückwärtigen Bereich. Zwölf Stellplätze sollten mit acht Wohneinheiten in Stelzenbauweise überbaut werden. Noch stehen auf dem Grundstück, das auf ausgewiesenem Überschwemmungsgebiet liegt, ein einstöckiger und ein zweistöckiger Altbau sowie hohe Bäume. Die Umgebungsbebauung im rückwärtigen Bereich würde durch das gut 14 Meter hohe Haus mit Erdgeschoss sowie vier weiteren, stufenweise zurückgesetzten Vollgeschossen deutlich überragt.

Die Stadtverwaltung spricht in ihrer Einschätzung von einem "Fremdkörper", der auch über eine Bauleitplanung nicht ermöglicht werden sollte. Der Sichtweise schlossen sich die Stadträte an, zumal es laut Zweitem Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) ohnehin "keinen Spielraum" gebe. Der Bauwerber hat nun die Möglichkeit, das Projekt zu verkleinern oder er kann versuchen, eine andere passende Stelle dafür zu suchen.

Abgelehnt wurde auch der Bau dreier Reihenhäuser in zweiter Reihe hinter dem geplanten Neubau eines Mehrfamilienhauses an der Dachauer Straße 44a. Auch hier wurde deutlich, dass die Stadt sich der Gefahr bewusst ist, Präzedenzfälle zu schaffen. Würde sie an städtebaulich als kritisch eingestuften Stellen den Bau von Häusern außerhalb vorhandener "Baulinien" beispielsweise über ein Bauleitverfahren genehmigen, dann könnte es zu einer Art Dominoeffekt kommen: Immer mehr Besitzer von Nachbargrundstücken könnten unter Berufung auf den Paragrafen 34 das gleiche Recht für sich reklamieren. Heute als wertvoll eingestufte Grünflächen in der Innenstadt könnten morgen versiegelt sein. Auf diese Weise würde das Planungsrecht als Gestaltungsinstrument der Kommunen ausgehöhlt, so die Befürchtung mancher Politiker.

© SZ vom 17.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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