Fürstenfeldbruck:Ziel 21 will 18 weitere Windräder

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Der Klimawendeverein ermuntert Städte und Gemeinden im Landkreis, die 10-H-Regelung in Eigenregie auszuhebeln. Dazu ein Pro und Contra

Von Viktoria Lack, Fürstenfeldbruck

Mit 20 Windrädern im Landkreis wäre laut dem Zentrum Innovative Energien im Landkreis Fürstenfeldbruck (Ziel 21) ein Großteil der Stromversorgung im Landkreis abgedeckt. Rund 250 Millionen Kilowattstunden könnten die Anlagen produzieren - das entspricht ungefähr dem Betrag, den die Stadtwerke Fürstenfeldbruck Jahr für Jahr für die Versorgung der Haushalte bereit stellen. Um diese Umstellung voranzutreiben, müsste bis zur geplanten Energiewende im Jahr 2030 pro Jahr mindestens ein Windrad im Landkreis errichtet werden - ein realistisches Ziel, so der Ziel-21-Fachbereich Wind bei der Mitgliederversammlung am Montagabend.

"Der Typografie im Landkreis nach zu urteilen wäre die Errichtung von 15 bis 20 weiteren Windanlagen realistisch und wirtschaftlich betreibbar", erklärt Windkraftexperte Werner Zauser. Die aktuellen Anlagen seien gut im Betrieb und es gäbe noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, Windenergie in den Landkreis zu bringen. Obwohl viele Kommunen mittlerweile aus der Erarbeitung eines gemeinsamen Teilflächennutzungsplans ausgestiegen sind, wollen sie grundsätzlich an der Nutzung der Windenergie festhalten. Statt beim Landkreis liege die Verantwortung bei der Suche nach geeigneten Standorten jetzt eben wieder bei den einzelnen Kommunen. Sie haben es in der Hand, die ungeliebte 10H-Regelung auszuhebeln. Diese legt den Abstand eines Windrads zur nächsten Wohnbebauung vor: er muss mindestens das Zehnfache seiner Höhe betragen. Wenn die Kommune per Mehrheit in Stadtrat oder Gemeinderat allerdings für die Errichtung einer Anlage stimmt, kann diese Regelung umgangen werden. "Wir müssen die Bürger mitnehmen, aber der erste Schritt geht dabei über die Gemeinde", erklärt Ziel-21-Vorsitzender Gottfried Obermair. Aus diesem Grund habe der Verein ein Team gebildet, das nach und nach alle Bürgermeister und Gemeinderäte im Landkreis "abklappern" soll, um diese von den Vorteilen solcher Windräder zu überzeugen.

Pro Ziel 21: Trippelschritte statt Stillstand

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(Foto: SZ-Grafik)

Es ist wohlfeil, einfach nur an Ziel 21 herumzunörgeln und dem Verein das absehbare Scheitern bei der Klimawende im Landkreis anzulasten. Schon wahr, eine Zwischenbilanz nach 17 Jahren fällt einigermaßen ernüchternd aus. Warum? Weil viele Menschen lieber in ihr dickes Auto statt aufs Fahrrad steigen, nicht auf die regelmäßigen Fernreisen oder Kurztrips mit dem Billigflieger verzichten wollen und ihren Seelenfrieden bei der akribischen Mülltrennung finden. Klimaschutz lässt sich nicht per Ordre de Mufti verordnen. Dass Ziel 21 nicht zuletzt bei Schulen ansetzt, wird sich auf lange Sicht auszahlen, mag sich dies auch nicht so öffentlichkeitswirksam verkaufen lassen. Dem kleinen Verein, der finanziell am Tropf des Landkreises hängt, werden die vollmundig formulierten Ziele vorgeworfen (bis 2030 keine fossilen Brennstoffe mehr im Landkreis), die er absehbar nicht erreichen wird. Doch auch hier darf die Frage gestellt werden: Sollte Ziel 21 lieber sagen, dass es ohnehin keinen Sinn macht? Sollte der Verein die Flinte ins Korn werfen, kapitulieren und sich auflösen? Damit würden die Fortschritte zunichte gemacht. Lieber Trippelschritte als Stillstand! Wem die Bilanz von Ziel 21 zu mager ist, der könnte sich ja mal an die eigene Nase fassen - und sich auch selbst mehr engagieren. Stefan Salger

Contra Ziel 21: Unbegründeter Optimismus

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(Foto: SZ-Grafik)

Optimismus ist eine sympathische Eigenschaft. Aber nur dann, wenn der Optimist seine Haltung auch begründen kann. Genau das können die Vertreter von Ziel 21 jedoch nicht. Ihr Optimismus ist deshalb einer, der die Landkreisbewohner für dumm verkauft. 18 Windräder in 13 Jahren: Wer soll das glauben? Für die ersten beiden benötigte der Landkreis eineinhalb Jahrzehnte. Die Zusammenarbeit der Kommunen in dieser Frage ist gescheitert, Landrat Thomas Karmasin duckt sich weg, die 10H-Regelung macht ein Aufstellen von Windrädern in weiten Teilen des Landkreises unmöglich. Nun sollen es einzelne Bürgermeister richten. Aber wer will sich mit Einwohnern anlegen, die mit Bürgerentscheiden drohen und in ihrem Anliegen von der Staatsregierung unterstützt werden? Dass Ziel 21 weder Namen noch konkrete Vorhaben nennen kann, zeigt nur: Zu Optimismus besteht wenig Anlass. Den gibt es statt dessen zu politischer Aktivität, denn die Klimaerwärmung geht ungebremst weiter. Warum sagt Ramona Weiß vom Ziel-21-Vorstand nicht, dass ihre Partei, die CSU, die Energiewende blockiert? Warum gibt es vom Vorsitzenden Gottfried Obermair keine Kritik an den Kreistagskollegen, die sich nicht an ihre Beschlüsse für eine zukunftsorientierte Energieversorgung halten? Andreas Ostermeier

Zwar befänden sich die meisten Kommunen noch in der Findungsphase, so Zauser, aber es seien bereits in drei Gemeinden mögliche Flächen identifiziert worden - Details und Namen will Ziel 21 noch nicht nennen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir zumindest in einer der Gemeinden vorankommen und einen Durchbruch erreichen", erklärt der Bankkaufmann aus Mammendorf. Von Zeitdruck im Hinblick auf die geplante Energiewende bis 2030 ist dabei keine Rede: "2030 ist unser Zielhorizont, da haben wir noch etwas Luft", sagt Zauser.

Besonders die Gemeinden, die bereits eine solche Anlage errichtet haben - also Mammendorf und Maisach - sind laut Ziel 21 an einem weiteren Ausbau der Windenenergienutzung interessiert. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Beteiligung der Bürger, weshalb in Maisach beispielsweise eine Art umgekehrte 10H-Regelung diskutiert wird, durch welche die Anwohner sich umso mehr finanziell beteiligen können, je geringer der Abstand ihres Hauses zu dem Windrad ist. Laut Obermair befinden sich die Energieberater in sehr guten Gesprächen mit allen interessierten Gemeinden - konkrete Pläne für weitere Windräder im Landkreis gibt es bislang allerdings noch nicht.

© SZ vom 29.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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