Fürstenfeldbruck:Zettelwirtschaft

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Seit Anfang des Jahres muss Kunden bei jedem Kauf ein Bon angeboten werden. Vor allem bei den Bäckern staut sich Ärger an, sie wollen die Kosten für den Papierverbrauch auf die Kunden umlegen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Faschingszeit ist Krapfenzeit, und gerade jetzt schmecken sie auch am besten. Wenn da nicht jedes Mal der kleine Zettel wäre, den die freundliche Bäckereifachverkäuferin dem Krapfen-Käufer aufdrängt. Sie muss das tun, auch wenn es zwischen Verkäuferin und Kunde das unausgesprochene Einvernehmen gibt, dass so ein Bon für 1,50 Euro völlig sinnlos sei. Doch der Gesetzgeber will das seit 1. Januar so, damit dem Staat nicht Steuereinnahmen verloren gehen, weil diese 1,50 vielleicht an der Ladenkasse vorbeilaufen könnten. Die Bonpflicht ist zwar weiterhin umstritten, aber ändern können die davon Betroffenen nichts. Und so wächst der Ärger.

"Den Generalverdacht, dass Bäcker über die Kasse betrügen, finde ich unverschämt", sagt Franz Höfelsauer. Der vor Kurzem gewählte Kreishandwerksmeister ist Bäckermeister, hatte Jahrzehnte eine Bäckerei hatte und stand oft genug auch selbst im Laden stand. Er könne gut nachvollziehen, wie es den Handwerkern gehe, die für jeden Kleinbetrag eine Quittung ausdrucken müssen. Der Protest gerade der Bäcker, die für jede verkaufte Breze nun dem Kunden eine Quittung drucken müssen, ist weit verbreitet. Auch bei Werner Nau, der Obermeister der Bäckerinnung: "Das ist totaler Blödsinn", sagt der Bäckermeister aus Grunertshofen. Er sehe es ja ein, dass er beim Kauf eines Pullovers einen Kassenbon bekomme, schließlich könne man damit das Produkt wieder umtauschen. Aber für eine Breze? "Die will ich doch nicht umtauschen!"

Für jeden Einkauf einen Bon, schreibt es das Gesetz seit Anfang Januar dem Handel vor. Um nicht die mit giftigen Chemikalien behandelten Papierrollen zu nehmen, verwendet ein Brucker Bioladenbesitzer mitunter eine Ökovariante. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In der Stadt Olching, wo sich die Geschäfte vom Stadtmarketing "Mein Olching" vertreten lassen, gibt es zwar keine umfassenden Beschwerden, wie die hauptamtliche Vorsitzende des Verbandes, Nadine Klinder, erklärt. Dafür aber habe es viele Rückmeldungen von Bäckern und Gastronomen wegen der ungeheuren Papierverschwendung gegeben. Denn jeder ausgedruckte Bon, den der Kunde nicht mitnehme, bleibe an der Kasse liegen. "Als außerordentliche Belastung wird die neue Regelung jedoch aktuell noch nicht empfunden, auch wenn die Umweltbelastung durch das Thermopapier durchaus dem ein oder anderen ein ungutes Gefühl bereitet", sagt Klinder.

Die "Belegausgabeverpflichtung", wie die Bonpflichtoffiziell heißt, war 2016 vom Bundestag verabschiedet worden und trat Anfang dieses Jahres in Kraft. Das Ausdrucken der Bons soll verhindern, dass elektronische Kasse manipuliert werden und vor allem soll der Betrug bei der Umsatzsteuer eingedämmt werden. Die Schätzungen etwa des Bundesrechnungshofes, sagte damals bei der Abstimmung im Bundestag der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz, gingen von fünf bis zehn Milliarden Euro jährlich an Steuerausfällen aus, die durch diesen Betrug entstehen.

Bäcker Nau ärgert, dass seinem Berufsstand unterstellt werden, "dass wir schwarz verkaufen?". Die elektronischen Kassen würden jede Tastendruck aufzeichnen und jedes Öffnen der Bargeldschublade. Dennoch habe das Finanzamt ein Interesse daran, jede Kasse einzeln prüfen zu können, sagt Nau. Wie alle anderen auch, müsse er an allen seinen Kassen zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen anbringen. Kosten: 300 bis 500 Euro pro Stück. "Das wird auf die Kunden umgelegt", sagt Nau.

Dass es nicht nur zusätzlich technischer und finanzieller Aufwand sei, sondern auch noch Papierverschwendung, bemängelt Melanie Kiss von "Bio Kiss" in Fürstenfeldbruck. Ihre Kunden kauften bewusster ein, "und sie sind genervt", weiß Kiss. Sie bereitet sich auf die nächsten technischen Auflagen vor: Die Waagen müssen mit den Kassen kommunizieren können, "alles muss gespeichert werden".

© SZ vom 24.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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