Fürstenfeldbruck:Wunderbar erfüllt

Lesezeit: 2 min

Pianist Dinis Schemann überzeugt

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Der Pianist Dinis Schemann passt nicht ins gängige Schema eines erfolgreichen Pianisten. Wer sich heute im Konzertleben etablieren will, nimmt an möglichst vielen Wettbewerben teil und kann dann auf den Gewinn entsprechender Preise verweisen. Schemann hat nie an Wettbewerben teilgenommen. In Zeiten überall schwindender Besucherzahlen bei Klassik-Konzerten gründete Schemann zusammen mit seiner Frau Susanne an sieben Orten in Deutschland Konzertreihen, die sich entgegen dem Trend erfreulicher Zuhörerzahlen erfreuen.

Der voll besetzte Stadtsaal bei der "Fürstenfelder Konzertreihe", die derzeit in der 15. Saison stattfindet, ist hier ein klares Signal. Auch der "Fürstenfelder Klaviersommer", der mit drei Abenden im Juni und Juli dieses Jahres im Stadtsaal erstmals unter der künstlerischen Leitung des Ehepaares Schemann angeboten wird, könnte sich zu einem Erfolg entwickeln.

Bei seinem Klavierabend am Samstag im Stadtsaal mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Frédéric Chopin bewies Dinis Schemann, dass er auch interpretatorisch nicht auf gängige Muster setzt, sondern seinen eigenen Weg zur Musik sucht. Mit Mozarts Klaviersonate in F-Dur KV 332 eröffnete Schemann sein Recital. Im Allegro-Kopfsatz wählte er ein stimmiges, gut fließendes Tempo. Schemann artikulierte größere Spannungsbögen und ging über viele kleinere Einheiten der Binnendifferenzierung hinweg. Dadurch erhielt der Satz eine klar durchhörbare, klassische Strukturierung und war mit einer formalen Klammer gefasst. Andere Pianisten gehen eher von der Idee der Empfindsamkeit aus und leuchten jeden Ton individuell aus. Gegen Ende nahm das Vorwärtsdrängen etwas zu - man hätte sich etwas mehr Ruhe und einen organischeren Fluss gewünscht.

Das langsame Tempo des Adagio-Satzes war als wunderbar erfüllte Zeit zu erleben. Die Oberstimmenführung und die sehr genau genommene Phrasierung ermöglichten ein Hineinversenken in die Linie und den Klang. Ganz im Gegensatz dazu stand das Finale (Allegro assai), dessen Brillanz in den herabstürzenden Tonkaskaden den Satz eröffnete und zugleich einführte in den spielerisch-perlenden Tonfall. Hier war stets die Zielperspektive klanglich offensichtlich, was etwas zu Lasten der gerade erklingenden Phrase ging.

Besonders überzeugend gelang Dinis Schemann der Adagio-Eingangssatz in Beethovens Sonate op. 27 Nr. 2, der für den Beinamen "Mondscheinsonate" verantwortlich ist. Die konstante Triolenbewegung in der Mittelstimme bildete eine zuverlässige Basis für die führenden Stimmen in Bass und Diskant. Der dialogische Charakter in weicher Tongebung war dabei verantwortlich für die träumerische Atmosphäre. Nach der Pause gab es ausschließlich Werke von Frédéric Chopin. Die beiden Polonaisen aus op. 40 hatten, und das trotz des satten Klangs, jene tänzerische Eleganz, die für sie kennzeichnend ist. Als Gegenpole positionierte der Pianist zwei Etüden: Rauschende, virtuose Arpeggien in op. 25 Nr. 12 stellte er der fantasievollen Klangstudie in op. 25 Nr. 7 gegenüber. Im Scherzo b-Moll waren solche Gegensätze auf engem Raum verzahnt, eingebunden in abwechslungsreiche Dynamik und gut ausbalancierte Akkorde.

In einem weiteren Punkt entzieht sich Schemann der ungeschriebenen Konvention: Üblicherweise spielen Pianisten ihre Werke auswendig. Diese Tradition gibt es, außer bei Solokonzerten, sonst bei keinem anderen Instrument. Schemann spielt nach Noten, weil die Qualität des Vortrags nicht an das Auswendigspiel gekoppelt ist. Das Publikum war begeistert und forderte (erfolgreich) noch zwei Chopin-Etüden als Zugaben.

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: