Fürstenfeldbruck:Wogen geglättet

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Amtsrichter stellt Verfahren wegen falscher Verdächtigung ein

Eine quengelnde Einjährige, die im Trubel des Brucker Altstadtfestes seiner Mutter ausbüxen will, und deren heftig zerstrittenen, da erst kürzlich voneinander getrennten Eltern bilden den Rahmen einer Handlung, die die beiden Erwachsenen nun vor das Brucker Amtsgericht führt. Auf der Anklagebank sitzt der Vater des inzwischen zwei Jahre alten Mädchens, ein 51 Jahre alter Koch aus Fürstenfeldbruck. Die Staatsanwaltschaft legt ihm falsche Verdächtigung zur Last. Denn er hatte nach dem angeblichen Vorfall auf dem Altstadtfest die Kindsmutter wegen Körperverletzung bei der Polizei angezeigt. Weil dieser Vorwurf aber aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht bewiesen werden konnte, ist er nun der Angeklagte. Für den Vorsitzenden Richter am Amtsgericht stellt sich die Situation jedoch nicht so eindeutig dar, weshalb er das Verfahren schließlich einstellt.

Auch vor Gericht bleibt der Koch bei seiner Darstellung. Die Mutter seiner Tochter habe der Kleinen auf dem Altstadtfest im Juli zwei Watschn gegeben, beteuert der Angeklagte. Dabei wird ihm sein Anwalt ganz genau erläutert haben, dass er bei einer Verurteilung mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen muss. Und die Tatsache, dass der Brucker im November von einem Richter am Amtsgericht wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz - offenbar hatte er sich der Kindsmutter mehr genähert, als es ihr lieb war - zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt worden war, würde sich sicherlich nicht mildernd auf die neue Strafe auswirken.

Die 36 Jahre alte Kindsmutter überlegt zunächst lange, ob sie ihren Ex im April oder Juli getroffen hat. Bis sie bestätigt: "Es war im Juli." Sie berichtet, dass es voll war auf dem Altstadtfest. Es habe viel Gedränge gegeben, "das Kind hat gezickt", so dass sie es mit Nachdruck im Kinderwagen angeschnallt habe. Dann sei auch schon der Angeklagte da gewesen. Er habe ihr vorgeworfen, die Kleine gewatscht zu haben. Das freilich habe sie nicht, unterstreicht sie in der Verhandlung. Und fügt hinzu: "Aber er war auch stark betrunken." Der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer fragt nach, weshalb der Angeklagte so unvermittelt mit der Bitte angekommen sei, das Kind nicht zu schlagen, wenn es dafür keinen Grund gegeben habe. Die Zeugin verweist auf die Verurteilung gegen das Gewaltschutzgesetz: dafür habe er sich wohl rächen wollen. "Davon wusste der Angeklagte im Juli noch gar nichts", widerspricht der Richter.

Als sich der Staatsanwalt die Situation erneut und ganz detailliert von der 36-Jährigen schildern lässt, stellt sich schließlich heraus, dass ihr ihre Tochter damals beinahe davon gelaufen wäre. Sie hatte sich bereits von der Hand der 36-Jährigen losgerissen, woraufhin sie ihre Tochter wieder einfangen musste und das Kind im Kinderwagen anschnallte.

"Es könnte schon sein, dass ihr die Hand ausgerutscht ist", kommentiert Steigmayer. Und schließt sich damit der Anregung des Verteidigers an, dieses Verfahren im Hinblick auf die viermonatige Haftstrafe einzustellen. Auch der Staatsanwalt willigt nun in eine Einstellung des Verfahrens ein - nachdem er vor Prozessbeginn diese Bitte noch kategorisch abgelehnt hatte.

© SZ vom 23.04.2016 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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