Fürstenfeldbruck:Widersprüche und Bürokratie

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Matthias Pfau klärt auf Einladung der Brucker Mittelstandsunion über das Thema auf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Mittelstandsunion empört sich über das Durcheinander im Umgang mit Dieselfahrzeugen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wohin mit dem Diesel? Weggeben? Verschrotten? Oder weiterfahren? "Die Leute sind verunsichert", sagt Markus Droth, Kreisvorsitzender der Mittelstandsunion (MU) und CSU-Stadtrat in Fürstenfeldbruck. In Berlin gebe es einen Diesel-Gipfel nach dem anderen, dennoch wüssten die Menschen nicht, was sie nun tun sollten. Deshalb lud die MU den Fachmann Matthias Pfau ein, der sich als Kfz-Meister und technischer Betriebswirt vorstellt und als technischer Betriebsberater für den Landesinnungsverband des bayerischen Kraftfahrzeugtechnikerverbandes tätig ist. Nur knapp 20 Besucher, mutmaßlich allesamt Dieselfahrer, kommen dafür ins Brauhaus Bruck. Droth zeigt sich enttäuscht ob der spärlichen Resonanz.

Pfau aber bestätigt fortan, was die Besucher schon vermuten: dass sich im nationalen Umgang infolge des Dieselskandals jede Menge Widersprüche offenbaren und viel bürokratischer Wirrwarr entstanden ist. Es würde nur noch von Feinstaub und Stickoxiden gesprochen und der Schadstoff Kohlendioxid (CO₂) weitgehend außen vor gelassen, sagt Pfau. Doch der Dieselmotor habe einen besseren Heizwert, deshalb weniger Verbrauch und auch weniger CO₂-Ausstoß. Die Zahl der Dieselfahrzeuge hat Pfau zufolge in Deutschland in der Dekade zwischen 2009 und 2018 enorm zugenommen, um fünf Millionen auf nunmehr 15 Millionen. Die Zahl der zugelassenen Benziner liege konstant bei 30 Millionen Fahrzeugen.

Pfau hat Grafiken aus dem Umweltbundesamt in seine Präsentation eingebaut. Damit will er zeigen, wie die Belastungen durch die Luftschadstoffe Feinstaub, Stickstoffdioxid und Ozon in Deutschland in den Jahresmittelwerten zwischen 2000 und 2016 zurückgegangen sind. Maßnahmen wie die Einführung des geregelten Katalysators oder von Partikelfiltern "haben alle was gebracht, die Luft ist besser geworden", resümiert Pfau, der über sich selbst sagt, er sei kein Grüner, habe aber sein Haus ökologisch umgebaut. Er erlaubt sich die Frage, warum man "solche Bilder" wie jene Grafiken nicht im Fernsehen sehe und "warum nur auf dem Diesel rumgehackt wird"?

Eine Nachrüstung von Dieselfahrzeugen mit einem sogenannten SCR-Kat kann seiner Meinung nach Sinn machen, aber nur "für Vielfahrer und im Stadtbereich, für Wenigfahrer rentiert sich der Umbau nicht". Man müsse berücksichtigen, dass Emissionen auch bei Produktion und Entsorgung von Fahrzeugen anfielen: "Alte Autos wegschmeißen oder abwracken macht deshalb nichts besser." Daran würden nur viele verdienen.

Also nachrüsten? Für Privatautos gebe es dafür keine finanzielle Förderung, stellt Pfau klar, wohl aber für gewerbliche Fahrzeuge. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail: Die Hardware lässt auf sich warten, während die Förderzeiträume in wenigen Monaten auslaufen. Auch gibt es Förderung nur in bestimmten Städten oder mit komplizierten Antragsdetails, einzureichen bei der Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen. "Die Förderung ist nicht einfach zu bekommen", sagt der Referent. Seine Schlussfolgerung: "Ich sehe fast System dahinter, dass man etwas nicht will." Von Herstellern wie Daimler gebe es nur Zuschüsse für Fahrzeuge, die vor dem 2.10.2018 auf den Halter zugelassen worden seien, und dies auch nur in Schwerpunktregionen. Für auffällig hält er, dass darunter viele Städte aus Baden-Württemberg seien, auch "ein Minidorf wie Backnang auf der Schwäbischen Alb". Auch würde aus einem nachgerüsteten Euro-5-Diesel kein Euro-6-Standard, zudem steige der Kraftstoffverbrauch nach der Umrüstung an, betont der Fachmann. "Wenn ich dann kein Euro 6 bekomme, nutzt die Nachrüstung doch nichts", empört sich daraufhin ein Besucher. Dass man möglicherweise mit einer Kennzeichenerkennung überprüfen wolle, wer wo fahren darf, statt das "etablierte System" der grünen Plakette über eine blaue Plakette fortzuführen, reiht Pfau ebenfalls in die Eigentümlichkeiten der Dieseldiskussion ein.

Auch der Brucker CSU-Kommunalpolitiker Markus Droth war ob des Gehörten nicht zufrieden mit der Politik. Ob dies das Scheuer-Ministerium (der Bundesverkehrsministerium, d. Red.) festgelegt habe, will er bei den Förderdetails wissen, und das Wort "Wahnsinn!" entfährt ihm. "Jetzt weiß ich, warum sich die Abgeordneten heute haben entschuldigen lassen", sagt er am Ende der Veranstaltung. Droths Fazit: Mit dem Euro-4-Diesel bei niedrigen Kilometerleistungen weiterfahren und mit dem öffentlichen Nahverkehr in die Stadt. Und Euro-6-Diesel könne man guten Gewissens kaufen. Die seien derzeit so billig, ergänzt Pfau, "weil die Leute verunsichert sind".

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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