Fürstenfeldbruck:Wetterfühlige Mahner

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Unterschreiben für mehr Umweltbewusstsein kann man am Infostand zur Klimakonferenz in Paris. (Foto: Günther Reger)

Am Brucker Info-Stand zum Klimagipfel in Paris

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Die Klima funktioniert offensichtlich an diesem Samstagvormittag auf dem Brucker Bauernmarkt jahreszeitgerecht. Draußen fallen Schneeflocken, und die unwirtliche nasse Kälte treibt die Menschen in den Fürstenfelder Stadl. "Das ist das Wetter und nicht das Klima", sagt Gudrun Januschke-Ende am Informationsstand von Agenda 21, der Bauernquelle und des Nord-Süd-Forums, die vor Beginn der Weltklimakonferenz an diesem Montag in Paris die Frauen und Männer beim Einkaufen im Bauernmarkt für dieses Thema sensibilisieren wollten.

Einige Kunden unterbrechen dann auch ihre Einkäufe und diskutieren am Stand mit. Es gibt viel Zustimmung zum Anliegen der Aktivisten. "Diese Weihnachtslichterketten an den Häusern finde ich pervers", stellt Angelika Schmid aus Emmering nachdrücklich fest. Schmid empört sich über diese Energieverschwendung: "Da werden Lichterketten nicht nur über Häuser gelegt, sondern auch über die Straße rüber." Sie komme auf den Bauernmarkt, um regionale Produkte zu kaufen. Fleisch esse sie nur noch einmal in der Woche, Wurst habe sie schon ganz aus ihrem Speiseplan gestrichen.

Das hört Metzgermeister Engelbert Jais, der auf den Bauernmarkt Fleisch und Wurst verkauft, nicht so gerne. Von Richard Bartels aus Fürstenfeldbruck, dem Leiter von Slow-Food im Fünf-Seen-Land, bekommt Jais am Klimastand sogar noch eine Karte mit dessen niedergeschriebenen persönlichen Energiesparziel überreicht, auf der er im Interesse des Klimas zu weniger Fleischkonsum aufruft. "Ein Drittel weniger Fleisch essen und dem Erzeuger das Dreifache zahlen", hat Bartels aufgeschrieben. Das überzeugt Jais nicht so sehr. Dafür kann er aus seinem Heimatort Luttenwang berichten, dass er seit drei Jahren keine 12 000 Liter Heizöl pro Jahr mehr verbrenne. "Jetzt sind wir und weitere 40 Häuser an das Fernwärmenetz einer Biogasanlage angeschlossen", berichtet Jais zufrieden, dass er auf regenerative Energie umgestiegen ist.

Unterdessen animieren Walter Ulbrich vom Brucker Nord-Süd-Forum und der Puchheimer Landwirt und Kommunalpolitiker Max Keil von der Bauernquelle die Besucher im gut besuchten Bauernmarkt am Klimastand zu weiteren schriftlichen Energievorsätzen. "Nur noch mit dem Bus nach Bruck fahren", hat jemand angeheftet. Und nochmal eine Karte: "Weniger Fleisch essen." Keil schmunzelt: "Als Geschäftsführer vom Schlachthof sollte ich das nicht propagieren." Er nimmt es gelassen. "Wir Landwirte sind auch die Leidtragenden des Klimawandels", so Keil. Der vergangene Sommer sei der heißeste in der Geschichte gewesen. "Das Getreide war notreif und die Kartoffel- und Gemüseernte nicht sehr ertragreich", erläutert Keil.

Auch Ulbrich rennt bei vielen Besuchern offene Türen ein, als er über die Bedrohung der Menschheit durch den Klimawandel referiert. Inzwischen ist der Puchheimer 71 Jahre alt, aber immer noch unterwegs bei Klima- und Hilfsprojekten in aller Welt. Zuletzt war Ulbrich in Brasilien, wo das Brucker Nord-Süd-Forum Kleinbauern in der dortigen Trockenzone unterstützt, Zisternen zu bauen, um damit ihr Land zu bewässern. Er hofft, dass die 196 Staaten in Paris ein Abkommen hinbekommen, das den CO₂-Ausstoß so begrenzt, dass der Anstieg des Meeresspiegels möglichst dezent ausfällt. Ulbrichs Argument: "20 Prozent der Weltbevölkerung sind bedroht, weil sie in der Nähe von Küsten wohnen."

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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