Fürstenfeldbruck:Wer arbeitet, bleibt länger

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Claudia Baubkus ist Geschäftsführerin des Jobcenters Bruck. (Foto: Matthias F. Döring)

Die Geschäftsführerin ist überzeugt, dass es sich lohnt, Flüchtlinge zu Fachkräften auszubilden

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Wer als Flüchtling arbeitet, gilt als integriert. Zumindest nach der offiziellen Definition der Bundesagentur für Arbeit. Darauf weist Claudia Baubkus hin, die das Jobcenter in Fürstenfeldbruck leitet. Laut der offiziellen Statistik des Jobcenters gelten im Landkreis nach dieser Definition inzwischen 39,8 Prozent der anerkannten Flüchtlinge als integriert, weil sie zumindest zeitweise arbeiten. Das Jobcenter ist die gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und des Landkreises, die Arbeitssuchenden Sozialleistungen zur Grundsicherung gewährt, diese betreut und mit Sprachkursen und Qualifizierungsmaßnahmen an die Aufnahme einer Beschäftigung heranführt.

Zum Personenkreis der vom Jobcenter Betreuten zählen unter den Hartz-IV-Empfängern auch 958 "erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Kontext von Fluchtmigration". So lautet die offizielle Bezeichnung für anerkannte Flüchtlinge und Schutzberechtigte oder geduldete Ausländer nach dem positiven Abschluss ihres Asylverfahrens, was eine Arbeitsberechtigung beinhaltet. Bei diesen Berechtigten handelt es sich meist um junge Männer im Alter von 30 Jahren. 381 von ihnen oder 40 Prozent gehen einer Beschäftigung nach, wenn auch nicht immer in Vollzeit. Die meisten von ihnen, nämlich 322, haben sogar ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Das heißt sie zahlen in Sozialkassen ein. Etwa zehn Prozent sind als Selbständige tätig, von denen ein Teil ergänzende Sozialleistungen erhält, da sie noch nicht ihren ganzen Lebensunterhalt selbst bestreiten.

Die meisten arbeiten im Reinigungsbereich und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Angelernte Arbeitskräfte sind eher selten, da es nicht das Ziel des Jobcenters ist, schnell und damit ohne solide Berufsausbildung in prekäre Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Ebenso gehören höher Qualifizierte zur Ausnahme, der Anteil an Akademikern ist gering. Gesucht wird laut Claudia Baubkus die Beständigkeit. Wer einen Arbeitsplatz findet, bleibt für längere Zeit. Länger dauert auch der Integrationsprozess. Die Leiterin des Jobcenters vergleicht Integration durch Arbeit mit einem mehrere Jahre dauernden Langlauf. Das sei kein Sprint, sagt sie. Der Aufwand, Flüchtlinge über die Ausbildung zu Fachkräften zu machen, lohne sich aber für die Gesellschaft. Zudem benötige die Wirtschaft Arbeitskräfte.

Landrat Thomas Karmasin sieht die Arbeitssituation der anerkannten Flüchtlinge nicht so positiv wie Claudia Baubkus. Nach Karmasins Einschätzung gehen nur zehn bis 15 Prozent der Schutzsuchenden einer Beschäftigung nach. Er räumt aber ein, dass es sich hierbei um eine "politische Einschätzung" und keine amtliche Aussage handle. Flüchtlinge, die vor dem Abschluss ihres Asylverfahrens arbeiten wollen, benötigen eine Genehmigung des Landratsamts. Im ersten Halbjahr 2019 genehmigte das Landratsamt 101 Mal Migranten eine Erwerbstätigkeit, 117 Mal wurde dies abgelehnt. Ausbildungsduldung wurde keine einzige erteilt. 2018 erhielten 101 Flüchtlinge eine Arbeitsgenehmigung, 314 eine Ablehnung, in 20 Fällen wurde die Aufnahme einer Ausbildung befürwortet, in 17 Fällen verweigert. Auf den Vorwurf von Asylhelfern, er vertrete bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen eine restriktive Linie, reagiert der Landrat mit dem Hinweis, es gebe Regelungen und gesetzliche Arbeitsverbote. Daran halte er sich.

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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