Fürstenfeldbruck:Welt-Weihnacht

Lesezeit: 3 min

Etwa 600 Bewohner der Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst folgen der Einladung des Asylhelferkreises und verbringen bei Livemusik gemeinsam mit Vertretern der Stadt ein paar unbeschwerte Stunden

Von Moritz Glas, Fürstenfeldbruck

Der große Kantinenraum ist am Montagabend gefüllt mit grauen Tischen. Auf jedem steht ein großer Fünfliterkanister Wasser, daneben eine kleine Packung Lebkuchen. Zudem wird Punsch in kleinen Plastikbechern ausgeschenkt. Das muss vorerst reichen für die Stimmung auf der Weihnachtsfeier in der Erstaufnahme-Unterkunft für Asylbewerber am Brucker Fliegerhorst. "Wir wollten überhaupt keine christlich angehauchte Weihnachtsfete veranstalten", bestätigt Dirk Hasenjaeger, Mitorganisator und Leiter der Sportgruppen. Einen religiösen Charakter soll es schon allein deshalb nicht geben, weil viele Bewohner nicht dem christlichen Glauben anhängen. Viele sind Muslime, und auch für sie soll diese Feier sein. Der Abend soll Ablenkung im meist tristen Alltag bieten. Man wolle das "friedliche Miteinander" fördern, sagt Hasenjaeger. Eine Andacht oder gar ein Gottesdienst waren nie geplant. Es ist die dritte Weihnachtsfeier in der Erstaufnahmestelle, 600 der etwa tausend Bewohner sind zu der Veranstaltung gekommen, die von Stadt und Kirche finanziell unterstützt worden ist. "Die Feier ist toll und die Musik ist gut. Ich bin dankbar und freue mich sehr, hier zu sein", sagt ein junger Mann aus dem westafrikanischen Senegal. Ein älterer Senegalese bedankt sich vor allem für die Lebkuchen und den Punsch. Dabei gilt sein Dank natürlich vor allem dem AEZ-Einkaufszentrum, das Lebkuchen im Wert von mehreren hundert Euro spendiert hat.

Die Blasmusiker vom "Hattenhofer Blech" sorgen mit einigen weihnachtlichen Klassikern wie "O du fröhliche" für die musikalische Einstimmung. Zwei Dolmetscher übersetzen die Grußworte ins Englische, Französische und ins persische Fārsī, das in Afghanistan verbreitet ist. Alle Redner fassen sich kurz, denn an diesem Abend soll es hauptsächlich um Musik und das gesellige Miteinander gehen.

"Sie sind alle in ein Land gekommen, das überwiegend christlich geprägt ist", sagt Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff. Weihnachten als eines der wichtigsten Feste in dieser Kultur stehe nun vor der Tür, "und wir wollen euch das Ganze mit Musik, Essen und Getränken ein bisschen näher bringen". Integrationsreferent Willi Dräxler sieht das sehr ähnlich: "Weihnachten ist ein Symbol für Feiern. Und genau das wollen wir heute Abend hier machen". Dräxler arbeitet als Referent für Integration eng mit dem Asylhelferkreis zusammen und ist so etwas wie ein Stammgast in der seit Herbst 2014 bestehenden Unterkunft. "Besonderer Dank gilt natürlich auch den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern, ohne die eine Veranstaltung wie diese nicht möglich gewesen wäre", fügt der Stadtrat noch hinzu. Dieses Engagement sollte an diesem Abend aber nicht das letzte Mal erwähnt werden.

Die Besucher freuen sich sichtlich über das vielfältige musikalische Programm. Eine ganze Palette unterschiedlicher Künstler hat für die Veranstaltung zugesagt. Als die Jazzband "Deadful Greats" auftritt, nutzen vor allem viele Kinder die Gelegenheit, um ausgelassen vor der Bühne zu tanzen und zu spielen. Andere inspizieren eingehend diese für sie manchmal seltsamen Instrumente. Dass die Musiker gerade auf diesen spielen, stört die Kleinen dabei nicht. Wohl aber manchen Musiker, der sich aber letztlich ein Schmunzeln über den unterschrockenen Nachwuchs nicht verkneifen kann. So haben einige der Eltern alle Hände voll zu tun, die Kinder wieder einzufangen. Ein Bub darf in der Pause dann aber sogar das Schlagzeug ausprobieren. Das Highlight der Feier für die erwachsenen Besucher ist der Auftritt der senegalesischen Trommelgruppe Diappo. "Natürlich, das ist genau ihre Musik", sagt Hasenjaeger. Die meisten Flüchtlinge in der Erstaufnahme-Unterkunft sind nun einmal aus Afrika". Die Trommelgruppe hat durch ihre zahlreichen Auftritte im Landkreis schon eine gewisse Berühmtheit erlangt. Zum Abschluss gibt es noch einen "Open Space" für alle Musiker. Jeder der Anwesenden kann dabei selbst für musikalische Unterhaltung sorgen. Auch diese Möglichkeit wird von mehreren Gästen gerne wahrgenommen.

Nach der Feier ziehen die Organisatoren eine durchwegs positive Bilanz. "Der Abend war ein Erfolg. Wir wollten eine gemeinsame schöne Feier organisieren, die für alle Leute gleichermaßen funktioniert. Dieses Ziel wurde erreicht", resümiert Dirk Hasenjaeger. Vielleicht war der Abend sogar ein kleiner Lichtblick an diesem sonst von so schrecklichen Ereignissen gezeichneten Tag", meint er mit Blick auf die Ereignisse in Berlin, Zürich und Ankara. Auf die sind die Helfer an dem unbeschwerten Abend ganz bewusst nicht eingegangen.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: