Fürstenfeldbruck:Wasser und Luft

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1000 Zuschauer wollen in der Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck ein Handballspiel gegen die Rhein-Neckar-Löwen sehen. Weil es in der Sportstätte noch heißer ist als draußen, macht sich auch der Oberbürgermeister um die Getränkeversorgung verdient

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Star der Halbzeitpause ist ein Überdrucklüfter. Von draußen soll er Frischluft ins Innere der Wittelsbacher Halle pumpen. Es ist ein Versuch. Stephan Lohde, der an diesem Pokalabend einen der Hallensprecher gibt, hat das Gerät organisiert. Lohde ist auch bei der Feuerwehr. Dort verwenden sie diese Technik, um Gebäude nach Bränden rauchfrei zu bekommen. Der Lüfter hat ein Gebläse, und ist man nah genug dran, spürt man eine kräftige, kühle Brise. Inwieweit das allgemeine Erleichterung bringt an diesem brütend heißen Sommertag, ist schwer einzuschätzen und wohl vom jeweiligen Standort abhängig. Zwei Halbfinalspiele im DHB-Pokal soll die Wittelsbacher Halle an diesem Tag sehen, beim Betreten der Sportstätte wähnt man sich einer unsichtbaren Wand aus stehender, heißer Luft gegenüber. Drinnen kleben um die 1000 Handballfreunde beinahe aneinander, mehr gehen und mehr dürfen nicht rein.

Kraftvoll zur Weltklasse: Jannik Kohlbacher (vorne) von den Rhein-Neckar Löwen im Duell mit Matthias Hild vom TuS Fürstenfeldbruck. (Foto: Günther Reger)

Das Interesse ist riesig, es gibt nicht viele Gelegenheiten in Südbayern, einen Handball-Bundesligisten live zu sehen. Noch dazu einen vom Format der Rhein-Neckar-Löwen: amtierender DHB-Pokalsieger, deutscher Meister 2016 und 2017, in diesem Jahr Vizemeister, eine internationale Bestenauswahl. Diese erste DHB-Pokalrunde wird im Final-Four-Modus ausgetragen, die Rhein-Neckar-Löwen bestreiten am Samstagabend eines der beiden Halbfinals gegen den TuS Fürstenfeldbruck (43:19). Die meisten Zuschauer aber sind schon drei Stunden vorher da, als die beiden Zweitligisten TV Hüttenberg und HC Elbflorenz Dresden ihren Finalteilnehmer ausspielen (29:26), und wollen sich die besten Plätze sichern. Auch ehemalige TuS-Handballer sind gekommen: Harald Michaeler, Max Gutsche, Ralf Tessmann, auch Peter Feddern, der Trainer, der die Brucker zum ersten und bislang einzigen Mal in die zweite Bundesliga geführt hatte. 25 Jahre ist das jetzt her.

Alexander Petersson, einer der vielen Stars bei den Rhein-Neckar-Löwen, beim Signieren. (Foto: Günther Reger)

Seit Wochen ist die Partie trotz der Sommerferien ausverkauft. Die einzigen, die mit ihrer Zuschauerrolle hadern, sind die Langzeitverletzten unter den TuS-Spielern "Es tut weh, draußen stehen zu müssen," sagt Sebastian Meinzer, der in einem Trainingsspiel einen Innenband- und Innenmeniskusriss erlitten hat und viele Wochen ausfällt. Schon in der vorigen Saison hatte er ein Viertel aller Spiele verletzungsbedingt verpasst, nun wieder. Während er die Kollegen beobachtet, sagt er: "Ich habe das jetzt unter Pech abgehakt."

Handball-Fans in der Wittelsbacher Halle in Ekstase. (Foto: Günther Reger)

Zwischen 50 und 60 Helfer sind im Einsatz rund um das zweitägige Spektakel: als Ordner, am Grill, am Ausschank, an den Verpflegungsständen, als Verteiler der Einlassarmbänder, als DJ, als Hallensprecher. Es ist ein großer Aufwand für den ausrichtenden Verein, der sich nur mit Freiwilligen bewerkstelligen lässt. Man hofft, dass finanziell etwas hängen bleibt. Von den Einnahmen aus dem Eintritt - die beiden Samstagsspiele kosten 30, das Finale 15 Euro - kassiert der Deutsche Handball-Bund zehn Prozent, zudem müssen Schiedsrichter und Kampfgericht entlohnt und an die Gästeteams pro gefahrenem Kilometer ein Euro ausbezahlt werden. Der Rest wird unter den vier teilnehmenden Klubs aufgeteilt. Wahr ist auch: "So billig kriegt man einen Gegner wie die Rhein-Neckar-Löwen nicht mehr her", weiß Ben Gogger, der früher Spieler war und jetzt Schatzmeister des Fördervereins ist und eine Woche Urlaub für die Organisation des Events geopfert hat. Mit einem 38:29-Sieg im Finale werden die Rhein-Neckar-Löwen ihrer Favoritenrolle gerecht. "Wir haben nichts dagegen, wenn ihr im nächsten Jahr wieder kommt", ruft ihnen und dem zahlreich mitgereisten Anhang Volker Huhn nach, der am Sonntag als Hallensprecher fungiert.

Ihre Zuschauer verpflegen die Brucker Gastgeber selbst. Die Schlange an der Grillstation ist lang, drinnen gibt es belegte Semmeln und Kuchen. Die Besucher aber sind vor allem durstig. Mineralwasser geht "extrem mehr weg als sonst", sagt Gogger. Die leeren Träger türmen sich im Hallenfoyer. Gogger muss Wasser und Apfelschorle nachholen, zusammen mit Erich Raff, dem Oberbürgermeister der Stadt. Der war viele Jahre Manager und Abteilungsleiter bei den Handballern, diesmal macht er also den Wasserträger und steht später mit seiner Kamera am Spielfeldrand, um die schönsten Momente für immer im Bild festzuhalten.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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