Fürstenfeldbruck:Warten auf Speiseaufzug

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Judith Gebele und Gerhard Jilka spielen das Killerduo Ben und Gus, das dieses Mal bei seinem Auftrag nicht so recht durchblickt. (Foto: Klaus Schraeder/oh)

Die Neue Bühne Bruck inszeniert das absurde Stück "Der stumme Diener" über ein Profikillerduo

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Das absurde Theater habe schon immer eine Faszination auf ihn ausgeübt, erzählt der Regisseur Ralph Hüttig. Wenn er von Eugène Ionesco, einem der Pioniere des Genres, dem ihm zwei Lehrer an der Schauspielschule näher gebracht haben, oder vom Großmeister des Absurden, Samuel Beckett, spricht, gerät er ins Schwärmen. Deshalb ist es kein Wunder, dass der 59-Jährige nun selbst ein absurdes Theaterstück an der Neuen Bühne Bruck inszeniert. Ausgesucht hat er sich "Der stumme Dinner" des Literaturnobelpreisträgers von 2005, Harold Pinter. Am Freitag feiert das Stück Premiere, es ist die erste Vollinszenierung an der Neuen Bühne nach dem Lockdown.

"Der stumme Diener" erzählt von Ben und Gus, einem eingespielten Killer-Duo. Die beiden sind Profis, erledigen ihre Aufträge kaltblütig, diskret, zuverlässig. Bisher. Dieses Mal ist ihr Einsatzort ein fensterloser, heruntergekommener Kellerraum. Während die beiden auf ihren Einsatz warten, erreichen sie immer bizarrer werdende Anweisungen über einen Speiseaufzug, den "stummen Diner". Da die beiden schon viel gesehen haben und mit vielen rechnen, aber eben nicht so etwas, kommen sie schnell aus dem Konzept, die Situation eskaliert. Wie es sich für absurdes Theater gehört, geht es natürlich nur vordergründig um Gus und Ben und ihre Arbeit. Eigentlich aber geht es um alles. Ums große Ganze. Oder vielleicht auch um überhaupt nichts. Wer weiß das schon? In einer komplexen, für das einzelne Individuum nicht im geringsten komplett erfassbaren Welt. Ist das Geschehen auf der Bühne absurd überspitzt? Oder quasi schon dokumentarisch einfach eine Darstellung gewisser Realitäten? "Es ist doch wie mit jedem Streit in Partnerschaften, der sich immer weiter steigern, bis am Ende keiner mehr weiß, worum es eigentlich mal ging. Und den gleichen Streit führt man dann mit allen anderen Menschen. Immer wieder die gleichen Fragen, immer die gleichen Antworten. Und die wirklich unangenehmen Dinge werden übergangen", sagt Regisseur Hüttig. Dadurch, dass das Stück so vielfältig ist, sei für jeden Besucher etwas dabei.

Hüttig ist es dabei wichtig, Pinters Text nicht zu überintellektualisieren. "Ich habe versucht, etwas Humor rein zu bringen, so wie es bei Pinter angelegt ist. Ich möchte den Besuchern über das Lachen das Herz öffnen und sie nicht mit intellektuellen Phrasen zuschütten." Dennoch lasse er es dieses Mal etwas langsamer angehen, als bei seiner Inszenierung von "Effi Briest" vor zwei Jahren ebenfalls an der Neuen Bühne. Damals hat sich der 59-Jährige aller Elemente bedient, die einem Regisseur zur Verfügung stehen: Musik, Videos, slapstickartige Einlagen. "Der stumme Diener" ist so reduziert wie die Besetzung. Mit Judith Gebele und Gerhard Jilka spielen zwei erfahrene Neue-Bühne-Schauspieler die beiden Killer. "So ein Stück steht und fällt mit den Schauspielern, sie brauchen schon eine gewisse Bühnenerfahrung. Und sie müssen nah am Text bleiben, sonst verfehlt es den Sinn des Stückes. Die beiden machen das wirklich großartig", sagt Hüttig.

Je länger man sich mit dem Stück beschäftige, desto mehr gebe es einem vor, so der Regisseur. Pinter sei ein un- glaublich scharfsinniger Beobachter gewesen. Das, was der 2008 verstorbene Nobelpreisträger in der Welt gesehen und über sie geschrieben hat, wolle er nun für die Besucher der Neuen Bühne übersetzen.

"Der stumme Diener", Neue Bühne Bruck, Premiere am Freitag, 19. November, um 20 Uhr. Weitere Termine: 20. und 26. November, 12. und 18. Dezember, jeweils um 20 Uhr, und 12. Dezember um 19 Uhr. Karten unter www.buehne-bruck.de

© SZ vom 18.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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