Fürstenfeldbruck:Von Versuchen und Versuchungen

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Minuten, die über das gemeinsame Leben entscheiden. Im Stück "Shoppen" geht es um Speed Dating. (Foto: Neue Bühne Bruck/oh)

Harald Molocher inszenziert zum Auftakt der Saison an der Neuen Bühne Bruck mit "Shoppen" ein Stück über zeitgemäßes Kennenlernen

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Zehn Singles, die meisten von ihnen aus gutem Grund solo, treffen aufeinander, um sich im Fünf-Minuten-Takt kennenzulernen. Ein paar kurze Fragen, im besten Fall eine Art Dialog, ein kurzes Klingeln, Zeit vorbei, weiterrücken, der nächste Herr, dieselbe Dame - oder umgekehrt. Was nach absurdem Theater klingt, gibt es wirklich und es nennt sich Speed-Dating. Weil diese Begegnungen aber soviel skurriles Potenzial bieten, hat der Autor Ralf Westhoff daraus einen Film gemacht: "Shoppen". Eine Bühnenfassung davon gibt es nun zur Spielzeiteröffnung an der Neuen Bühne Bruck zu sehen, Regier führt Intendant Harald Molocher.

Er habe den Film zufällig vor ein paar Monaten im Fernsehen entdeckt und sei sofort begeistert gewesen. Wegen der Figuren, der Absurditäten, den verschiedenen Vorstellungen und dem, was bei Aufeinandertreffen von alldem passiert. Zudem ist sich Molocher sicher, dass solche Formen des Zueinanderfindens in Zukunft noch viel selbstverständlicher werden. "Statt miteinander Kaffeetrinken zu gehen, schreiben sich die jungen Leute nur noch per Whatsapp. Ich glaube, zugespitzt gesagt, irgendwann werden die jemanden brauchen, der ihnen zeigt, wie man sich kennenlernt."

Deshalb steckt in "Shoppen" bei aller Unterhaltung auch viel Tragik. Weil die einzelnen Geschichten und Schicksale authentisch sind und die meisten Teilnehmer wirklich nach Zuneigung und einem festen Partner suchen, im Theater wie auch im echten Leben. Klar, es gibt auch den Aufreißer, der im Speed-Dating seine große Chance auf die schnelle Nummer mit einer der verzweifelten Damen sucht.

Eher Mitleid bekommt man dafür mit dem jungen Mann, der ganz offensichtlich so schüchtern ist, dass ihn jedes Gespräch mit einer Frau schnell an die Rand des Zusammenbruchs treibt. Um nichts zu vergessen, hat er sich einen Fragenkatalog erstellt, den er den Frauen vorliest. Bei denen kommt "Haben Sie irgendwelche Allergien" allerdings gar nicht gut an. Also versucht der Herr ab Dame Nummer Drei auf diese Frage zu verzichten, was ihn dann vollends aus dem Konzept bringt.

Anders als im Film, der permanent zwischen den Pärchen hin und her springt, finden bei Molocher die Gespräche nicht parallel statt. Stattdessen hat er mitten auf der Bühne ein Podest aufgestellt, auf dem jeweils ein Paar Platz nimmt. So kann der Zuschauer sich besser auf diese beiden Charaktere und die Entwicklung ihrer Beziehung einlassen. Die Dialoge dauern zwischen zwei und fünf Minuten.

Das Stück endet allerdings nicht, nachdem jeder der fünf Männer mit allen fünf Frauen gesprochen hat. Vielmehr geht es dann noch einen Schritt weiter. Was passiert bei den Paaren, die sich so sympathisch waren, dass sie sich später noch einmal treffen, um sich besser kennen zu lernen. Auch da kommt es bei allen romantischen Versuchen und Versuchungen noch einmal zu großer Unterhaltung, etwa als einer der Single-Männer merkt, dass er sich die Nummer der falschen Frau hat geben lassen, weil er mit den Namen durcheinander gekommen ist.

Und so erwartet die Besucher ein furioser und vielversprechender Auftakt zur Theatersaison.

Premiere von "Shoppen" an der Neuen Bühne Bruck, Freitag, 15. September, 19 Uhr; weitere Termine: 16., 22. und 23. September jeweils 20 Uhr

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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