Fürstenfeldbruck:Von Taliban bedroht

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Ziba Amiri verkauft ihren Besitz um die Flucht zu finanzieren

Von Sibylle Nagler

Als ihr Mann vor knapp fünf Jahren bei einem Bombenanschlag ums Leben kam, war ihre jüngste Tochter Sarah neun und der kleine Sohn erst vier. Wenn man Ziba Amiri im Supermarkt trifft, klein und rundlich mit Kopftuch, kann man kaum glauben was die freundlich zurückhaltenden Frau aus Afghanistan durchlebt hat.

Drei Jahre lang versuchte sie, sich und ihre fünf Kinder allein über Wasser zu halten. In einem vom Islam geprägten und von den Taliban teilweise kontrollierten Land, in dem Frauen ohne männlichen Schutz kaum Rechte haben, ein wahres Kunststück. Es gelang ihr, sich bei internationalen Hilfsorganisationen im Land nützlich zu machen und dafür entlohnt zu werden. Zum Glück besaßen die Amiris ein eigenes Haus, in dem sie alle wohnen konnten. Aber die Taliban kamen hinter ihre Einnahmequelle und verboten ihr die Arbeit. Erst nach massiven Bedrohungen gab sie schließlich auf.

Sie verkaufte mit Hilfe des alten Vaters heimlich das Haus und organisierte Schlepper, die sie wiederum heimlich außer Landes bringen konnten: Iran, Türkei, Griechenland. Welchen Situationen sie als alleinstehende Frau mit vier halbwüchsigen Mädchen und einem Siebenjährigen auf der sechswöchigen Flucht ausgesetzt waren, ist unaussprechlich.

Heute nach zwei Jahren mussten sie vier Mal umziehen und wurden von immer neuen Helfern und Paten betreut. Asylpaten, die sie begleiten und bei Arztbesuchen oder Behördengängen dolmetschen. Auch für die Unterbringung der Kinder in drei unterschiedliche Schulen braucht es Findigkeit, Geduld und noch mehr Zeit. Obwohl ihre aktuelle Patin ihre Sprache Farsi spricht, ist im Alltag alles anders als Zuhause. Seit zwei Jahren wartet die Familie auf eine Anhörung und Entscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Der Junge und die vier Mädchen sprechen in der Zwischenzeit gut deutsch. Die 18-jährige Asma geht in München in die sogenannte Schlau-Schule für jugendliche Flüchtlinge zwischen 16 und 21 und möchte bald heiraten. Die drei anderen Mädchen gehen in die Mittelschule. Engagierte Lehrer halfen bei der Integration, so weit es der Unterricht zuließ, sodass sie die Übergangsklassen schnell verlassen konnten. Jetzt wird der Hauptschulabschluss angestrebt. Die 14-jährige Sarah will später einmal Dolmetscherin werden. Damit könnte sie ganz entgegen afghanischer Tradition ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten - und selbst wieder zur Integration anderer Immigranten beitragen.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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