Fürstenfeldbruck:Volkstanz auf internationalem Niveau

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Beim Kirta gibt es nicht nur Tand und Kunst. Fast unbemerkt tritt auch eine WM-Teilnehmerin auf

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Dicke Klostermauern haben über die Jahrhunderte so manches oft dunkles Geheimnis bewahrt. Um den beschwingten Kirta ging es dabei wohl eher nicht. Auch wenn die Wurzeln dieser Traditionsveranstaltung, die an die Weihe des Kirchenbaus erinnert, bis ins vierte Jahrhundert zurückreichen sollen. Ein (gar nicht dunkles) Geheimnis freilich offenbart sich auch den Tausenden Besuchern nicht, die am Sonntag zum Fürstenfelder Kirta geströmt sind. Fast unbemerkt dreht sich da vorne ein Mädchen, das zum Favoritenkreis einer veritablen Weltmeisterschaft zählen dürfte: Johanna Ulbricht, die da gemeinsam mit ihrem Partner Xavi Kuhn und vielen jüngeren und älteren Kollegen der D'Moasawinkler bei strahlendem Sonnenschein auf der geöffneten Bühne des Stadtsaals auftritt.

Für die Zehnjährige ist die Vorstellung auf dem Kirta so etwas wie eine Generalprobe von mehreren. Sie gehört der Mammendorfer Volkstanztruppe seit vier Jahren an und hat dabei ihr Talent unter Beweis gestellt. Im vergangenen Jahr hat Johanna sich für die Weltmeisterschaft im "Schuhplatteln und Dirndldrahn" qualifiziert - als erstes Mädchen des Mammendorfer Heimat- und Trachtenvereins. In genau zwei Wochen wird sie es im Münchner Löwenbräukeller mit der Weltelite zu tun bekommen. Nun gut, aus Asien oder den USA werden nicht besonders viele Teilnehmer erwartet, die Hauptkonkurrenz dürfte aus Bayern kommen. Aber egal, WM ist WM. Und Johanna würde in ihrer Altersklasse schon gerne die Löwentrophäe aus den Händen des Ministerpräsidenten entgegennehmen. Warum Volkstanz? Dumme Frage! "Es macht einfach Spaß", sagt Johanna und lacht. Sogar mehr Spaß als ihr zweites Hobby, das Fahrradfahren. Nicht allen ihren Mitschülern hat sie erzählt von dem nahenden Wettbewerb. Aber die, die es wissen, drücken ihr jetzt natürlich die Daumen und hoffen, dass sich die drei wöchentlichen Sondertrainingseinheiten zuzüglich zum regulären Samstagstraining auszahlen und die Punktrichter zufrieden sein werden mit der Haltung, der Frisur, dem Dirndl, den Schuhen, dem Lächeln. Und natürlich hoffen sie, dass der Rock perfekt fliegt, denn auch das fließt maßgeblich in die Bewertung ein.

Am Sonntag hat man den Eindruck, dass sich der Nachwuchs der Moasawinkler eigentlich geschlossen für die WM anmelden könnte. Denn die Röcke fliegen und auch die Burschen bewahren das Gleichgewicht. Bemerkenswert, dass sogar kleine Jungs bei der Sternenpolka - geplattelt und gedreht - ganz routiniert ihre drei Köpfe größere Partnerin übers Parkett führen. Bis hin zum erhabenen Gesichtsausdruck erinnert manche junge Tänzerin mit akribisch geflochtenen Zöpfen und Dutt dabei fast an Flamencotänzerinnen. Aber D'Moasawinkler tanzen natürlich eher selten die andalusische Variante, auch wenn sie in puncto Anmut mit ihrem Ammerseer und Chiemgauer locker mithalten können.

Da freut sich auch Vorstand Sepp Eberle, 58, der etwas weiter hinten mit Vereinsfreunden zwischen Körben und Bierkrügen sitzt. Er sieht sich in der Arbeit an der Spitze des vor zehn Jahren gegründeten und mittlerweile etwa 300 Mitglieder zählenden Vereins bestätig. Sie alle vereint die Liebe zur Volksmusik, zur (richtigen!) Tracht und zum Schuhplatteln. Besonders freut er sich natürlich darüber, dass es den etwa 30 aktiven Tänzern gelungen ist, 40 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 16 Jahren fürs Tanzen zu gewinnen.

Die Freude wird von den Kirta-Besuchern geteilt. Als die Vorführung zu Ende ist und die geheimnisvolle Vielleicht-Weltmeisterin abtritt, bleibt ihnen immerhin noch das Rahmenprogramm. Für die Kinder die Hüpfburg aus Stroh oder das kleine Karussell, für die Erwachsenen ein Spektrum von 50 Ausstellern, das von Tand bis Kunstwerk reicht: In der Tenne und davor gibt es Filztaschen, Fingerpuppen, Heilsteine, Duschgel, gesunde Schuhe, Trachten und Schmuck - mithin also alles, was das Herz von Menschen mit oder ohne Tracht höherschlagen lässt. Ein Mann in Weste und Karohemd bleibt cool. "Des guade is", sagt er grinsend, "dass i des ois ned brauch". Einen elementareren Bedarf können da schon die frischen "Kiachal" der Furthmühlen-Bäckerei decken - und wenn's um Herzensanliegen geht, dann kommen wieder D'Moasawinkler ins Spiel oder ihre Kollegen aus Maisach und Gröbenzell oder auch die Schöngeisinger Blaskapelle.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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