Fürstenfeldbruck:Volksmusik des Westens

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Blaue Bühne: die Musiker der Latvian Blues Band beim Konzert im Stadtsaal des Veranstaltungsforums Fürstenfeld. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Latvian Blues Band verzückt die Zuhörer

Von Jörg Konrad, Fürstenfeldbruck

Ohne Blues kein Jazz, ohne Blues kein Rock'n'Roll, ohne Blues kein Pop. So könnte man, rein musikhistorisch und verkürzt, den Blues in seiner ganzen Wirkung umschreiben. Er ist die Wurzel von vielem, was sich außerhalb der Klassik abspielt. Denn Blues ist im übertragenen Sinne Volksmusik, die vielleicht nicht in jedem Fall so klingt, wie bei den Inuits im arktischen Zentral- und Nordostkanada oder den Ogiek in Ostafrika. Aber da heute nun einmal ein Großteil der populären Musik aus den USA stammt, ist der Blues die Volksmusik des Westens, ohne dass dies gleich jeder merkt.

So wundert es nicht, dass die Latvian Blues Band, die im Rahmen der Reihe Blues First in Fürstenfeld auftrat, nach Rock'n'Roll und Jazz, nach Pop und Gospel und auch nach (gemäßigtem) Reggae klang. Natürlich und vor allem aber nach dem Blues selbst, dieser zwölftaktigen Grundwürze und Basis des musikalischen Treibens schlechthin.

Und nun kommt also ein Quintett weit aus dem Osten Europas und macht deutlich, dass es fast egal ist, wo man aufwächst. Auch weitab der Peripherie kann der Blues das eigene Leben bestimmen. Denn eines dürfte schon in der Pause im Fürstenfelder Stadtsaal klar sein: Die Latvian Blues Band, das sind fünf Vollblutmusiker, die in der Musik aufgehen, die sich nicht nur etwas holen aus der Musik, sondern sehr wohl in der Lage sind, dem Blues und auch dem Publikum wiederum etwas zu geben. Im Miteinander von Janis "Bux" Bukovskis (Gitarren, Gesang), Rolands "Rolx" Saulietis (Schlagzeug),Marcis Kalnins (Bass), Artis Locmelis (Saxofon, Keyboard) und Viesturs Grapmanis (Trompete) geht es um Gefühle, um Emotionen und Enthusiasmus, die sie durchweg präzise, frisch und temporeich auf den Punkt bringen. Auch in den sinnlichen und sentimentalen Balladen überzeugen sie mit ihren musikalischen Fertigkeiten und Finessen, so dass es nicht verwundert, dass die Latvian Blues Band schon häufiger als eine der besten Rhythm & Blues-Acts im europäischen Verbund bezeichnet wurde.

Kopf dieses Unternehmens ist Janis Bukovskis, ein spielwütiges Blues-Genie, das sämtliche Spielarten populärer Musik in seiner Bühnenpräsenz bündelt. Er begeistert das Publikum mit sparsamen wie klaren Gitarrenriffs, lässt sein Instrument leidenschaftlich aufbegehren, spielt Läufe, die in ihrer Eindringlichkeit das Auditorium verzücken und wickelt durch die Art seiner Präsentation das Publikum um den kleinen Finger. Mit seiner beseelten, packenden Stimme erobert er den Raum, erfüllt hohe musikalische Ansprüche und ist bis in die Tiefen der Wirklichkeit spürbar. Wenn er und Orgelspieler und Saxofonist Artis Locmelis richtig Gas geben, dann brodelt der Saal. Eine gewisse Sparsamkeit beim Einsatz der musikalischen Mittel kann man besonders diesen beiden jedenfalls nicht nachsagen.

Überhaupt steigerte die Band den musikalischen Puls an diesem Abend ständig. Immer wenn man glaubte, es gäbe keine Steigerung mehr, legte das Quintett noch eine Schippe drauf. Und so schraubte sich der gesamte Saal in eine euphorische Gefühlslage, wie sie in dieser Intensität aufgrund der zurückliegenden pandemischen Entwicklung schon viele viele Monate nicht zu spüren war. Der Funke, der mit Liebe und Hingabe auf der Bühne gezündet wurde, sprang vollkommen über aufs Publikum.

© SZ vom 15.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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