Fürstenfeldbruck:Vereine fordern Turnhallen zurück

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Die Belegung der Sportstätten mit Flüchtlingen führt zu Austritten von Mitgliedern. Der BLSV-Kreisvorsitzende hält das für bedenklich. Deshalb soll Landrat Karmasin die Notunterkünfte bis zum nächsten Schuljahr räumen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Wegen der Unterbringung von Flüchtlingen in Schulturnhallen verlieren Sportvereine zunehmend Mitglieder. Steffen Enzmann, Kreisvorsitzender des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV), will das nicht länger hinnehmen. Er fordert Konsequenzen. Landrat Thomas Karmasin (CSU) soll, so Enzmanns Appell, die Sporthallen bis zum Beginn des nächsten Schuljahres wieder frei machen und die Flüchtlinge anderswo unterbringen. Zum Beispiel in mobilen Hallen oder Wohncontainern auf den Volksfestplätzen in Germering, Puchheim oder Olching, die bereits über Strom-, Wasser- und Kanalanschlüsse verfügen.

Laut Enzmann haben allein dem FC Puchheim bisher etwa hundert Mitglieder den Rücken gekehrt, weil sie den Ausfall von Trainingseinheiten nicht hinnehmen wollen. Der BLSV-Kreischef nimmt an, dass Sportvereine im Landkreis wegen der Belegung von Hallen mit Asylbewerbern schon insgesamt 250 Mitglieder verloren haben. Sollte der Trend anhalten, können die Vereine die Folgen dieser Entwicklung nicht verkraften. Das sei "bedenklich", da schon ein Verlust von 50 Mitgliedern dazu führen könne, dass das Geld für die Bezahlung von Übungsleitern fehle und ein Verein langfristig pleite gehe. So seien in der Stadt Puchheim, in der in der Dreifach- und Einfachturnhalle von Realschule und Gymnasium seit August 192 Flüchtlingsbetten stehen, den Vereinen ein Drittel der Übungsstunden gestrichen worden. Der BLSV-Kreischef weist auch darauf hin, dass alle Sportvereine im Landkreis Asylbewerbern eine kostenfreie Mitgliedschaft und Teilnahme an ihrem Programm anbieten. Die Versicherungskosten trägt der BLSV. Enzmann erinnert zudem daran, dass seine Frau sich in einem Asylhelferkreis engagiere, und weder er noch die Sportvereine den Flüchtlingen schaden wollten.

Zurzeit lebt jeder fünfte dem Landkreis zugewiesene Asylbewerber in einer Schulturnhalle - und Karmasin kündigte vorsorglich an, in den kommenden Wochen weitere Hallen zu benötigen. Diese Zweckentfremdung von Sportstätten wurde erst kürzlich bei einem BLSV-Vereinsabend in Landsberied diskutiert. Dort waren von etwa 140 Sportvereinen im Landkreis 82 vertreten. Allerdings fasste die Versammlung laut Enzmann keine Beschlüsse. Es rumore, so der BLSV-Kreischef, aber man halte sich bedeckt. Nicht so Enzmann, der für sich beansprucht, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Traude Mandel gehört dem geschäftsführenden Vorstand des FC Puchheim und dem BLSV-Kreisvorstand an. Sie weist auf ein gemeinsames Schreiben vom FC Puchheim, den Sportfreuden Puchheim und den beiden betroffenen Schulen, also dem Gymnasium und der Realschule hin. In diesem wird Landrat Thomas Karmasin aufgefordert, die beiden Puchheimer Turnhallen spätestens bis zum Ende der Sommerferien frei zu machen. Da die Hallen nie voll belegt seien, müsse es laut Mandel möglich sein, "die paar Leute anderswo unterzubringen". Zeitweise lebten in den Puchheimer Hallen, was auch Karmasin einräumt, nur 30 Flüchtlinge. Um die Belastung auf die Gemeinden gleich zu verteilen, schlägt Mandel ein Rotationsprinzip für die Hallenbelegung mit Flüchtlingen vor.

Der Fürstenfeldbrucker Sportreferent und stellvertretende Bürgermeister Erich Raff (CSU) appelliert an Vereinsmitglieder, Solidarität zu zeigen und ihrem Verein auch dann treu zu bleiben, wenn eine Hallennutzung vorübergehend nicht möglich ist. Immerhin nehme jedes Mitglied viel mehr Leistungen in Anspruch, als ein Beitrag von vielleicht zehn Euro im Monat abgelte. Enzmann bedauert, dass Vereine für viele nur noch ein Dienstleister oder eine Abgabestelle für Kinder sind.

Zurzeit bereitet das Landratsamt die Belegung der Germeringer Realschulturnhalle mit Flüchtlingen vor. Asylkoordinator Andreas Buchner hofft, dass die Realschulturnhalle erst nach den Osterferien gebraucht wird. Als nächste Flüchtlingsunterkunft hat der Landrat die Dreifachturnhalle in Maisach ins Auge gefasst.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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