Fürstenfeldbruck:Transparenz in Zeiten der Pandemie

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Anfang März wird jeder Zweite der 170 Bewohner des Flüchtlingsheims an der Industriestraße in Germering positiv getestet. Die Sammelunterkunft zählte zu den Hotspots. Ist es problematisch, diese Tatsache zu nennen? (Foto: Leonhard Simon)

Landratsamt Fürstenfeldbruck nennt kaum Details zu Corona-Infektionen. Viele Bürger aber pochen auf mehr Information

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

In der Pandemie zeigt sich, dass Datenschutz dem Informationsbedürfnis der Bürger entgegenstehen kann. Auch das Landratsamt Fürstenfeldbruck sieht sich trotz all der Veröffentlichungen auf der Homepage rund um Corona schon mal Vorwürfen ausgesetzt, nicht transparent genug die Entwicklung der Infektionen oder Impfungen offenzulegen und zu erklären. Der bayerische Datenschutzbeauftragte freilich stärkt der Kreisbehörde nun eher den Rücken.

Regelmäßig wenden sich Leser auch an die SZ. Manche sind nicht zufrieden mit den Fortschritten beim Impfen und wittern "Spezlwirtschaft", andere sehen in den Infektionszahlen in Asylbewerberheimen einen Beleg dafür, dass solche Sammelunterkünfte längst aufgelöst gehörten. So setzte ein Leser jüngst Hoffnungen in die SZ, "durch eine Presseanfrage an das Gesundheitsamt Fürstenfeldbruck gegebenenfalls Missstände oder Gefahren", vielleicht auch Indizien für eine unzulässige Einflussnahme von Politik oder Wirtschaft zu finden. Seine Frage nach den größten "Corona-Clustern" gab die SZ ans Landratsamt weiter. Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte sich ein Muster erkennen lassen: Gibt es regionale Unterschiede bei den Infektionen? Welche Schulen oder Seniorenheime waren im Rückblick besonders betroffen? Gibt es Hotspots in landwirtschaftlichen Betrieben mit Erntehelfern oder bei anderen Arbeitgebern im Niedriglohnbereich?

Vom Landratsamt kam eine recht allgemein gefasste Antwort. So wurden die Orte von Seniorenheimen nicht genannt und es wurde nicht nach Mitarbeiter oder Mitarbeiterin oder nach Bewohner oder Bewohnerin differenziert - nach der Systematik: "Seniorenheim, circa 46 IPs (Mitarbeiter und Bewohner), März/April 2020; Seniorenheim, circa 93 IPs (Mitarbeiter und Bewohner), Nov/Dez 2020; Asylunterkunft, 96 IPs, Februar 2021, Asylunterkunft, 31 IPs, Dezember 2020; Betrieb, 20 IPs allein aus LK FFB, Okt 2020; Betrieb, 26 IPs, Sep 2020." Einige Details wurden auf Nachfrage noch nachgeliefert. So seien unter den zehn größten "Ausbrüchen" im Landkreis "fünf Asylbewerberunterkünfte (höchste Zahl: 168 Kontaktpersonen/Indexpersonen in einer Einrichtung), vier Alten-/Pflegeheime (höchste Zahl: 104 Kontaktpersonen/Indexpersonen in einer Einrichtung) sowie eine Grundschule (dort 62 Kontakt-/Indexpersonen). Ein landwirtschaftlicher Betrieb war nicht darunter".

Die Kreisbehörde pocht auf den Datenschutz und verweist auf die regelmäßigen Presseverlautbarungen: "Seit Beginn der Pandemie versuchen wir als Landratsamt, das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit einerseits mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffener Personen und gegebenenfalls weiteren betroffenen Rechtsgütern von Einrichtungen beziehungsweise Betrieben andererseits - bei Infizierten geht es datenschutzrechtlich um besonders geschützte Gesundheitsdaten - in der praktischen Arbeit in Einklang zu bringen und zu halten", schreibt ein Sprecher des Landratsamts. Erforderlich sei grundsätzlich immer die Abwägung zwischen den teils widerstreitenden Rechtspositionen. So seien in Einzelfällen nach Rücksprache mit Einrichtungen auch die Namen der Pflegeeinrichtungen genannt worden, um eine direkte Kontaktaufnahme durch die Presse zu ermöglichen. Darüber hinaus sieht das Landratsamt aber keine Möglichkeit, die Presse und damit die Öffentlichkeit tiefergehend zu informieren.

Thomas Petri, Jurist, Wissenschaftler und Landesbeauftragter für den Datenschutz des Freistaates Bayern, geht auf den konkreten Fall nicht ein. Er lässt aber durchblicken, dass das Recht auf Auskunft von Presseorganen weiter reicht als von einzelnen Bürgern und dass Landratsämter durchaus einen gewissen Spielraum haben. Gleichwohl spricht er sich sinngemäß für einen sehr weit gehenden Datenschutz aus und liegt damit eher auf der sehr vorsichtigen Linie des Landratsamts. Im Kern hänge "die Anwendung des Datenschutzrechts davon ab, ob aus den Angaben ein Bezug zu konkreten Personen herstellbar ist oder nicht. Bei der Benennung von konkreten Einrichtungen ist das Risiko der Identifizierbarkeit schon relativ hoch." Vor allem Gesundheitsdaten seien "von der Datenschutz-Grundverordnung besonders streng geschützt".

© SZ vom 16.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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