Fürstenfeldbruck:Thomas Lutzeier nimmt die erste Hürde

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Deutlicher Fingerzeig: Thomas Lutzeier (rechts) wertet das einstimmige Votum in der Gaststätte La Campanella als Vertrauensbeweis. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Fünfzehn Stimmberechtigte nominieren den parteilosen Kandidaten. An den OB-Wahlen darf er aber nur teilnehmen, wenn sich 215 Brucker im Rathaus in seine Liste eintragen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Votum am Montagabend in der Gaststätte La Campanella fällt eindeutig aus: 15 stimmberechtigte Brucker sind da, alle stimmen für Thomas Lutzeier. Damit hat der 56-Jährige die erste Hürde genommen und kann zehn Unterstützer vorweisen. Die zweite aber, das weiß er, ist ungleich höher: Um bei der Brucker Oberbürgermeisterwahl im Mai als parteifreier Bewerber antreten zu können, ist er auf weitere Hilfe angewiesen: mindestens 215 Brucker müssen sich im Rathaus in seine Liste eintragen.

Lutzeier streckt aber um 21.25 Uhr erst mal den Daumen in die Höhe und genießt nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses den Applaus. Er würde schon ganz gut als Oberbürgermeister durchgehen: schwarzer Anzug, weißes Hemd, blaue Krawatte, kurz geschnittene graue Haare, Brille. Da passt die Abbildung auf der Fototapete hinter ihm ins Bild: Nicht die rechte, die den schiefen Turm von Pisa zeigt, sondern die links: Dort ist Leonardo da Vincis Version des vitruvianischen Menschen zu sehen - mit idealen Körperproportionen.

Es dauert nur einen Augenblick, bis Lutzeier sich wieder gefangen hat. Das mit den 215 Unterschriften werde jetzt gewiss "eine ganz harte Nummer. Und dafür brauche ich eure Hilfe". Lutzeier ist nach Florian Weber der zweite Kandidat, der nicht für eine im Stadtrat bereits vertretene Partei oder Gruppierung antritt und dem das bayerische Wahlrecht deshalb bis zum 27. März diese Hausaufgabe aufgibt. Klappt alles, dann wäre er der sechste OB-Kandidat.

Dieter Kreis von der ÖDP und Andreas Ströhle von der Piratenpartei hatten vor den Kommunalwahlen 2014 ebenfalls die notwendigen Unterschriften zusammenbekommen - wenn auch jeweils recht knapp. Lutzeier will vor allem in den sozialen Medien die Werbetrommel rühren - wurde er doch bekannt als Moderator einer Facebook-Gruppe, die sich der Brucker Kommunalpolitik widmet und der mittlerweile 800 Personen angehören. Einige Mitglieder der Gruppe hatten Lutzeier dazu aufgefordert zu kandidieren. Und irgendwann kam dieser, der bis vor kurzem auch Vorsitzender des Fördervereins Lichtspielhaus war, dann auf den Geschmack. "Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, wenn ein Oberbürgermeister keiner Fraktion angehört". Da könne man sich je nach Thema seine Mehrheiten suchen, ohne parteipolitisch bedingte Blockaden fürchten zu müssen.

Ziel des Kandidaten, der für die eigens gegründete Gruppierung "Mehr für Bruck" antreten will, ist es, vor der zu erwartenden Stichwahl im ersten Wahlgang am 7. Mai zumindest hinter dem wohl favorisierten Amtsinhaber Erich Raff von der CSU das zweitbeste Ergebnis zu erzielen. Einer seiner Unterstützer prognostiziert, dass etwa 6000 der 26 000 Wahlberechtigten sich noch nicht entschieden haben, wem sie ihre Stimme geben. Um die 2600 Stimmen müsse man wohl bekommen, um in die Stichwahl einzuziehen.

Vor den 20 Gästen, darunter seine beiden erwachsenen Töchter, seine erste Frau Doris sowie Mutter und Stiefvater, schildert der gebürtige Brucker ausführlich den Weg, der ihn als Zwischenstation in den Nebenraum der Gaststätte geführt hat und der im Rathaus enden soll. Politik sei immer schon sein großes Hobby gewesen, erzählt Lutzeier, das habe bereits im Graf-Rasso-Gymnasium begonnen. Er bewertet es als eindeutigen Vorteil, dass er nicht nur die Brucker sehr gut kennt und viele Verbindungen in den Sport und in die Unternehmen hinein hat, sondern dass er genau beurteilen kann, wie sich beispielsweise die Schulen und Kindergärten im Laufe der Jahre entwickelt haben. Dass jetzt überall Container aufgestellt worden seien, sei ein Beleg für die Versäumnisse der vergangenen Jahre. "Unter einem OB Sepp Kellerer hat es das nicht gegeben."

Geerdet fühlt er sich durch den beim Josefstift geleisteten Zivildienst. Und Personalführung traut sich der frühere Grünen-Stadtrat, der 2009 im Streit aus Fraktion und Partei ausgetreten war, auch zu: Der Informatiker berät im Auftrag einer Münchner Consultingfirma Konzerne über IT-Themen. Das eigene Schulungsunternehmen mit 40 Mitarbeitern machte 2003 Konkurs. Er stehe zu solchen "Dellen im Lebenslauf" und habe längst "alles zurückgezahlt", sagt Lutzeier, der mittlerweile wieder eine Schulungsfirma leitet.

Thomas Lutzeier wird deutlich, wenn er die angeblichen Verfehlungen der Politik anprangert. Bruck sei nur Meister im folgenlosen Erstellen von Gutachten und Planungen, die Bürgerbeteiligung beim Viehmarktplatz sei "ein Fake", die Bebauung des Haeusler-Parks ein Irrweg, der zu hohe Gewerbesteuersatz schuld an den mageren Unternehmensansiedlungen und die soziale Bedeutung des Vereinssports werde verkannt. In einem Fall hat er auch seine Meinung geändert. Früher lehnte er die Deichenstegtrasse ab, angesichts von bis zu 5000 zusätzlichen Einwohnern im Fliegerhorst aber brauche man dingend eine dritte Amperquerung.

Die Brucker Partnerstädte und der persönliche Austausch liegen Thomas Lutzeier ganz besonders am Herzen. Im Stadtrat hatte er sich auf diesem Felde einst besonders engagiert. Ergebnis: Im italienischen Cerveteri heiratete er vor fünf Jahren Loredana, seine zweite Frau. Die sei dort jüngst ermuntert worden, als Bürgermeisterin zu kandidieren. "Sie macht es aber nicht", verrät Lutzeier. Würde ja auch reichen, wenn einer in der Familie so ein Amt übernimmt.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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