Fürstenfeldbruck:Tabuthema Stellplätze

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Vier Mehrfamilienhäuser sollen auf dem ehemaligen Sportplatz des alten Graf-Rasso-Gymnasiums gebaut werden - auf einer Art Sockel. (Foto: Wüstenrot/Koop und Rödl Architekt)

Der Bauherr einer Siedlung im Brucker Zentrum will eine kleinere Tiefgarage errichten als vorgeschrieben und als Ausgleich Platz für Carsharing und eine öffentliche Stromtankstelle schaffen. Bei den Politikern blitzt er damit ab

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Da taucht sie wieder auf, die Gretchenfrage der Brucker Stadtplanung: Sollen vor allem die Bedürfnisse der Autofahrer der Stadtplanung als Richtschnur dienen? Jüngstes Beispiel: Die Tiefgarage unter der künftigen Siedlung auf dem Sportplatz des alten Graf-Rasso-Gymnasiums. Dort sollen vier jeweils dreigeschossige Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 50 Zwei- bis Vierzimmerwohnungen gebaut werden. Die Stadtspitze erhofft sich gerade von der zentralen Lage, dass viele Familien mit einem Auto auskommen oder sogar ganz darauf verzichten. Deshalb würde sie dem Bauherrn, der Firma Wüstenrot, gerne entgegenkommen und eine etwas kleinere Tiefgarage genehmigen als eigentlich vorgeschrieben: in dieser müssten statt der mit Blick auf die gesamten Wohnflächen errechneten 83 Stellplätze lediglich 63 untergebracht werden.

Wüstenrot würde sich zudem verpflichten, zwei Carsharing-Plätze und einen öffentlichen Parkplatz mit Stromanschluss zur Verfügung zu stellen. Zum Nulltarif freilich würde es das aus Sicht der Stadt nicht geben: Laut gültiger Garagen- und Stellplatzsatzung müsste ein Ablösebetrag von gut 15 000 Euro pro Stellplatz geleistet werden. Die insgesamt 184 000 Euro müsste die Stadt dann andernorts zweckgebunden einsetzen. Beispielsweise könnte sie das Geld in den Bau eines Parkhauses oder in den Öffentlichen Nahverkehr investieren. Die Stadtplaner im Rathaus sehen darin eine Winwin-Situation. Denn wegen des hohen Grundwasserspiegels wurde dem Bauherrn bereits erlaubt, die Oberkante der Tiefgarage knapp zwei Meter über das Geländeniveau herausragen zu lassen. Je geringer aber die Oberfläche dieses Baukörpers, desto sanfter und verträglicher kann die bepflanzte Böschung als Übergang zur Umgebung gestaltet werden.

So weit zur Theorie. Wenn es aber um den "Stellplatzschlüssel" der Stadt geht und um eine ausreichende Anzahl von Parkplätzen im Innenstadtbereich, dann ist es schnell vorbei mit der Harmonie unter den Stadträten. Nahrung erhalten solche Debatten auch durch die als völlig unzumutbar erachtete Situation rund ums Schulzentrum am Tulpenfeld. Anwohner klagen über zugeparkte Straßen. Zugeständnisse an Wüstenrot stoßen denn auch auf Kritik: Man brauche die Stellplätze, sagen auch Markus Droth und Hans Schilling (beide CSU), zumal bei vielen Familien der Trend zum Drittauto gehe. Zum anderen könne man, wie auch Ulrich Schmetz (SPD) rügt, im Architekturwettbewerb nicht erst auf die Einhaltung des gültigen Stellplatzschlüssels pochen und dann dem Unternehmen, das den Zuschlag erhält, später einen Vorteil einräumen, weil dieser beim Tiefgaragenbau sparen kann. Planungsreferent Christian Stangl (Grüne), dem eine zu steile Böschung ein Dorn im Auge wäre, plädiert für die kleinere Tiefgarage. Vergeblich: Mit acht gegen sieben Stimmen empfiehlt der Fachausschuss dem Stadtrat, eine Ausnahmeregelung für die Bebauung des Alten Sportplatzes abzulehnen. An diesem Dienstag wird das städtische Gremium entscheiden. Für Stadtbaurat Martin Kornacher wäre dies die schlechteste Lösung. Im Bauausschuss wies er darauf hin, dass Wüstenrot eine Ablöse von Stellplätzen gar nicht verwehrt werden kann. Werden Regelungen nicht im Bebauungsplan festgesetzt, dann kann der Bauherr eine solche Ablöse wie jeder andere im Innenstadtbereich eben beantragen. Für die Stadt könnte sich die Ablehnung als Eigentor erweisen. Am Ende könnten weniger Stellplätze zur Verfügung stehen, der Bauherr könnte auf einen Bebauungsplan ohne Einschränkungen pochen und Zugeständnisse verweigern, wenn es um Böschungswinkel, fließende Übergänge und den Parkcharakter geht.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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