Fürstenfeldbruck:Streit um Erbe und Hundekot

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56-Jährige muss sich wegen Körperverletzung verantworten

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

"Ich merke schon, das wird sehr geschmackvoll heute." Mit diesen Worten fasste Richter Johann Steigmayer gleich nach Beginn des Prozesses ganz gut zusammen, was in der nächsten Stunde folgen sollte. Damit bezog er sich nicht nur auf einen der Streitgegenstände, sondern auch auf das Verhalten der Beteiligten. Mit einer Blechschaufel soll die Angeklagte während eines Streits ihre Schwägerin - beide leben im gleichen Haus - am Dekolleté verletzt haben. Ausgangspunkt war, dass die Schwägerin die Schaufel mit Hundekot, eingewickelt in eine Küchenrolle, beladen hatte, um ihn der Angeklagten, nach deren Aussage, ins Gesicht zu werfen. Als die 56-Jährige diese Ekelattacke abwehren wollte, ist es dann wohl etwas ruppig geworden. Ob es dabei zu einer Körperverletzung kam oder nicht, wurde im Prozess allerdings nicht geklärt - denn Richter Steigmayer lenkte das Thema schnell auf die Probleme, die hinter dem Vorfall stehen.

Seit 2014 leben die Angeklagte, ihr Bruder und dessen Frau gemeinsam im Elternhaus der Geschwister. Und seitdem tobt auch der Streit, der in verschiedensten Formen ausgetragen wird. Häufig, das wird schnell klar, geht es darum, dass der Hund der Angeklagten sein Geschäft im gemeinsamen Garten erledigt. Das treibt die Schwägerin zur Weißglut, die dann, nach Aussage der Angeklagten, immer wieder auf kreative Weise die Hinterlassenschaften am Eigentum der 56-Jährigen verteilt - von der Wand über den Teppich bis zum Rollator. Die Angeklagte revanchiert sich regelmäßig, indem sie die Hinterlassenschaften dann postwendend zurückwirft, -schmiert und so weiter. Auch gegen die Schwägerin gibt es ein Verfahren, das allerdings vorläufig eingestellt ist. Außerdem berichtet der Anwalt der Angeklagten von mehreren Unterlassungserklärungen.

Aber nicht nur der Hund ist das Problem, sondern auch die Zukunft des Hauses. 30 000 Euro Schulden gibt es da noch, die weder die Schwester noch der Bruder bezahlen können. Die Schwester will verkaufen, der Bruder nicht, weil er emotional am Haus hängt und außerdem den Erlös nicht 50/50 teilen will, weil seine Wohnung die größere ist. Dieser Streit läuft mittlerweile so lange, dass im Januar eine Zwangsversteigerung ansteht - eine Lose-Lose-Situation, die trotz diverser Vergleichs- und Vermittlungsversuche von Anwälten bisher nicht verhindert werden konnte.

"Ich muss Sie hier schon schimpfen", erklärte der Richter der Angeklagten. "Es geht doch nicht, dass Sie sich immer auf das Niveau der Gegenpartei herablassen. Früher hätte man gesagt, die ist einfach nicht satisfaktionsfähig. Das ist doch alles armselig und unwürdig. Nicht einmal Kinder würden sich so verhalten." Also hat er versucht, den Prozess dazu zu nutzen, den schwelenden Streit zu schlichten. Immer wieder redete er auf die Angeklagte und ihren Bruder, der zuerst als Zuschauer und dann als Zeuge anwesend war, ein, um sie zur Vernunft zu bringen. Statt eines Urteils stellte Steigmayer dann das Verfahren unter der Auflage ein, dass es in den nächsten sechs Monaten zu einem Täter-Opfer-Ausgleich kommt, der ausdrücklich auch die Erbangelegenheit klärt. Und obwohl selbiges bisher stets gescheitert ist, keimte die zarte Hoffnung, dass es diesmal vielleicht doch klappt.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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