Fürstenfeldbruck:Straftäter zeigen Reue

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69 Jugendliche der Region sprechen für eine Studie über den abgeleisteten Sozialdienst

Von Maren Jensen

FürstenfeldbruckMit einem Goldkettchen um den Hals und vor Selbstbewusstsein nur so strotzend betritt der 20-jährige Sven das Gericht. Kurz darauf wird er wegen schwerer Körperverletzung wird er zu 60 Sozialstunden im Vogelpark verurteilt. Auf der Straße hatte der junge Mann eine Machtstellung. Drogen und Gewalt gehörten zu seinen täglichen Begebenheiten. Plötzlich soll er Verantwortung, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zeigen. Das ist zu viel für den Straftäter. Nach einiger Zeit nimmt er die Arbeit nicht mehr ernst, erscheint erst unpünktlich, später gar nicht mehr. Ihm werden harte Konsequenzen angedroht. Auf einmal scheint Sven zu begreifen, wie sehr sein Leben auf der Kippe steht.

"Diesen Effekt wollen wir erreichen", sagt Annegret Schefold von dem Münchner Sozialplanungs- und Sozialforschungsinstitut Afa, Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung. In Kooperation mit dem Verein Sprint führte sie in diesem Jahr eine Studie zur Vermittlung Sozialer Hilfsdienste für Jugendliche im Alter von 15 bis 21 Jahren durch. Am Donnerstag präsentierte die Gruppe erste Ergebnisse.

Sprint betreut und vermittelt seit 15 Jahren junge Menschen in gemeinnützige Einrichtungen des Landkreises. "Unsere Arbeit ist einzigartig", sagt der Geschäftsleiter von Sprint, Manfred Fock. "Wir helfen den Jugendlichen bei der Suche nach geeigneten Einsatzstellen und beraten sie während ihrer Ableistung." Mehr als 100 Stellen stehen dem Verein zur Verfügung. Häufig werden die Sozialstunden in Sportanlagen, Wertstoff- und Bauhöfen, Alten- und Pflegeheimen sowie Schwimmbädern geleistet.

Insgesamt sind 810 Jugendliche in den vergangenen drei Jahren an Sprint vermittelt worden. Die häufigsten Delikte waren Diebstahl, Körperverletzung, Drogenmissbrauch und Sachbeschädigung. 69 ehemalige Straftäter waren dazu bereit, an der Studie teilzunehmen. Rund zwei Drittel der Befragten waren männlich. "Wir wollten die Jugendlichen nicht nur vermitteln, sondern auch sehen, was es ihnen eigentlich gebracht hat und ob sie daraus gelernt haben", sagt Fock. Detailliert werteten sie Aussagen aus und erstellten diverse Statistiken. Neben den Jugendlichen befragte die Gruppe aus Sprint und Afa prozessbeteiligte Experten, Sozialpädagogen, Mitarbeiter aus der Jugendhilfe und einen Richter. "Die Ergebnisse waren wirklich beeindruckend", sagt Schefold.

80 Prozent der Befragten waren Ersttäter, 20 Prozent erwiesen sich als Wiederholungstäter. "Der hohe Anteil an Ersttätern liegt daran, dass die Sozialstunden als Einstiegsmaßnahme gesehen werden. Wiederholungstäter erhalten häufig härtere Strafen", sagt Schefold. Rund die Hälfte der Befragten habe zugegeben, etwas falsch gemacht zu haben. "In Zukunft wollen wir die Jugendlichen weiter dazu motivieren, dass sie durch die Arbeit ein positives Gefühl bekommen", sagt Sprint-Mitarbeiterin Karen Adomeit.

Kaum ein Jugendlicher sehe in den Sozialstunden ausschließlich eine Strafmaßnahme. "Dieses Ergebnis hat uns besonders gefreut", sagt Schefold. "Mehrheitlich sehen die jungen Menschen darin auch die Möglichkeit, persönlich und im Hinblick auf ihre beruflichen Fähigkeiten und Orientierungen zu profitieren". Zu diesen Jugendlichen gehörte auch der 20-jährige Sven. Er sieht im Nachhinein, dass er etwas leisten konnte. Ein gewisser Stolz schwingt in seinen Aussagen über das Erfahrene mit. Nach einiger Zeit schien er zu verstehen, dass er für gut geleistete Arbeit auch seine Freiheiten bekomme. Diese Erfahrung erscheint ihm auch für die Zukunft erstrebenswert.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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