Neun Jahre nach ihrer Einweihung am neuen Standort im ländlichen Fürstenfeldbrucker Stadtteil Puch ist die Landwirtschaftsschule im Kreis Fürstenfeldbruck Geschichte. Alle Beteiligten waren überrascht, doch möglicherweise hatte es Indizien gegeben für das von der zuständigen bayerischen Ministerin Michaela Kaniber jetzt verkündete Aus. Denn es ist gerade mal zwei Jahre her, da bemängelte der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) in seinem Jahresbericht die geringe Auslastung der Brucker Einrichtung. Die Lage spitzte sich danach weiter zu. Zuletzt konnte das Semester nur per Ausnahmegenehmigung beginnen, weil die Mindestteilnehmerzahl von 16 nicht erreicht wurde.
2011 war die Landwirtschaftsschule, die seit den Fünfzigerjahren in einem Gebäude an der Bismarckstraße in Fürstenfeldbruck untergebracht war und mit Vollzeitunterricht im ersten und dritten Semester und einem Praktikum im zweiten Semester geführt wird, als erste Einrichtung in das damals neu angelegte Grüne Zentrum nach Puch umgezogen. Das Grüne Zentrum mit Landwirtschaftsschule, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Bauernverband, Maschinenring, Versuchsgut, Waldbauernvereinigung und Landschaftspflegeverband war ein Herzensprojekt der CSU im Land, vom Gröbenzeller Reinhold Bocklet, damals Landtagsabgeordneter, nach Kräften gefördert. Das erste seiner Art entstand in Puch und wurde als "bayernweit einzigartiges Gemeinschaftsprojekt", "als Modell für die Zukunft" und "Signal für Bildung und Zukunftschancen im ländlichen Raum" gefeiert.
Brucks Kreisräte hatten sich 2009 einstimmig dafür ausgesprochen, die neue Landwirtschaftsschule in einem schmucken Bau mit Holzfassade ebenfalls dort anzusiedeln. Angesichts der Teilnehmerzahlen im niedrigen zweistelligen Bereich - im Vergleich dazu werden an den übrigen weiterführenden Schulen, für die der Landkreis ebenfalls als Sachaufwandsträger zuständig ist, jeweils um die tausend Schüler unterrichtet - war es ein teures Projekt. Der Schulneubau kostete den Landkreis 4,5 Millionen Euro, 2,6 Millionen gab es aus dem Konjunkturpaket II.
Andreas Lohde, CSU-Kreisrat aus Puch, hofft nun, dass das letzte Wort doch noch nicht gesprochen ist. Man werde sich mit den Landtagsabgeordneten "ins Benehmen setzen", welche anderen Optionen es für die Pucher Einrichtung geben könnte, ökologischen Landbau etwa. Nur an zwei der verbleibenden 20 landwirtschaftlichen Fachschulen in Bayern soll künftig ökologischer Landbau gelehrt werden, in Weilheim und Landshut. "Dass hier nicht aufgestockt wird, ist ein eindeutiges Zeichen der CSU, dass sie den Ökolandbau nicht im notwendigen Maß fördern will", sagt dazu die Grünen-Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel.
Das sinkende Interesse an einer Ausbildung zum Landwirt (die Hauswirtschaftsschule bleibt erhalten) war auch Thema im Kreistag gewesen. Eine Attraktivitätsoffensive zu starten, regte im vorigen Herbst ÖDP-Kreisrat Max Keil an. "Leider wurden die vorgesehenen Akteure nie gemeinsam aktiv", klagt er nun, da die Schließung verordnet wurde. Dass dies geschehen sei, "ohne die Betroffenen in der Region zu hören, ist ein Armutszeugnis". Kreisrat Lohde brachte damals die Idee vor, an einer der Fachoberschulen im Landkreis die Ausbildungsrichtung Agrarwirtschaft zu installieren, um Synergien mit dem Grünen Zentrum zu nutzen. Die dort angesiedelten Einrichtungen könnten die entsprechenden Praktikumsangebote dafür bereit stellen, wiederholte Lohde jetzt im Gespräch mit der SZ. Die Vorschläge seien unabhängig von der Schließung der Landwirtschaftsschule weiter gültig.