Fürstenfeldbruck:Stadtwerke sehen erneuerbare Energien blockiert

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Beim Jahreskongress der Solarinitiativen muss sich der Vertreter der bayerischen Staatsregierung heftige Kritik anhören

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Alexa Zierl ahnte die heftige Kritik wohl: "Ich grätsche dazwischen, wenn es zu destruktiv wird", warnte die Vorsitzende des Energiewendevereins Ziel 21 die Versammlung, bevor die Podiumsdiskussion beim Jahreskongress der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen im Brucker Sparkassensaal begann. 120 Teilnehmer informierten sich an zwei Tagen, organisiert von Ziel 21 im Landratsamt, über den Stand der Energiewende. Den Unmut im Sparkassensaal bekam sehr schnell der Vertreter der Staatsregierung auf dem Podium ab. Robert Götz, Referatsleiter für erneuerbare Energien im Wirtschaftsministerium, machte sich auch unbeliebt, weil er gleich eingangs die Staatsregierung als "Vorreiter bei den erneuerbaren Energien" und Bayern als Nummer eins in Sachen Photovoltaik pries.

Das Publikum reagierte darauf mit höhnischem Gelächter, Widerspruch äußerte sich in Form heftiger Zwischenrufe. Zierl grätschte verbal dazwischen: "Wir müssen die Diskussion beenden, wenn wir auf Herrn Götz einschlagen. Ich bin froh, dass er hier ist." Ihr Ordnungsruf hatte nur wenig Erfolg. "Wir haben es trotz Staatsregierung geschafft", erwiderte ein Diskutant Götz spontan unter Beifall der Zuhörer. Viele der acht Teilnehmer auf dem Podium zeigten sich, ob Speichertechnologie, energetische Gebäudesanierung oder Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik, ebenfalls unzufrieden mit den momentanen rechtlichen Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien.

Andreas Wohlmann von den Stadtwerken Fürstenfeldbruck rechnete vor, dass der Bau einer Windkraftanlage mit drei Megawatt Leistung pro Jahr genug sei, das Ziel zu erreichen, bis 2030 im Landkreis hundert Prozent Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Zwei habe man geschafft. "Da hat uns die 10-H-Regelung einen Strich durch die Rechnung gemacht", sagte Wohlmann unter dem Beifall der Zuhörer. Er positionierte sich eindeutig: "Bevor wir viel Geld in Trassen stecken, sollten wir es in die dezentrale Infrastruktur in Bayern stecken." Bei der Nutzung der Fernwärme wäre der Leitungsausbau das kostspielige Hindernis. Wohlmann wünschte sich mehr Förderung durch den Gesetzgeber. Skeptisch zeigte er sich in Sachen E-Mobilität. "Da gibt es bisher noch nicht einmal eine Standardisierung der Ladestecker, das ist wie bei den Handys", kritisierte der Bereichsleiter Vertrieb bei den Stadtwerken.

Falk-Wilhelm Schulz, Geschäftsführer der Stadtwerke Olching, machte ebenfalls "unambitionierte Ziele" der politisch Verantwortlichen aus. Er verwies darauf, dass es keinen freien Wettbewerb gebe, würden doch die fossilen Energien, wie die Kohle, aber auch die Atomkraft immer noch massiv subventioniert. Hans-Josef Fell, früher Bundestagsabgeordneter der Grünen und heute bei der Energy Watch Group tätig, bestätigte die Auffassung von Schulz. So seien seit 2010 die Preise für erneuerbare Energien gepurzelt, aber der Ausbau sei rapide zurückgegangen. Als Gründe führte er die finanzielle Belastung der kleinen Photovoltaik-Investoren durch die Eigenverbrauchsregelung an und ebenfalls die 10-H-Regelung bei der Windkraft, die Windräder nur noch im Abstand von etwa zwei Kilometern zur nächsten Wohnsiedlung zulasse. "2015 gab es in ganz Bayern nur noch 25 Anträge, Windkraftanlagen zu bauen. Ein Jahr zuvor waren es noch 300 gewesen."

Kreisrat Max Keil (ÖDP) griff als Energiereferent im Kreistag die Kritik auf und forderte angesichts der stockenden Energiewende zu einer Wiederbelebung der Bürgerbewegung bei den erneuerbaren Energien auf. Keil ist sicher: "Seehofer reagiert auf alle Bewegungen, das sollten wir ausnutzen." Zierl ließ ihn gewähren und grätschte nicht wieder dazwischen. "Man muss die rechtlichen Bremsen lösen", bekundete auch sie als Fazit des Kongresses in Bruck.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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