Fürstenfeldbruck:Sparsame Sparkasse

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Das Fürstenfeldbrucker Geldinstitut und Vertreter des Kontrollgremiums weisen die erneut vorgebrachten Forderungen zurück, einen Teil des Gewinns an die verschuldete Kreisstadt zu überweisen. Mit Blick auf die zunehmenden Risiken in der Finanzbranche sollen weiterhin die Rücklagen aufgestockt werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Auf den ersten Blick klingt es schlüssig: Die Fürstenfeldbrucker Sparkasse könnte dem Beispiel der Institute in Ingolstadt, Nürnberg sowie Augsburg folgen und einen Teil der Gewinne an die Stadt ausschütten. Sparkassenkritiker Rainer Gottwald sieht nach Auswertung der Jahresbilanz für 2017 Spielraum für Überweisungen von jeweils etwa vier Millionen Euro an die beiden Träger, die Stadt und den Landkreis. Sein Vorwurf: Die Sparkassen horten viel mehr Geld, als sie zur Absicherung von Risiken bräuchten. Der Verwaltungsrat, der darüber zu entscheiden hat, bleibt freilich bei seiner Meinung, dass Überschüsse besser auf die hohe Kante gelegt werden, um für Krisenzeiten gerüstet zu sein. Damit liegt er voll auf Linie des Sparkassenvorstands, der mit Blick auf die Risiken in der Finanzbranche ebenfalls eine Gewinnausschüttung ablehnt.

Gottwald, ein 73-jährige promovierter Betriebswirt, der nach seiner Pensionierung als Inspektor eines Landratsamtes als selbständiger Berater arbeitet, ist für viele bayerische Sparkassen so etwas ist wie ein rotes Tuch. Er ist akribisch und weiß als gelernter Controller mit Zahlen und Bilanzen umzugehen. Udo Klotz, Chef der Supermarktkette AEZ und Mitglied des Sparkassen-Verwaltungsrats, bescheinigt dem Sprecher des Landsberger Bürgerforums, "ganz gewiss nicht dumm" zu sein. Er vertrete aber augenscheinlich eher als Politiker denn als unabhängiger Experte seine Meinung. Eines dürfte Gottwald bereits als Erfolg verbuchen: Die von ihm und vielen Kommunalpolitikern kritisierte Fusion der Sparkassen Fürstenfeldbruck, Landsberg und Dachau ist im Sommer endgültig geplatzt. Das gibt Gottwald Rückenwind, erneut sein zweites Leib- und Magenthema zu beackern: Die Gewinnausschüttung der Sparkassen an ihre Träger. Die Institute sollten dem Beispiel einiger Sparkassen folgen und so letztlich die Bürger in den Genuss eines Teils der Überschüsse kommen lassen. Damit ließen sich Schulen oder Sozialwohnungen finanzieren, argumentiert Gottwald. Für die Kreisstadt, deren Nettoneuverschuldung in den kommenden vier Jahren um einen zweistelligen Millionenbetrag steigen dürfte, klingt das zunächst nicht schlecht. In einem um die Jahreswende verschickten offenen Brief nebst "Faktencheck" plädiert Gottwald an Politiker und Verwaltungsräte, Zahlungen in einem maßvollen Umfang durchzusetzen und damit den aus seiner Sicht anhaltenden "Rechtsbruch" zu beenden. Kommunen sei es laut Paragraf 62 der Gemeindeordnung sogar gesetzlich untersagt, auf solche "besondere Entgelte" ohne Not zu verzichten.

Bestärkt fühlt sich der Sparkassenkritiker von einem Fall in Nordrhein-Westfalen. Das Finanzministerium hatte sich dort 2016 auf die Seite des Düsseldorfer Oberbürgermeisters und Verwaltungsratsvorsitzenden der Sparkasse geschlagen. Der hatte, gegen die Meinung der Mehrheit in dem Kontrollgremium, vom Vorstand der Sparkasse verlangt, einen Teil des 2014 erwirtschafteten Gewinns an die Stadt zu überweisen. Sparkassenrecht ist allerdings Landesrecht, weshalb diese Entscheidung nicht auf Bayern übertragbar ist. Das zuständige Innenministerium in München hat bislang nichts an der Praxis der meisten bayerischen Sparkassen auszusetzen, Überschüsse dem Fonds für allgemeine Bankrisiken zuzuführen.

Gottwald aber bleibt dabei: Die Sparkasse Fürstenfeldbruck verstoße durch ihre Weigerung, einen Teil der Überschüsse auszuschütten, gegen Vorgaben des Handelsgesetzbuchs sowie des bayerischen Sparkassengesetzes. Gottwald beruft sich auf einen Passus in der Sparkassenordnung. Überstiegen die Rücklagen 15 Prozent der Kapitalquote, dann könnten "bis zu 75 Prozent des Jahresüberschusses an die Träger ausgeschüttet werden". Für Fürstenfeldbruck, in punkto Kapitalquote im Ranking der 66 bayerischen Sparkassen auf Platz 32, bezifferte Gottwald den Prozentsatz Ende 2017 auf 16,72 Prozent. Nürnberg liege mit 14,58 Prozent darunter und habe dennoch an die Stadt ausgeschüttet - im Gegensatz beispielsweise zur Nummer Eins Moosburg, die trotz 27,76 Prozent ebenso wenig ausschüttet wie der Nachbar Dachau mit 17,71 Prozent.

Auf Basis des ausgewiesenen Nettogewinns kommt Gottwald zum Schluss, es könnten acht Millionen Euro ausgeschüttet werden, ohne dass dadurch die Gefahr bestehe, "die Sparkasse zu plündern". In den zurückliegenden vier Jahren hätten die Träger der Sparkasse Fürstenfeldbruck auf mehr als 30 Millionen Euro verzichtet, so der Sprecher des Bürgerforums Landsberg. Der Verwaltungsrat, der laut Sparkassengesetz über die Verwendung des Jahresüberschusses entscheidet, handle "pflichtwidrig", indem er dem Vorstand das durchgehen lasse.

Sowohl Sparkassenvorstand als auch Mitglieder des Verwaltungsrats widersprechen Gottwald nachdrücklich. Über die Gewinnverwendung sei korrekt und transparent abgestimmt worden, sagt Udo Klotz. Und auch Brucks Oberbürgermeister Erich Raff (CSU), der ein großes Interesse haben muss, den klammen städtischen Haushalt zu sanieren, kann kein Fehlverhalten erkennen. Nicht ohne Grund seien es lediglich drei von 66 bayerischen Sparkassen, die an ihre Trägerkommunen Geld ausschütten, sagt Raff, der sich mit Landrat Thomas Karmasin (CSU) als Vorsitzender des Kontrollgremiums abwechselt. Diesem gehören neben Klotz, Raff und Karmasin die Stadträte Ulrich Schmetz (SPD) und Markus Droth, Allings Bürgermeister Frederik Röder (beide CSU) sowie die Bankkauffrau Margit Quell und Bäckereichef Franz Xaver Rackl an.

Peter Harwalik, der zum Jahreswechsel die Leitung der Sparkasse nach dem altersbedingten Ausscheiden des langjährigen Chefs Klaus Knörr übernommen hat, reagiert auf die Vorwürfe Gottwalds gelassen. Zurzeit sei eine Gewinnausschüttung für die Sparkasse kein Thema. Als Grund verweist der promovierte Banker auf die zurückliegende Finanzmarktkrise. Die habe gezeigt, dass es überaus wichtig sei, sich am Geld- und Kapitalmarkt refinanzieren zu können. "Die Möglichkeit ob und zu welchem Preis wir uns refinanzieren können, wird maßgeblich durch unsere Bonität beziehungsweise unser Rating bestimmt." Dabei sei die Eigenkapitalquote "eine maßgebliche Größe". Harwalik beruft sich auf die Bankenaufsicht sowie den Bayerischen Sparkassenverband, die den Sparkassen nachdrücklich empfohlen hätten, die Eigenkapitalausstattung für die Zukunft zu stärken. In der Digitalisierung sowie im Brexit und einem möglichen Konjunktureinbruch sieht Harwalik weitere Unwägbarkeiten. Nach der Novellierung der bankaufsichtlichen Vorgaben (Basel IV) sei künftig mit weiter steigendem Kapitalbedarf zu rechnen.

2001 wurde in Bayern die sogenannte Gewährträgerhaftung abgeschafft. Träger einer Sparkasse, im Fall Fürstenfeldbruck hälftig Kreisstadt und Landkreis, müssen seitdem Geldinstituten, die in Schwierigkeiten geraten sind, weder Geld nachschießen noch für deren Schulden haften. Im Gegensatz zu börsennotierten Geschäftsbanken können sich Sparkassen auch anderweitig kaum frisches Kapital beschaffen. Der Sparkassenvorstand lehnt es ab, sich auf eine Schwelle beim Kernkapital festzulegen, ab der ausgeschüttet wird. Im Auge haben müsse man vielmehr "die gesamten wirtschaftlichen Rahmenbedingen".

Damit liegt Fürstenfeldbruck auf der Linie der Nachbarn. Als Reaktion auf Gottwalds Vorstoß hatte der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU), der dem Verwaltungsrat angehört, gesagt, angesichts der aktuellen Lage brauche man unterhalb einer Eigenkapitalquote von 20 Prozent gar nicht erst über Gewinnausschüttungen reden.

Eine Frage lässt der Sparkassenvorstand in Fürstenfeldbruck unbeantwortet: Warum die Sparkasse zum Stichtag 31.Dezember 2017 ein Guthaben von 221 Millionen Euro bei der Deutschen Bundesbank hatte und damit ein Vielfaches der üblichen Summe, bleibt offen. Offenbar deshalb, weil der Vorstand vermutet, dass hier wieder der Sparkassenkritiker aus Landsberg zu zündeln versucht: "Aussagen des Herrn Doktor Gottwald kommentieren wir grundsätzlich nicht", erklärt Sparkassensprecher Dirk Hoogen.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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