Fürstenfeldbruck:Sitzung mit Stammwürze

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O'zapft is': Oberbürgermeister Erich Raff schlägt zwei Mal zu - dann kann das Bier strömen. Über den anfangs noch recht hohen Schaumanteil amüsieren sich (hinten von links) Volksfestreferent Markus Droth, Richard Sturm sowie Helmut Guggeis von der Brauerei und Festwirt Jochen Mörz. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Da setzen sich alle Stadtratsfraktionen endlich mal an einen Tisch. Und dann wird bei der Bierprobe doch wieder verschieden abgestimmt. Der eine oder andere Revoluzzer wünscht sich gar ein eigenes Volksfestbier

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Nicht selten erweisen sich die Trennlinien zwischen den Brucker Stadtratsfraktionen als stacheldrahtbewehrte Grenzzäune. Mindestens an einem Abend im Jahr springen aber alle bereitwillig über diese Hürde und man trifft sich als eine bunt gemischte und homogene Konsensfraktion. Dann sitzt Beate Hollenbach (CSU) zwischen Dieter Kreis (ÖDP) und Christian Götz (BBV), dann sitzt Jan Halbauer (Grüne) zwischen Florian Weber (Die Partei und Frei) und Ulrich Schmetz (SPD). Dann sitzt Herwig Bahner (FDP) zwischen Walter Schwarz (SPD) und Peter Langenegger. Weil Peter Langenegger gar nicht dem Stadtrat angehört, keimen spätestens hier berechtigte Zweifel, dass es sich da um eine Sitzung des Stadtrats handeln könnte. Langenegger ist Bauhofchef. Er hat sich am Mittwochabend im Brauhaus mit den Leuten der Brauerei Kaltenberg zu so etwas wie einer überparteilichen Feier-Fraktion zusammengeschlossen.

Würde zu fortgeschrittener Stunde im Brauhaus abgestimmt, gäbe es mit hochprozentiger Wahrscheinlichkeit einen einstimmigen Beschluss: dass das Bier, das auf dem Brucker Volksfest ausgeschenkt wird, "recht süffig" ist (sagt Georg Jakobs, der sonst eher als Milchexperte gilt). Oder eher "lecker leicht" (sagt Beate Hollenbach). Oder schlicht "für ein Helles durchaus trinkbar (sagt der ausgewiesene Experte und Gastronom Florian Weber). Auweia, da zeichnen sich ja schon wieder erste Bruchlinien ab, diesmal freilich quer über alle politischen Demarkationslinien. Irgendwann, zu fortgeschrittener Stunde, hängt über den CSU-BBV-SPD-Grünen-Freie-Wähler-FDP-Die-Partei- und-Frei-ÖDP-Tischen dann wie ein diffuser Nebelschleier sogar der Wunsch nach einem richtigen Festbier, wie es dies bis vor vier Jahren gegeben hat. Der Gröbenzeller Braumeister Quirin Sax, 48, wirbt gleichwohl für das Gebräu mit 11,6 Prozent Stammwürze und 5,1 Prozent Alkoholgehalt, von dem auf dem Volksfest wohl wieder an die 250 Hektoliter ausgeschenkt werden. Das nicht allzu starke Bier rege "zum "Weitertrinken an" und man halte locker "bis drei Uhr in der Früh" durch, pflichtet der technische Leiter Helmut Guggeis bei.

Aber beginnen wir deutlich früher am Abend: Als sich der Stadtrat in beinahe beschlussfähiger Anzahl zur Bierprobe eingefunden hat, sagt Raff: "Zu solchen Terminen kommen wir gern zusammen". Er ist sich der Tragweite des Satzes gar nicht bewusst. Aber nachdem sich zwei Starkbierfeste erschöpfend mit dieser Thematik befasst haben, verkneifen sich alle artig die Frage, wie es sich denn an den anderen Terminen verhalten mag. Unbeirrt segelt Raff über die nächste Untiefe: Traditionsgemäß seien zur Bierprobe "immer die selben da". BBV-Stadtrat Karl Danke interveniert mit gespielter Entrüstung: "Warum schaugstn da jetzt mi so o?" Da aber bereitet sich Raff mental längst auf die beiden trockenen Schläge vor, mit denen er dem Bier den Weg aus dem 30-Liter-Fass ebnen wird. Natürlich lobt Volksfestreferent Markus Droth, den alle um seine Lederhose nebst Samtweste und die weißen Wadlwärmer beneiden, noch die Handwerkskunst der örtlichen Brauer und den nüchtern-effizient wirkenden Volksfest-Arbeitskreis. Er freue sich jetzt auf eine gepflegte Mass, lässt Droth durchblicken, "trotz aller Diskussionen". Das Kriegsbeil bleibt an diesem Abend also begraben - irgendwo unter dem opulenten Festessen: Schweinebraten sowie Schweinshaxe mit krachenden Krusten, flankiert von Knödeln und Gemüse. Manchem ist das etwas zu fleischlastig, aber die Qualität stimmt. Deshalb beißt sich sogar Andreas Rothenberger tapfer durch. Vor seiner Namensänderung hatte er sich - noch als Andreas Ströhle - den Ruf eines halbwegs aufrechten Vegetariers erworben. Aber als der 40-Jährige den Nebenjob als Burgergriller im Klubhouse antrat, da konnte er die Linie nicht mehr konsequent durchziehen.

So maßvoll der Abend auch abläuft - bis drei in der Früh stemmt keiner die Masskrüge. Vielleicht gibt's einen weiteren Anlauf in drei Wochen auf dem Volksfest.

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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